Große Reden trotz Abstiegskampf - die Hertha lernt es einfach nicht
Von Stefan Janssen
Hertha BSC will hoch hinaus, das wissen wir schon lange. Carsten Schmidt hat das in einem Interview nochmal bekräftigt. Wieso man in Berlin jetzt schon wieder von großen Taten spricht, statt einfach mal demütig und vernünftig zu arbeiten, ist ein Rätsel.
JETZT KAUFEN: Über 60% Rabatt im Hertha-Shop!
Ein genervtes Augenverdrehen. Ein spöttisches Schnauben. Eine flache Hand, die an die Stirn klatscht. Irgendwie so werden weite Teile Fußballdeutschlands reagiert haben, als sie am Dienstag die Aussagen von Carsten Schmidt, Geschäftsführer von Hertha BSC, vernommen haben.
"Wir wollen die größte Aufholjagd, die der deutsche und vielleicht der internationale Fußball je erlebt hat, einleiten und zum Erfolg führen", verkündete Schmidt dem Magazin Horizont. "Unsere Ambition ist, dass dieser Klub die Stadt deutschlandweit, aber in Zukunft auch international repräsentiert. Bestenfalls als Regel, nicht als Ausnahme." Nur kurz zur Einordnung: Hertha BSC, das ist der Klub, der aktuell Rang 15 in der Bundesliga belegt und abstiegsgefährdet ist.
Dass das in Berlin niemanden mehr daran hindert, groß zu denken, seit Lars Windhorst als Investor eingestiegen ist, ist bekannt. Die Posse Klinsmann und die Geburt des "Big City Clubs" sollen an dieser Stelle nicht wieder aufgewärmt werden. Vielmehr soll die Frage gestellt werden: Hat man in der Hauptstadt denn immer noch nicht verstanden?
Seit das Geld da ist, redet man bei der Hertha davon, was man nicht alles mit diesem Klub erreichen will. Nehmen wir mal Windhorst aus dem vergangenen Juli, der der Bild sagte: "Wenn alle Beteiligten mitspielen und nicht zu große Fehler gemacht werden, dann gibt es theoretisch keinen Grund, warum Hertha nicht auch einmal Deutscher Meister werden sollte und in der Champions League oben mitspielt."
Offenbar wurden einige Fehler gemacht, denn die aktuelle Situation ist mal eine ganz andere. Und doch lässt sich Schmidt, der ja erst seit Dezember im Amt ist, schon wieder zu solchen Aussagen verleiten, ohne, dass auch nur irgendetwas geleistet worden ist.
"Wir wollen uns ins erste Drittel der Tabelle hocharbeiten. Für manche klingt das nicht demütig genug. Aber schauen Sie nach Mönchengladbach, nach Frankfurt, nach Wolfsburg. Klubs, die auch schwierige Zeiten mit Abstiegskampf durchlebt haben und denen es mit sehr guter Arbeit gelungen ist, sich in der oberen Tabellenregion zu etablieren."
"Mit sehr guter Arbeit" ist hier entscheidend. Die ist bei der Hertha in den vergangenen Jahren eben nicht geleistet worden, da half auch das viele Geld nichts. Natürlich will Schmidt es jetzt besser machen und wenn er tatsächlich Fredi Bobic als Manager bekommt, spricht es dafür, dass bald sinnvoll und mit Bedacht investiert wird. Aber das ist eben auch wieder Zukunft.
Stand jetzt muss die Hertha mit ihrem teuren Rumpelfußball erst einmal die Klasse halten, bevor man von Europa sprechen darf. Es ist einfach nicht mehr zu fassen, wie die Verantwortlichen immer wieder große Reden schwingen, ohne sie mit irgendetwas untermauern zu können. Vielleicht klappt es ja dieses Mal, wenn die Haftung zur Realität nicht ganz verloren geht. Sonst startet die Aufholjagd in Liga zwei.