Fünf Fragen zum Bundesliga-Kracher zwischen Bayern München und Bayer Leverkusen
Von Dominik Hager
Bayer 04 Leverkusen gegen den FC Bayern München - das Top-Spiel des achten Spieltags der Bundesliga. Vor der mit Spannung erwarteten Partie am Sonntag-Nachmittag (ab 15:30 Uhr) gibt es einige brisante Punkte, die man diskutieren muss. Diese fünf Fragen gehören zweifelsfrei dazu.
1. Trotz drohender Haft: Spielt Lucas Hernández?
Lucas Hernández dominierte die Schlagzeilen im Vorfeld des Spitzenspiels. Dem Weltmeister aus dem Jahr 2018 drohen sechs Monate Haft, da er gegen ein gerichtlich verhängtes Kontaktverbot verstoßen hatte. Am Dienstag muss sich der Abwehrspieler in Madrid vor dem Landesgericht verantworten. Einige Medien rechnen damit, dass der Bayern-Star seine Haftstrafe bereits Ende Oktober antreten muss.
Stellt sich also die Frage, ob sich der Spieler überhaupt voll und ganz auf den Fußball konzentrieren kann. Mit dem Wissen, womöglich das nächste halbe Jahr im Gefängnis verbringen zu müssen, erscheint dies eigentlich gar nicht möglich.
Julian Nagelsmann stellte jedoch auf der PK klar, mit dem Innenverteidiger zu planen. "Ich habe ihn ganz normal erlebt, gar keine negative Auswirkungen aufgenommen. Wenn ich es nicht in der Zeitung gewesen, hätte ich ihn nicht gefragt, ob irgendetwas ist. Er hat heute sehr gut trainiert und ist in meinen Planungen für die kommenden beiden Spiele dabei", erklärte er.
Allerdings lässt sich die Aussage des Coaches sicher auch darauf zurückführen, dass er die Thematik nicht zusätzlich befeuern will. Letztlich kann Nagelsmann ja auch nicht sagen, dass Hernández merklich unkonzentriert ist und vor dem Gefängnis zittert.
Anzunehmen ist dennoch, dass Lucas Hernández spielt, zumal Niklas Süle wohl rechts hinten aushelfen muss. Allerdings kann keiner so genau sagen, ob die Angelegenheit wirklich so spurlos an Hernández vorbeigeht, wie es Nagelsmann der Öffentlichkeit vermitteln will.
2. Kommt Süle mit Diaby klar?
Moussa Diaby hat sich zweifellos zu einem der stärksten Außenbahnspieler der Liga entwickelt. Der Franzose ist pfeilschnell, technisch stark und hat in der laufenden Saison schon vier Tore erzielt. Zudem waren laut Ligainsider knapp 47 Prozent seiner Dribblings erfolgreich, was ligaintern Rang zwei gleichkommt.
Bereits in der vergangenen Saison hat Diaby den Bayern das Leben schwer gemacht und ließ dabei sogar Alphonso Davies häufiger schlecht aussehen. Seit dem Abgang von Bailey kommt Diaby meist über links, wodurch er mutmaßlich meist auf Niklas Süle treffen wird.
Ein Duell also, das ungleicher gar nicht sein könnte. Auf der einen Seite der kleine und wendige Flügelstürmer und auf der anderen Seite der große und schwere Abwehr-Hüne.
Allerdings gehört Niklas Süle in Sachen Sprinttempo trotz seiner Statur zu den schnellsten Verteidigern und kann auf Strecke zumindest einigermaßen mit dem Leverkusener mithalten. Fraglich ist jedoch, ob der Bayern-Verteidiger beweglich und wendig genug ist, um den Haken schlagenden Diaby stellen zu können.
3. Kann Leverkusen die Mini-Durststrecke von Lewandowski verlängern?
Robert Lewandowski hat gegen Fürth und Frankfurt nicht getroffen und offenbarte auch bei der Nationalmannschaft eine kleine Ladehemmung. Eine ungewohnte Situation für den 33-Jährigen, der sonst fast in jedem Spiel trifft.
Gegen Bayer 04 Leverkusen wird er alles daran setzen, seine kleine Durststrecke zu beenden. Bei den Gastgebern sind demnach drei Spieler besonders gefordert: Lukáš Hrádecký, Jonathan Tah und Odilon Kossounou.
Der finnische Keeper spielt bislang eine ganz gute Saison und parierte immerhin 76 Prozent der gegnerischen Torschüsse. Wenngleich sich der Routinier immer wieder Fehler leistet, kann er an einem guten Tag jeden Stürmer zur Verzweiflung bringen.
Tah und Kossounou agierten in der Mehrzahl der Spiele recht souverän, jedoch hat der erst 20-jährige Kossounou noch wenig Erfahrung gegen Top-Klubs. Gegen Erling Haaland sah das Talent aus der Elfenbeinküste im direkten Duell eher schlecht aus. Damit könnte der Youngster der wunde Punkt in der Bayer-Defensive sein, den Lewandowski wohl gezielt attackieren wird.
Lewandowski erneut von der Anzeigetafel fernzuhalten, wird sicherlich kein leichtes Unterfangen.
4. Wirtz oder Musiala: Welches Supertalent kann die Partie entscheiden?
Florian Wirtz und Jamal Musiala sind definitiv die beiden größten Talente, die der deutsche Fußball zu bieten hat. Die beiden 18-Jährigen verblüffen seit Monaten Fans und Experten.
In Hinblick auf den Sonntag liegt der Ball aber eher auf der Seite von Florian Wirtz. Der 18-Jährige ist der zentrale Punkt im Leverkusener Angriffsspiel und absolut in Topform. In sechs Liga-Spielen hat der hochveranlagte Techniker vier Treffer erzielt und fünf Tore vorbereitet. Demnach stellt sich die Frage auch gar nicht, ob Wirtz von Anfang an spielen wird oder nicht. Im Gegenteil: Das Top-Talent ist wohl der größte Hoffnungsträger von Trainer Seoane.
Jamal Musiala hatte dagegen zuletzt häufiger mit kleineren Blessuren zu tun und musste Serge Gnabry und Leroy Sané meist den Vortritt lassen. Nagelsmann begründete dies mit der starken Konkurrenz, den kleinen Verletzungen und der Tatsache, dass Musiala noch kein völlig austrainierter Athlet sei. Demnach werden wir den 18-Jährigen wohl nur als Joker sehen.
"Er kann von der Bank für frischen Wind sorgen. Im Eins-gegen-eins kann er das für uns sehr geschickt lösen. Wenn er mit der nötigen Frische reinkommt, hat das auch einen Impact für uns", erklärte er im Rahmen der PK.
Selbstredend hat auch Musiala die Fähigkeit, dass Spitzenspiel mit seiner individuellen Klasse zu entscheiden, jedoch wird Wirtz wohl die zentralere Rolle spielen.
5. Bayern ist bei den wichtigen Duellen da und Leverkusen versagt: Auch am Sonntag?
Das Image von Bayer 04 Leverkusen könnte sich kaum mehr von dem des FC Bayern unterscheiden. Den Bayern sagt man nach, dass sie in den heißen und wichtigen Duellen immer auf dem Punkt da sind. An Leverkusen haftet hingegen das Loser-Image, das besagt, dass der Klub immer dann verliert, wenn es wichtig wird.
Dies war schon zu Beginn der 2000er so, als Leverkusen Bayern erst den Titel durch eine Niederlage gegen Unterhaching schenkte und zwei Jahre später drei Vize-Titel holte. Doch auch in der jüngsten Vergangenheit gingen die brisanten Duelle ausschließlich zugunsten der Münchner aus.
Im Jahr 2018 schossen die Münchner die Werkself im Pokal-Halbfinale mit 6:2 vom Platz. Zwei Jahre danach gewannen die Bayern im Finale mit 4:2.
In der Vorsaison mussten die Münchner kurz vor Weihnachten zum damaligen Tabellenführer nach Leverkusen reisen und gewannen erneut mit 2:1. Leverkusen muss sich endlich von der Loser-Mentalität lösen und die Chance ergreifen, den FC Bayern von der Tabellenspitze zu stürzen.
Psychologisch hat die Werkself allerdings dadurch auch die schwierigere Aufgabe vor sich, da ganz Deutschland darauf schauen wird, ob Bayer 04 in einem wichtigen Match wieder "versagt". Die Bayern gehen dagegen wie gewohnt mit der absoluten Selbstüberzeugung in die Partie.