Hannover 96: Kaderumbau um jeden Preis? Zugänge lassen auf sich warten - Belgier locken Maina
Von Marcel Stummeyer
Die Mannschaft von Hannover 96 unterzieht sich momentan einer radikalen Neuausrichtung. Ablösefreie Abgänge, Verkauf von Leistungsträgern und Vertragsauflösungen mit langjährigen Teammitgliedern - 96 investierte in diesem Sommer 1,5 Millionen Euro in Abfindungen und bis zum Ende der Transferphase Anfang Oktober wird sich in der Landeshauptstadt Niedersachsens wahrscheinlich noch einigen tun. Linton Maina könnte Hannover doch noch verlassen und zeitnah könnte ein weiterer Innenverteidiger zum Team stoßen.
Die Streichliste von Hannover 96 war lang. Nun, elf Tage vor dem ersten Pflichtspiel im DFB-Pokal scheinen zumindest alle "Altlasten" den Verein verlassen zu haben - mit fadem Beigeschmack.
Investiert haben die Roten bisher nur in Abfindungen, um ungewollte Akteure loszuwerden - die Neuzugänge wurden allesamt ohne Zahlung einer Ablöse verpflichtet.
Die Ausdünnung des Kaders wurde erfolgreich bewältigt - nun sollen noch weitere Verstärkungen kommen, die die Mannschaft qualitativ aufwerten, um aktiv in den Aufstiegskampf eingreifen zu können. Trotz klammer Kassen sei Hannover nicht abgeneigt, Geld auf dem Transfermarkt auszugeben - möglicherweise generiert durch den Verkauf des größten Talents.
Teure Abgänge mit fadem Beigeschmack
Das Abstellgleis von Hannover 96 wurde öffentlich und über einen langen Zeitraum weitreichend bestellt. Langjährige und verdiente Profis der Roten wurde der Abschied auf zweifelhafte Art und Weise regelmäßig nahegelegt. Der Umgang mit einigen Spielern, die teilweise sogar noch die Europa-Zeiten des heutigen Zweitligisten miterlebten, sorgte für Unverständnis. Besonders Klub-Boss Martin Kind bewies in einigen Fällen wenig Fingerspitzengefühl und das nicht zum ersten Mal.
Besonders Ron-Robert Zieler musste sich öffentlich mit scharfer Kritik seines nun Ex-Chefs herumschlagen. Nicht nur ein Mal wurde dem Weltmeister von 2014 die Bundesligatauglichkeit abgesprochen. Über mehrere Wochen wurde der Wechsel Zielers zum 1. FC Köln provoziert, der letztendlich finalisiert wurde - vorerst für ein Jahr per Leihe in die Domstadt. Es war eine unschöne Schlammschlacht - besonders angefeuert aus der Chefetage der Hannoveraner.
Aber auch der finanzielle Rahmen am Maschsee wurde durch die geringe Wertschätzung der Angestellten enorm strapaziert. Wie der Sportbuzzer nun offen legte, bezahlte Hannover 96 rund 1,5 Millionen Euro an Abfindungen. Marvin Bakalorz, der nun in der Türkei einen neuen Arbeitgeber gefunden hat, kassierte 450.000 Euro, damit er den Verein vorzeitig verlässt. Edgar Prib, der jüngst zu Fortuna Düsseldorf wechselte und der Brasilianer Felipe, der acht Jahre für 96 aktiv war, bekamen für die verfrühten Vertragsauflösungen jeweils 200.000 Euro.
Mindestens 3 Neue sollen kommen - macht ein Innenverteidiger den Anfang?
Neben zahlreichen Abgängen muss sich Hannover 96 nun mit der Verstärkung des Kaders beschäftigen. Nach Informationen der Neuen Presse hat sich die Vereinsführung auf mindestens drei Neue verständigt, die den Kader vor allem qualitativ verbessern sollen. Zu den heißesten Kandidaten auf einen Wechsel an die Leine gehört neben Tolgay Arslan und Patrick Twumasi, für den definitiv eine Geldzahlung nötig ist, ein brasilianischer Verteidiger.
Berichten des Portals liga-zwei.de zu Folge ist Hannover 96 an einem Innenverteidiger aus der österreichischen Bundesliga interessiert. Der Brasilianer Luan ist für den SKN St. Pölten aktiv und kann auch als Rechtsverteidiger auflaufen. Der 24-jährige steht in Österreich noch bis 2022 unter Vetrtrag - eine Ablöse wäre also nötig. Bei einer Verpflichtung wäre Luan der nominell fünfte Innenverteidiger im Kader der Niedersachsen. Der 1,86 Meter große Defensivmann stammt aus der Red-Bull-Schmiede. Über Red Bull Brasil kam der Südamerikaner zum FC Liefering nach Europa.
Dass Hannover 96 den Transfermarkt weiter sondieren möchte, ist klar. Um im oberen Drittel der 2. Bundesliga mitmischen zu können, sind Verstärkungen dringend nötig. Trainer Kocak mahnte gegenüber dem Sportbuzzer jedoch vor falscher Bewertung der Situation und erwähnte dabei die besonderen Gegebenheiten auf dem Markt in diesem Jahr. Man wolle nur Transfers tätigen, von denen man absolut überzeugt sei und keine Hektik-Käufe tätigen.
"Jetzt auf Teufel komm raus, nur um zu sagen, der Kader ist komplett, das wollen wir nicht."
- Kenan Kocak, Sportbuzzer
FC Brügge will Maina - zum Corona-Schnäppchenpreis?
Frisches Geld könnte aus Belgien kommen, birgt aber großes Verlustpotential. Der FC Brügge hat auf der Suche nach Verstärkungen Linton Maina ins Visier genommen. Der amtierende belgische Meister möchte seinen Kader in der Breite verstärken, um auch die Belastung der Champions League auffangen zu können.
Schon vor einigen Wochen wurde über einen Abgang des aktuell wertvollsten Spielers der 2. Bundesliga diskutiert. Der VfL Wolfsburg bekundete Interesse an Maina, wollte die Ablöseforderungen der Hannoveraner aber partout nicht erfüllen. Zwar habe 96 den geforderten Preis von 10 Millionen Euro auf geschätzte 6-8 Millionen Euro reduziert, die Wölfe waren jedoch nur bereit, knapp unter 4 Millionen Euro plus Boni für den Flügelflitzer auf den Tisch zu legen, weshalb Klubboss Martin Kind die Verhandlungen mit dem VfL abbrach.
Wie geht es nun weiter? Ein Verkauf von Linton Maina könnte gutes Geld für Verstärkungen bringen, würde aber den herben Verlust eines vielversprechenden Talents bedeuten. Zudem könnte der FC Brügge von der aktuellen Corona-Situation profitieren, die die Preise für Spieler enorm abfallen ließ - nach Ende der Krise könnte mehr Geld für Hannover 96 herausspringen, aber kann und will man in Niedersachsen so lange warten? Die BILD berichtet, dass der FC Brügge momentan 6 Millionen Euro für den 21-jährigen bieten würde - mit der Aussicht auf Champions-League-Fußball für Maina.
Uneinigkeit in der Führungsetage
Neben dem FC Brügge soll auch der KAA Gent als Interessent für Maina gelten. In der belgischen Jupiler Pro League hat die neue Saison bereits begonnen. Sowohl Gent, als auch Brügge sind nach vier Spieltagen nicht gestartet, wie erhofft.
Bei Hannover 96 sei man sich uneinig, wie mit der Personalie Maina verfahren werden soll, so die BILD weiter. Trainer Kenan Kocak, Sportchef Gerhard Zuber und auch Martin Kind seien bislang zu keiner endgültigen Entscheidung gekommen. Momentan laboriert Maina an einer Prellung, die er sich in einem Testspiel zuzog. Gegen Ende der abgelaufenen Saison untermauerte der Rechtsaußen seine enorme Qualität mit sieben Torbeteiligungen in den letzten sieben Partien der Spielzeit - falls der 21-jährige bei einem Verbleib am Maschsee weiter derart performt, könnte der Preis deutlich steigen. Vertraglich ist Maina noch bis 2022 an Hannover gebunden.
Massig Zeit zum Überlegen bleibt 96 nicht mehr. Zwar mahnte Trainer Kocak zu Geduld, was Transfers betreffe, da man nicht überstürzt agieren wolle, der Saisonstart rückt jedoch immer näher und damit auch die Dinglichkeit, einen schlagkräftigen Kader zusammengestellt zu haben. Es warten turbulente Wochen auf die Vereinsführung von 96.