Gonzalo Castro muss den VfB verlassen: Darum ist die Entscheidung ein schwerer Fehler
Von Dominik Hager
Der VfB Stuttgart gab in dieser Woche die Trennung von Gonzalo Castro bekannt und sorgte damit durchaus für eine Überraschung. Der Kapitän der Schwaben spielt trotz seines fortgeschrittenen Alters eine wichtige Rolle im Verein. Wirklich verständlich erscheint es nicht, warum der VfB den Vertrag mit dem Mittelfeldspieler nicht verlängert.
Eigentlich war davon auszugehen, dass Gonzalo Castro, der seit 2018 im Verein ist, zumindest noch ein Jahr bleiben wird. Der Aufsteiger entschied sich jedoch aufgrund der finanziellen Situation dafür, den 33-Jährigen ziehen zu lassen. Im Gegenzug gab Sportdirektor Sven Mislintat bekannt, in Zukunft noch mehr auf Talente bauen zu wollen. Trotz allem bedauert er den Verlust des Routiniers.
"Sowohl in sportlicher als auch in menschlicher Hinsicht war er in den vergangenen Jahren ein wichtiger Bestandteil unserer Mannschaft, als Kapitän hat er einen großen Anteil an unserem positiven Saisonverlauf und auch an den großen Entwicklungsschritten unserer jungen Spieler", dankt er Castro.
Castro enttäuscht über sein VfB-Ende: "Hätte die Jungs gerne weiterhin aufs Spielfeld geführt"
Warum ist es aber dieser nicht wert, das Portemonnaie zumindest ein Stück weit zu öffnen? Dies wird vermutlich das Geheimnis der Stuttgarter bleiben. Momentan verdient dieser mit drei Millionen im Jahr durchaus viel Geld, allerdings kann man davon ausgehen, dass er sich auch mit deutlich weniger zufriedengegeben hätte.
In den sozialen Netzwerken zeigte sich Castro nämlich schwer enttäuscht von der Entscheidung des Vereins. "Sehr gerne hätte ich den hoffnungsvollen Weg auch zukünftig mitgestaltet und die Jungs weiterhin aufs Spielfeld geführt. Der Verein hat sich für einen anderen Weg entschieden, den ich respektiere", schrieb er. In diesem Fall hätten die beiden Parteien also vermutlich durchaus zusammenkommen können. Vor allem ein leistungsbezogener Vertrag wäre absolut passend gewesen.
VfB Stuttgart setzt voll auf die Jugend: Kann das gut gehen?
Der VfB scheint aber ganz darauf bedacht zu sein, seine finanziellen Ressourcen in Talente zu stecken. Alleine in dieser Woche kamen mit Ömar Beyaz (17) und Alou Kuol (19) zwei Youngster. Dieser Weg ist durchaus nachvollziehbar, zumal man mir Sven Mislintat einen der besten Talente-Scouts Europas zur Verfügung hat. Allerdings ist die Bundesliga eben auch keine Jugendliga, sondern das knallharte Profigeschäft. Mit einem Altersschnitt von 24,3 Jahren ist der VfB bereits jetzt das jüngste Team der Liga.
Jugend alleine führt allerdings in den seltensten Fällen zum Erfolg. Die Talente brauchen schließlich auch eine Hand, die sie führt und die ihnen Erfahrungen auf den Weg gibt. Castro, der jahrelang für Leverkusen und Dortmund im internationalen Geschäft tätig war, ist hierfür genau der richtige Mann. Sogar die Verantwortlichen geben ja zu, dass Castro seine Rolle als Kapitän und erfahrene Stütze sehr gut ausgeübt hat. Warum all das nun nicht mehr geschätzt wird, wirft Fragen auf. Ein Fußballverein braucht eine gesunde Mischung aus jungen und erfahrenen Kickern. Mit dem Castro-Abgang fällt dieses Gleichgewicht.
Didavi nach Castro-Abgang vor Verlängerung
Nach dem Abgang von Castro steht nun vermutlich die Verlängerung von Daniel Didavi bevor. Dass man jedoch den 31-Jährigen vorzieht, dürfte damit zu tun haben, dass dieser aus der eigenen Jugend stammt. Einen solchen Spieler jagt man natürlich nur ungern vom Hof. Trotz seiner geringen Einsatzzeit war der offensive Mittelfeldspieler mit acht Scorerpunkten auch durchaus ein Gewinn.
Nichtsdestotrotz wäre Castro für die Mannschaft vermutlich wichtiger gewesen. Mit seiner Ruhe am Ball, seiner Technik und seiner Spielintelligenz ist der 33-Jährige nämlich vielmehr als Taktgeber zu gebrauchen als Didavi. Der Ex-Dortmunder weiß, wann man ein Spiel beruhigen muss und wann der Tritt aufs Gaspedal benötigt wird. Obwohl er selbstredend nicht mehr sonderlich athletisch ist, ruft er sowohl im defensiven als auch im offensiven Mittelfeld noch immer gute Leistungen ab. Didavi kann dagegen nur auf offensiven Positionen spielen und ist auch kein Führungsspieler. Vielmehr zeichnet er sich durch seine individuelle Klasse und Torgefahr aus. Dies sind zwar wichtige Komponenten, können jedoch von jüngeren Spielern auch ausgefüllt werden. Zumal Didavi deutlich verletzungsanfälliger ist als Castro.
Letztlich sei aber gesagt, dass der VfB sich wohl auch beide hätte leisten können, wenn man das gewollt hätte. Abgesehen von Jens Grahl sind die beiden ohnehin die einzigen Ü30-Spieler, was natürlich keinesfalls zu viel gewesen wäre. Vermutlich wird das Fehlen von Castro erst so richtig auffallen, wenn er nicht mehr da ist. Dann wird sich auch zeigen, wie stabil der VfB mit all seinen Talenten wirklich aufgestellt ist.