Gladbach verliert an Bedeutung bei den eigenen Fans
Von Stefan Janssen
Auch die Pleite gegen Leverkusen werden viele Fans von Borussia Mönchengladbach schulterzuckend zur Kenntnis genommen haben. Es gibt wohl nichts Alarmierenderes für einen großen Traditionsverein, als wenn er seinen Anhängern egal wird. Aktuell ist das bei den Fohlen der Fall, zumindest bis zum Saisonende.
Was das schlimmste an dieser Gladbacher Niederlage gegen Bayer Leverkusen ist? Dass sie sehr vielen Fans mittlerweile schlicht egal ist. Man erwartet dieser Tage einfach nichts anderes mehr als ein mäßiges Spiel, bei dem man dann am Ende verliert. Das Spektakel ist schon lange vorbei und jetzt steckt der Verein in einer Krise. Schwach gespielt hat die Mannschaft auch schon vor der Bekanntgabe von Marco Roses Abgang. Doch der hat dafür gesorgt, dass es einige Anhänger nur noch zur Kenntnis nehmen, was so passiert. Und seither verlieren die Gladbacher Spiel um Spiel.
"Borussia hat uns in den vergangenen Monaten auch das Leben erhellt. Obwohl man nicht ins Stadion durfte, hat man sich aufs Wochenende gefreut. Bei mir findet das gerade nicht mehr statt", sagte Thomas Ludwig, Vorsitzender des Fanprojekts Mönchengladbach, der Rheinischen Post. "Ich werde die Spiele mehr nach dem Motto konsumieren: Irgendwie wird es schon ausgehen. Dass ich 90 Minuten schaue, ohne dass ich gestört werden will, wird nicht mehr so sein." Damit sprach er vielen aus der Seele.
Das letzte Mal, dass die Stimmung rund um Borussia Mönchengladbach derartig trostlos war, dürfte ziemlich genau zehn Jahre her sein. Im März 2011 standen die Fohlen auf dem letzten Tabellenplatz und der kurze Aufschwung unter dem neuen Trainer Lucien Favre schien vorbei zu sein. Gerade war es gegen den 1. FC Kaiserslautern gegangen und mit einem Sieg wäre man zwei Zähler an den Relegationsrang herangerückt. Torwart Logan Bailly boxte sich den Ball aber selbst rein und Gladbach verlor 0:1. Es war Zeit, sich langsam mit dem Abstieg abzufinden.
Jetzt jammert man natürlich auf einem ganz anderen Niveau. Damals ging es um die Ligazugehörigkeit, jetzt geht es "nur" um das eventuelle Verpassen des internationalen Geschäfts. Sportlich betrachtet. Doch die Ereignisse der vergangenen Wochen haben vielen Fans, genau wie Ludwig, "den Stecker gezogen". Da wird dann am Samstagnachmittag eben Konferenz geschaut oder sogar im Garten gesessen und die Sonne genossen, statt sich die Auftritte der Borussia anzuschauen. Es ist, als seien die Pappkameraden aus dem Stadion in die heimischen Wohnzimmer gewechselt.
Dass der Klub keine Emotionen bei seiner Anhängerschaft mehr auslöst, ist der bedenklichste von allen für einen derartigen Traditionsverein wie Borussia Mönchengladbach. Offenbar hat man diesen Zustand an manchen Stellen aber noch nicht kapiert, denn noch immer fährt die Polizei bei Heimspielen das Aufgebot hoch, weil sie offenbar fürchtet, Horden von wütenden Fans würden die Geschäftsstelle stürmen wollen.
Aber das wird nicht passieren. Ultras (per Banner am Stadion) und Fanprojekt haben ihren Standpunkt auf ihre Art und Weise klar gemacht und sprechen damit für einen großen Teil der Leute, die ins Stadion gehen. Und sie alle haben schon deutlich schlimmere Zeiten erlebt, wie eben bis zum März 2011. Deshalb regiert momentan nicht die Wut, sondern eher die Bedeutungslosigkeit. Vor zehn Jahren gab es ein Happy End, welches den Verein bis heute geprägt und verändert hat. Mit einem derartigen Knall kann die aktuelle Saison schon gar nicht mehr enden. Hauptsache, sie endet. Schnell.