Gladbachs Patrick Herrmann: "Man darf die Schraube nicht überdrehen!"

Patrick Herrmann äußert sich zur hohen Belastung und zieht eine Zwischenbilanz
Patrick Herrmann äußert sich zur hohen Belastung und zieht eine Zwischenbilanz / DeFodi Images/Getty Images
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Patrick Herrmann gehört schon länger zum "Inventar" der Borussia und der Flügelstürmer gilt als eines der Gesichter des Gladbacher Aufschwungs in der letzten Dekade. Mittlerweile wirkt der 29-Jährige gereift und scheint sich mit seiner Joker-Rolle bei den Fohlen anzufreunden - auch wenn er selbstredend immer spielen will.

Im Interview mit ran.de plauderte "Flaco" über seine persönliche Bilanz und die bisherige Saison der Borussia. Zu den vielen Spielen in wenigen Wochen hat er eine klare Haltung.

Seit 2008 spielt Herrmann für Borussia Mönchengladbach und machte damit den kompletten Weg des Vereins vom Abstiegskandidaten zum zwischenzeitlichen Gruppen-Ersten der laufenden Champions League mit. Egal ob unter Favre, Schubert, Hecking oder Rose - Flaco kam immer auf seine Einsätze, auch wenn er sich in den letzten Jahren oft mit der Joker-Rolle zufrieden geben musste.

Herrmann ordnet seinen persönlichen Erfolg der Mannschaft unter

Doch Herrmann zeigt dafür Verständnis, schließlich sei die Konkurrenz im aktuellen Kader groß.

"Nach zwölf Jahren bei Borussia ist es für mich ja nichts Neues mehr, des Öfteren auch mal auf der Bank zu sitzen. Natürlich möchte ich nach wie vor so viel wie möglich spielen und viele Tore schießen. Aber ich bin mit den Jahren auch realistischer geworden. Ich sehe, dass wir einen herausragenden Kader haben, mit Spielern wie eben Florian Neuhaus, wie Jonas Hofmann oder Marcus Thuram - der zurecht erstmals in die französische Nationalmannschaft berufen worden ist -, die sich alle noch einmal weiter entwickelt haben", erklärte Herrmann, der dennoch den Kopf nicht in den Sand stecken will.

"Da ist es normal, dass man sich auch mal hinten anstellen muss. Ich habe das mittlerweile ganz gut im Griff. Wenn ich dann aber gebraucht werde, versuche ich alles zu geben. Dann will ich zeigen, dass ich auch noch da bin." In der laufenden Saison sammelte Herrmann in elf möglichen Spielen immerhin zehn Einsätze. Allerdings wurde er oft in der Schlussphase eingewechselt und stand nur dreimal in der Startelf der Borussia.

Besonders in der Champions League baute Trainer Marco Rose wenig auf die Gladbacher Nummer sieben. Gegen Real und Inter bekam er jeweils etwas mehr als eine Viertelstunde, gegen Donezk wurde er gar nicht eingesetzt.

Herrmann bekam in der Königsklasse nur wenige Minuten
Herrmann bekam in der Königsklasse nur wenige Minuten / DeFodi Images/Getty Images

Doch Herrmann will lieber anmerken, dass die Mannschaft bis hierhin eine überragende Vorstellung in der Königsklasse zeigte, auch wenn er dabei wenig auf dem Feld stand.

"Ich denke, dass wir gerade in der Champions League sehr gute Spiele gemacht haben. Dass wir nach der Hälfte der Gruppenphase Erster in unserer Gruppe sein würden, damit konnte man kaum rechnen, und im Idealfall hätten wir jetzt neun statt nur fünf Punkte. Aber wir müssen den Ball flach halten, schließlich sprechen wir von Mannschaften wie Real Madrid und Inter Mailand. Mit unserer Bilanz können wir also absolut zufrieden sein", ordnete der gebürtige Uchtelfangener seine persönliche Bilanz dem Erfolg des Teams unter.

Wehmut im Bezug auf die Nationalmannschaft - hohe Belastung nicht übertreiben

Mit Matthias Ginter, Florian Neuhaus und dem verletzten Jonas Hofmann haben die Gladbacher momentan drei aktuelle deutsche Nationalspieler in ihren Reihen. Auch Herrmann durfte 2015 zweimal für die DFB-Elf auflaufen, allerdings verletzte er sich kurz danach und wurde in der Folge nicht mehr eingeladen.

"Da muss man ehrlich sein: Ja, da empfinde ich schon so etwas wie Wehmut. Man denkt daran, was vielleicht passiert wäre, hätte es diese Verletzungen nicht gegeben. Und in manchen Momenten wünscht man sich, dass man noch einmal dabei sein könnte. Aber auch hier muss man ehrlich sein: Andere haben es jetzt einfach mehr verdient als ich", gab sich Herrmann einsichtig.

Dennoch gönnt er seinen Kollegen die Länderspiele natürlich, besonders von der Zukunft von Neuhaus im DFB-Dress ist Herrmann überzeugt.

"Ich habe mir das Spiel gegen Tschechien natürlich angeschaut, und viele Experten haben zurecht gesagt, dass Flo an diesem Abend der beste deutsche Spieler war. Bei uns hat er schon in der Rückrunde der vergangenen Saison und auch jetzt wieder überragende Spiele gemacht. Man darf ja nicht vergessen, dass er noch sehr jung ist und auch noch lernt. Manchmal geht er vielleicht noch ein bisschen zu sehr ins Risiko. Das ändert aber nichts daran, dass er schon jetzt ein herausragender Fußballer ist und seinen Weg ganz gewiss gehen wird", sprach er über den 23-jährigen Spielmacher.

Herrmann durfte 2015 für Deutschland gegen die USA auflaufen
Herrmann durfte 2015 für Deutschland gegen die USA auflaufen / Boris Streubel/Getty Images

Ein positiver Nebeneffekt seiner Nicht-Nominierung ist für Herrmann jedoch auch erkennbar. Denn die momentan hohe Belastung der Spieler mit eng aufeinanderfolgenden Partien für den Verein und die Nationalmannschaft betrifft ihn nur marginal:

"Ich persönlich kann mich bisher nicht beklagen, was aber natürlich daran liegt, dass ich keine Zusatz-Belastung durch Länderspiele habe und auch sonst noch nicht so sehr viele Einsatzminuten hatte. Aber das kann natürlich anders werden in den kommenden Wochen. Wir haben jetzt vier Heimspiele in elf Tagen, und in einem ähnlichen Rhythmus geht es bis kurz vor Heiligabend weiter. Dass da die Verletzungsgefahr steigt, ganz einfach weil kaum noch Zeit zur Erholung bleibt, ist nicht von der Hand zu weisen. Umso wichtiger ist es, dass es eine verantwortungsvolle Belastungssteuerung gibt." Hierbei diskutiert man im Besonderen über die unsäglich angesetzten Freundschaftsspiele der DFB-Elf.

Doch Herrmann versucht beide Seiten zu verstehen, warnt jedoch vor den verschärften Bedingungen. "Schwierig. Gerade diese Termine sind es ja, bei denen man auch einmal etwas ausprobieren kann. Und der Bundestrainer hat die Stammspieler, die fast alle im 3-Tage-Rhythmus gefordert sind, gegen Tschechien geschont. Ich denke, dass sich meine Teamkollegen Florian Neuhaus und Jonas Hofmann über jede Chance freuen, für die Nationalmannschaft spielen zu können. Nichtsdestotrotz darf man die Schraube nicht überdrehen", ordnete er die Thematik vielschichtig ein.

Zakaria fehlt immens - Defensive steht jedoch zu Unrecht in der Kritik

Dass die Borussia nach sieben Liga-Spielen bereits doppelt so viele Tore kassiert hat, wie zum gleichen Zeitpunkt der Vorsaison, will Herrmann nicht allein auf das Fehlen von Denis Zakaria reduzieren.

"Klar ist es ein Verlust, wenn ein Spieler wie Denis, der ein stabilisierender Faktor im Mittelfeld, in der Zentrale ist, ausfällt. Er ist noch sehr jung und hat dennoch auf der Sechserposition bei uns eine unglaubliche Entwicklung genommen. Mit seinen langen Beinen und den Riesenschritten scheint er die Gegner bisweilen fast mühelos abzulaufen und schaltet dann blitzschnell auf Angriff um. Ja, Denis fehlt uns. Ich finde aber trotzdem, dass wir im Mittelfeld viele gute Leute haben und ihn bislang oft gut ersetzen konnten", wollte Herrmann die Stärken der Vertreter hervorheben.

Denis Zakaria wird von Herrmann geschätzt
Denis Zakaria wird von Herrmann geschätzt / DeFodi Images/Getty Images

Zudem hat man in dieser Saison auch schon defensiv enorm starke Partien abgeliefert, wie Herrmann betonen möchte. Hätte man den eigenen Abschluss noch effektiver gestaltet, wären sogar mehr Punkte drin gewesen.

"Ein grundsätzliches Defensivproblem kann ich nicht erkennen. Beim 1:0 gegen RB Leipzig haben wir zum Beispiel defensiv sehr gut gestanden und gezeigt, dass wir auch eine knappe Führung über die Zeit bringen können. Was das Leverkusen-Spiel betrifft: Bei einem offensiven Schlagabtausch zweier so spielstarker Teams, in dem es 90 Minuten hin und her geht, kann es immer mal passieren, dass man einige Gegentreffer bekommt. Und es hätte ja mit ein bisschen mehr Glück auch anders ausgehen können. Dann hätten wir vielleicht sogar fünf Tore erzielt und wären als Sieger vom Platz gegangen", scheint Herrmann auf den Weg der Borussia zu vertrauen.