Leistungsprinzip statt Jugendwahn: Das Gladbacher Kader-Ranking nach dem Saisonstart
Von Simon Zimmermann
Sieben Spiele, zehn Punkte, drei Siege, drei Niederlagen und ein Remis. Die nüchterne Bilanz von Borussia Mönchengladbach unter Neu-Trainer Adi Hütter zum Saisonstart.
Doch war die Stimmunglage vor einigen Wochen noch wolkig-regnerisch, ist sie am Niederrhein mittlerweile wieder heiter, mit Aussicht auf Sonnenschein. Denn nach dem Befreiungsschlag gegen den BVB folgte mit dem Auswärtssieg in Wolfsburg der nächste Dreier gegen einen Champions-League-Teilnehmer.
Hütter vertraute dabei erneut auf das Mittelfeld-Duo Koné und Zakaria, auf Breel Embolo im Sturmzentrum und auf die Youngster Scally und Netz auf den Außen. Das 3-4-2-1-System, das Hütter schon bei der Eintracht erfolgreich spielen ließ, scheint aktuell auch für die Fohlen das Erfolgsrezept zu sein. Fast schon zwangsläufig haben sich aus diesen Konstellationen neue Hierarchien gebildet. Wir blicken auf die Situation im Kader während der Länderspielpause und knapp einem Fünftel der Saison:
1. Die Unantastbaren
Yann Sommer: Ist und bleibt die glasklare Nummer eins. An guten Tagen Weltklasse, dazu sehr stark mit dem Ball am Fuß. Aber auch immer wieder mit (Konzentrations-)Schwächen.
Matthias Ginter: Auf den Abwehrchef ist Verlass. Nach seinem positiven Corona-Test wieder der Stabilisator - gerade gegen Ex-Klub BVB ganz stark.
Nico Elvedi: Unverzichtbar bleibt auch Nico Elvedi, auch wenn er bei vielen immer etwas unter dem Radar fliegt. Egal ob Dreier- oder Viererkette, der Schweizer ist gesetzt.
Denis Zakaria: Unter Hütter schon bei den Young Boys aktiv. Endlich wieder in der Form vor seiner Knieverletzung. Und damit die klare Nummer eins im Mittelfeldzentrum der Fohlen.
Jonas Hofmann: Kann in der Rolle hinter der Spitze seine ganze Kreativität und Laufstärke ausspielen. Für Gladbach ein Unterschiedsspieler.
Lars Stindl: Ähnliches gilt auch für den Capitano. Stindl tut die Rolle hinter der Spitze gemeinsam mit Hofmann auf der Zehn sehr gut. Bleibt der Anführer der Truppe.
2. Die Aufsteiger
Joe Scally: DIE Überraschung des Saisonstarts. Egal ob links oder rechts hinten - Scally bleibt gesetzt und überzeugt mit konstant guten Leistungen. Bis Stevie Lainer wieder fit ist, wird der US-Youngster in der Startelf bleiben.
Luca Netz: Auf der linken Seite ersetzt mit Luca Netz ein weiterer Youngster einen erfahrenen Spieler. Für Bensebaini ist der Hertha-Neuzugang zum Zug gekommen. Und hat das Vertrauen durchaus gerechtfertigt. Spannend zu sehen was passiert, wenn der Algerier wieder fit ist. Hütter hat hier einige Möglichkeiten. Sollte Bensebaini den linken Innenverteidiger in der Dreierkette geben, könnte Netz dauerhaft im Team bleiben.
Manu Koné: Der Neuzugang war eigentlich als Zakaria-Ersatz eingeplant. Zusammen mit dem Schweizer gibt Koné den Fohlen deutlich mehr Dynamik und Unbekümmertheit im Zentrum. Aktuell führt an diesem Tandem kein Weg vorbei.
Breel Embolo: Für Hütter der Prototyp eines Stürmers in seinem 3-4-2-1-System. Embolo ist laufstark, sehr robust, kann Bälle gut festmachen und ist dazu noch verdammt schnell. Ist der Schweizer so in Form wie gegen den VfL Wolfsburg (und fit) wird er auf der Neun die Nummer eins bleiben.
"Sie spielen, weil sie es verdient haben und für Konkurrenzkampf sorgen. Ich habe keinen Jugendwahn, es geht immer um die Leistung."
- Hütter über die Youngster
3. Die Absteiger
Florian Neuhaus: Wo es Gewinner gibt, gibt es zwangsläufig auch Verlierer. Flo Neuhaus wirkte zu Saisonbeginn gehemmt und konnte seine gewohnte Leistung nicht abrufen. Aktuell ist er im Mittelfeldzentrum höchstens die Nummer vier. Hinter den gesetzten Zakaria/Koné ist Kramer der Joker Nummer eins. Schwere Zeiten für den Nationalspieler.
Christoph Kramer: Der Weltmeister wurde nun zweimal in Folge für Koné eingewechselt. Der Routinier ist aktuell die erste Alternative - mehr nicht. Keine einfache Lage für den langjährigen Stammspieler.
Alassane Plea: Meistens zum Stamm gehörte in Gladbach bislang auch Alassane Plea. Doch der Franzose war unter Hütter nur an Spieltag eins erfolgreich. Ansonsten blieb er meist blass. Mehr als die Joker-Rolle ist für Plea aktuell nicht drin.
4. Die Rollen-Spieler
Patrick Herrmann: Das Ur-Fohlen versucht immer wieder Dynamik von der Bank zu bringen. Als Joker wird er weiter wichtig für Hütter sein.
Jordan Beyer: Überzeugte in Wolfsburg in der Startelf. Kann sich dauerhaft als Nummer vier in der Dreierkette etablieren und so auf einige Einsätze hoffen.
Tony Jantschke: Der "Fußballgott" ist immer da, wenn er gebraucht wird. Über den Saisonverlauf sollte ihm Beyer als erster Ersatz für die Abwehr aber den Rang ablaufen.
Lászlo Bénes: Für Benes bleibt es schwer auf Einsatzminuten zu kommen. Gut für den Slowaken: Er kann im Zentrum alle Positionen bekleiden. Dazu schießt er gefährliche Standards. Mit diesen Qualitäten zumindest immer eine Joker-Option.
Hannes Wolf: Eine Liebesbeziehung ist es noch nicht zwischen Gladbach und Wolf. Auch dem Österreicher bleibt derzeit nur die Jokerrolle. Wirklich überzeugen konnte er zu Saisonbeginn weder in der Startelf noch als Einwechselspieler.
Keanan Bennetts: Der Leih-Rückkehrer spielte zum Start eine gute Rolle. Zuletzt blieb er aber viermal in Folge ohne Einsatz. Dürfte es zunehmend schwerer haben auf Minuten zu kommen.
Tobias Sippel: Ein mehr als solider Backup für Sommer und wichtiger Faktor innerhalb der Mannschaft. Ein Ersatzkeeper wie man ihn sich wünscht.
5. Noch ohne Bewertung
Ramy Bensebaini: Konnte bisher nur zwei Bundesliga-Spiele absolvieren. Im aktuellen System könnte der Algerier in der Dreierkette seine Stärken besonders gut ausspielen. Ist natürlich aber auch eine sehr gute Option für den Flügel.
Marcus Thuram: Nach der Länderspielpause will Thuram langsam aber sicher wieder angreifen. Dazu muss er sich aber ordentlich strecken. Die drei Offensiv-Positionen sind mit Embolo, Hofmann und Stindl richtig gut besetzt.
Stefan Lainer: Gladbachs Kampfmaschine fällt noch eine Weile aus. Wenn er zurückkommt, wird er die rechte Seite wieder hoch und runter marschieren. Egal in welchem System.