Frauen-WM 2023: 1:2 in letzter Minute! Die Einzelkritik zum DFB-Team gegen Kolumbien
- Kolumbien schockt DFB-Team
- Last-Minute-Tor bringt Kolumbien den Sieg
- Deutschland in der Einzelkritik
Von Helene Altgelt
Tor und Abwehr
Merle Frohms (Tor): 7/10
Frohms stand in einigen Situationen unter Druck, wenn sie den Ball am Fuß hatte. Ging damit aber lässig um und machte keinen Fehler, auch wenn ihre lange Bälle schonmal besser waren.. Die deutsche Nummer eins war wie gewohnt ein sicherer Rückhalt und zeigte weder bei Flanken noch bei Torschüssen Schwächen. Bei Caicedos Super-Tor zum 0:1 chancenlos. Ganz wichtig in der Nachspielzeit, als sie einen Schuss und die folgende Flanke sicher abfing.
Svenja Huth (Rechtsverteidigung): 6/10
Huth war auf ihrer rechten Seite fleißig und gewann viele Bälle zurück, war defensiv aber mehr beschäftigt als gegen Marokko. Dementsprechend wagte sie sich weniger oft aus der eigenen Hälfte heraus und stand nicht so viel höher als Hagel auf der anderen Seite. Defensiv machte sie es in der ersten Hälfte gut, hinderte etwa Caicedo an einem vielversprechenden Schuss. Danach aber wackliger, verlor erst den Ball in einer gefährlichen Situation und konnte Caicedo dann im Verbund mit Däbritz nicht am Tor hindern.
Kathrin Hendrich (Innenverteidigung): 5/10
Hendrich wirkte gegen eine zweikampfstarke kolumbianische Offensive nicht sehr sicher, wurde mehrmals ausgedribbelt. Die deutsche Abwehr offenbarte zu viele Lücken, gerade zwischen Hendrich und Huth. Im Laufe des Spiels wurde Hendrich in der Spieleröffnung etwas mutiger, ging gegen ein tiefer stehendes Kolumbien auch mal mit nach vorne.
Sara Doorsoun (Innenverteidigung): 8/10
Die Frankfurterin zeigte eine aufmerksame Leistung: Doorsoun war in den Zweikämpfen zur Stelle, konnte mehrmals bei den Angriffen der Gegnerinnen dazwischengehen. Ihre Schnelligkeit war gegen Ramirez ein weiteres Plus. Im Passspiel konnte Doorsoun ebenso wenig wie Hendrich große Akzente setzen. Trotzdem bis zur Halbzeit eine der besten Deutschen auf dem Platz, daher umso bitterer, dass sie zur Halbzeit ausgewechselt werden musste - noch mehr Personalsorgen sind nicht unbedingt das, was das DFB-Team jetzt gebrauchen kann.
Chantal Hagel (Linksverteidigung): 6/10
Hagel rückte für Feli Rauch in die Startelf, die sich am Kniegelenk verletzt hatte. Die Neu-Wolfsburgerin machte ihren Job dort solide, konnte nach vorne wenige Akzente setzen. Auf ihrer Seite brannte aber wenig an, und Hagel war es nicht anzumerken, dass sie sonst selten von Beginn an im DFB-Team rechts außen gespielt hat.
Mittelfeld
Lena Oberdorf (defensives Mittelfeld): 8/10
Oberdorf kehrte in die Startelf zurück, nachdem sie den WM-Auftakt angeschlagen verpasst hatte. Eine Szene in der 22. Minute zeigte exemplarisch, wie wichtig sie für das deutsche Team ist: Oberdorf eroberte den Ball in der gegnerischen Hälfte und steckte dann vorbildlich durch - die Entstehung der ersten Großchance für das DFB-Team.
Auch danach trieb sich Oberdorf öfters als sonst um den kolumbianischen Strafraum rum, spielte einige Steilpässe. Sie war die Deutsche, die die meisten Torchancen hatte, und das als defensive Mittelfeldspielerin. Holte dann auch noch den Elfmeter kurz vor Spielende heraus. Oberdorf brachte auch die Zweikampfhärte mit, für die sie bekannt ist, auch vor ihrer Gelben in mehreren Situationen aber auch an der Karten-Grenze. Trotzdem eine der Stärksten im DFB-Team.
Sara Däbritz (zentrales Mittelfeld): 5/10
Däbritz war, genau wie ihre Kolleginnen, gegen den Ball wachsam: War die Kugel weg, griff das Gegenpressing sehr gut. Andererseits tat sich Deutschland mit dem kolumbianischen Pressing schwer, das DFB-Team hatte wenig Zeit am Ball und schaffte es nicht immer, die Kugel schnell genug weiterzuverarbeiten. Das galt auch für Däbritz, die zwar sehr ballsicher war, aber den Ball oft zu lange behielt.
Däbritz nahm eine recht defensive Rolle ein und sicherte damit Magull und Oberdorf ab. Nach dem 0:1 kurzzeitig mit mehr Schwung nach vorne, aber das verpuffte schnell. Wie viele Mitspielerinnen mit zu vielen falschen Entscheidungen.
Lina Magull (offensives Mittelfeld): 5/10
Magull hatte in der 22. Minute die große Chance auf die Führung auf dem Fuß, aber sie schaffte es frei im Strafraum nicht, den Ball sauber anzunehmen. Im offensiven Mittelfeld wäre sie wichtig gewesen, um Brand und Co. in Szene zu setzen, aber Magull gelang es mit wenig Zeit und Platz selten, gute Chancen zu kreieren. Statt mit Steckpässen versuchte sich die Edeltechnikerin mit einigen Dribblings, die aber wenig einbrachten. In den Zweikämpfen ließ sie sich zu oft von Kolumbien den Schneid abkaufen. Nach 67 Minuten ausgewechselt.
Angriff
Jule Brand (rechter Flügel): 7/10
Brand wirbelte auch gegen Kolumbien auf beiden Flügeln, unterstützte oft Bühl auf links und wurde immer wieder in die Tiefe geschickt. In den meisten Fällen waren aber schnell eine oder zwei kolumbianische Verteidigerinnen bei ihr. Mit viel Einsatz, rannte und grätschte viel, um sich einzubringen. Ab und an hätten ihre Teamkolleginnen das Golden Girl aber auch auf dem rechten Flügel gebraucht, wo sehr wenig ging.
Trotzdem hatte Brand das, was ihren Teamkolleginnen zu oft abging: Die 20-Jährige versuchte es immer wieder. Flanke geblockt? Nächster Versuch. Teamkolleginnen nicht mitgelaufen? Nächster Versuch. Nicht alles klappte, oft war es eine Verteidigerin zu viel, aber Brand belebte die Offensive ungemein.
Alexandra Popp (Sturmzentrum): 6/10
Die Kapitänin ging nach einer Viertelstunde zu Boden, konnte aber weiterspielen. Kolumbien war bemüht, den "X-Faktor" aus dem Spiel zu nehmen und ging gegen die Wolfsburgerin zu Anfang hart in die Zweikämpfe, was Popp sichtlich nervte. Kurz vor der Halbzeitpause kam sie aus dem spitzen Winkel doch noch zu einer großen Chance, haute den Ball aber über den Kasten.
Auch bei einem direkten Freistoß aus aussichtsreicher Position das gleiche Bild, Popp kam nicht zu ihren gefürchteten Kopfbällen. Unverhofft kam sie dann doch noch zu ihrem Treffer, per Elfmeter - nicht unhaltbar, aber das wird ihr egal sein.
Klara Bühl (linker Flügel): 5/10
Bühl hatte im Spiel gegen Marokko, genau wie Jule Brand auf der anderen Seite, überzeugt. Gegen Kolumbien war sie defensiv mehr eingebunden, half der neuen Linksverteidigerin Chantal Hagel oft aus. Sie kam dabei aber auch zu einigen Flanken und Dribblings, wo sie aber oft allein auf weiter Flur war und die Genauigkeit fehlte. Wirkte im Laufe des Spiels etwas müde.
Einwechselspielerinnen
Sjoeke Nüsken (46. für Doorsoun): 6/10
Nüsken wurde nach der Halbzeit für ihre ehemalige Abwehrpartnerin bei Frankfurt, Sara Doorsoun, eingewechselt. Hatte zu Beginn etwas Probleme, sich einzufinden und konnte sich gegen Ramirez in einem wichtigen Zweikampf nicht durchsetzen. Danach kam Nüsken aber besser rein, hatte einige starke Tacklings, auch wenn sie gegen Ramirez in der Nachspielzeit wieder nicht gut aussah.
Lea Schüller (67. für Magull): keine Bewertung
Schüller rückte für Popp ins Sturmzentrum, die deutsche Kapitänin sollte damit statt Magull für mehr Präsenz im Mittelfeld sorgen. Schüller wurde aber eher außen in Szene gesetzt, hatte ein paar gute Aktionen.
Nicole Anyomi (76. für Bühl): keine Bewertung
Anyomi hatte in den 30 Minuten nicht viele Aktionen, tat sich weder negativ noch positiv besonders hervor.