Frauen-Bundesliga - Rennen um die Meisterschaft: Bayern und Wolfsburg im Vergleich
Von Helene Altgelt
Das Rennen um die Meisterschaft wird auch in der nächsten Saison der Frauen-Bundesliga spannend. Bayern eröffnet die Spielzeit auswärts gegen Freiburg und kann damit zum ersten Mal vorlegen, Wolfsburg ist gegen Leverkusen gefordert. Wer hat die besseren Karten auf die Meisterschaft? Beide Teams im Vergleich.
1. Letzte Saison
Für Wolfsburg war es eine Saison mit zwei sehr unterschiedlichen Hälften. Bis März ließ der VfL in keinem einzigen Bundesliga-Spiel Federn und gewann die meisten Partien ohne jegliche Mühe. Mit der schieren Offensiv-Power der Wölfinnen waren die Gegner überfordert, allen voran die überragende Ewa Pajor.
Erste Anzeichen der Schwäche gab es aber schon vor der Winterpause, und mit der Dreifachbelastung zeigten sie sich deutlicher. Gegen Hoffenheim und Bayern gab es verdiente Niederlagen, Wolfsburg wirkte etwas ideenlos und die Gegner stellten sich immer besser auf das Spiel des VfL ein.
In der Champions League und im Pokal lief es aber besser, sodass man insgesamt mit dem UWCL-Finale und dem traditionellen Titel in Köln recht zufrieden sein konnte. Trotzdem blieb die Frage, ob nach der herausragenden Hinrunde nicht mehr dringewesen wäre, und warum sich Wolfsburg kaum weiterentwickeln konnte.
Bayern spielte dagegen in der Debütsaison von Alexander Straus recht konstant. Nach einem Unentschieden zu Beginn fand sich der FCB schnell in der Jägerrolle wieder, aber sie blieben Wolfsburg stets im Nacken.
In der Champions League schied Bayern allerdings verdient gegen Arsenal aus, im Pokal setzte es eine heftige 0:5-Klatsche gegen Wolfsburg. In den direkten Duellen scheint der VfL weiter leicht die Nase vorne zu haben, aber Bayern war über die gesamte Saison konstanter.
Wertung: Unentschieden
2. Transferphase
Bayern hatte ein spektakuläres Transferfenster: Mit Pernille Harder und Magdalena Eriksson kamen zwei Top-Spielerinnen vom FC Chelsea. Damit gelang den Münchnern ein absoluter Coup, die Verpflichtungen zählen sicher zu den besten Transfers des Sommers.
Harder und Eriksson haben die 30 und vermutlich auch ihren Zenit schon überschritten, aber spielen weiterhin auf sehr hohem Niveau und werden dem talentierten Team auch mit ihrer Führungsstärke und ihrer Erfahrung weiterhelfen. Sie könnten die Puzzlestücke sein, die noch für den Schritt zur absoluten Weltspitze gefehlt haben.
Aber nicht nur Harder und Eriksson kamen - genauso wichtig waren die Verstärkungen in der Breite, denn in den letzten Saisons wurde der Kader gegen Ende hin etwas dünn. Mit Spielerinnen wie Jill Baijings und Katharina Naschenweng hat sich Bayern 1A-Alternativen geschnappt.
Die Herausforderung für Trainer Alexander Straus wird es nun sein, all diese Spielerinnen unterzubringen und die beste Elf zu finden. Straus wird einige schwierige Entscheidungen treffen müssen, und für Bayerns Erfolg ist es entscheidend, wie schnell sich die Neuen einleben.
Wolfsburg sorgte für weniger Sensationen. Der VfL durchlebte ein ruhiges Transferfenster, was den Verantwortlichen ganz recht war. Wolfsburg setzt auf Konstanz, die Bank sieht zwar nun deutlich anders aus, aber an der ersten Elf wird sich wenig tun.
Mit Jill Roord musste man nur eine Stammspielerin ziehen lassen, und dafür kassierte der VfL eine saftige Ablösesumme. Nach Wolfsburg kamen vor allem junge Talente wie Vivien Endemann, Riola Xhemaili oder Fenna Kalma - ob diese Saison noch zu früh für sie ist, bleibt offen.
Wertung: Punkt für Bayern
3. Routine
Wolfsburg wirkt aktuell noch etwas eingespielter, das Team ist in großen Teilen zusammengeblieben. Die Startelf scheint klarer als bei Bayern, wo die Verteidigung zunächst einmal umgebaut wird. Alexander Straus muss sich entscheiden, wer an der Seite der neuen Kapitänin Glodis Viggosdottir aufläuft.
Tommy Stroots Startelf ist leichter vorherzusehen. Dass der VfL auf eine feste, erfahrene Achse setzen kann, ist ein nicht zu unterschätzender Vorteil. Bald wird sich für den VfL das Problem stellen, wer die Nachfolge von Popp und Co. antritt - aktuell ist die Routine aber noch ein Vorteil für die Wölfinnen.
Auf dem Papier haben zwar beide mit 25,7 genau das gleiche Durchschnittsalter. Bei Bayern ist einiges an Erfahrung aber erst in diesem Sommerfenster dazugekommen, während sich Wolfsburg mit Spielerinnen wie Kalma oder Endemann eher verjüngt hat. Unter dem Strich haben beide eine gute Mischung - aber auf bewährte Kombinationen zurückgreifen zu können, war für Wolfsburg schon in der letzten Saison in schwierigen Spielen wichtig.
Wertung: Punkt für Wolfsburg
4. Spielerische Weiterentwicklung
Bei der Dreifachbelastung ist klar, dass es für Bayern und Wolfsburg auch Rückschläge geben wird. Bayerns Linksverteidigerin Carolin Simon und Wolfsburgs Stürmerin Rebecka Blomqvist werden mit Kreuzbandrissen lange fehlen, weitere Ausfälle im Laufe der Saison sind zu befürchten.
Da ist es umso wichtiger, wie die Trainer reagieren. Sowohl Wolfsburg als auch Bayern haben junge Trainer an der Seitenlinie stehen, die noch nicht lange beim Verein sind. Tommy Stroot geht in seine dritte Saison bei Wolfsburg, Alexander Straus in die zweite.
Stroot gelang es, Wolfsburg nach anfänglichen Schwierigkeiten wieder zu einem Top-Team zu formen. Besonders die offensive Schlagkraft seines Teams ist beeindruckend. In der letzten Saison fehlten gegen Ende aber etwas die Ideen, zudem wechselte Stroot oft erst spät. Es wird interessant zu sehen, was er und sein Team sich in der Sommerpause ausgedacht haben.
Alexander Straus verpasste Bayern prompt eine klare Handschrift: Bayern will das Spiel dominieren und dabei viel über das Zentrum und die Halbräume kommen. Das lief schonmal ganz gut - in der letzten Saison der Frauen-Bundesliga hatte Bayern 343 Sequenzen mit 10 Pässen oder mehr, über 100 mehr als Wolfsburg.
Die Wölfinnen kommen in den Top-Spielen eher über schnelle Gegenstöße und ihre Standardstärke, Bayern will das Spiel machen. Der Ansatz von Straus ist interessant, aber noch nicht zu hundert Prozent ausgereift - bei dem Pressing ist das Risiko einkalkuliert, auch mal auf die Nase zu fallen. Straus wird versuchen, solche Spiele zu minimieren.
Wertung: Punkt für Bayern
5. Standardstärke
Für Wolfsburg spricht die Standardstärke: Mit 26 Treffern nach Ecken und Freistößen schossen die Wölfinnen mit Abstand die meisten Tore nach Standards. Bayern konnte auch 19 verzeichnen, aber Wolfsburg war noch etwas gefährlicher.
Mit Spielerinnen wie Alexandra Popp, Dominique Janssen oder Ewa Pajor hat Wolfsburg viel Kopfballstärke im Kader stehen - Felicitas Rauch und Svenja Huth geben dazu gute Vorlagen. Bei Bayern wird es schmerzen, dass Carolin Simon für Ecken wegen ihres Kreuzbandrisses zunächst nicht mehr zur Verfügung steht.
Wertung: Punkt für Wolfsburg
Fazit: Unentschieden
Als amtierender Meister und mit hochkarätigen Neuverpflichtungen geht der FC Bayern leicht favorisiert in die Saison. Der VfL Wolfsburg kann aber weiterhin mit einem starken Angriff, perfektionierten Standards und viel Routine punkten. Daher ist auch in dieser Saison mit einem spannenden Duell um die Meisterschaft zu rechnen - die direkten Duelle und die Frage, wie sehr die beiden Trainer ihre Teams weiterentwickeln können, werden entscheidend sein.