Frauen-Bundesliga: Die Gewinner & Verlierer der ersten 10 Spiele der Saison
Von Helene Altgelt
10 Spiele sind in der Frauen-Bundesliga absolviert, damit geht es in die Winterpause. Wer waren die Überraschungsteams der ersten Hälfte der Saison, wer hat enttäuscht? Gewinner und Verlierer der ersten 10 Partien.
Gewinner: SGS Essen
Die SGS Essen ist eines der Überraschungsteams der Saison, konnte sowohl Frankfurt als auch Hoffenheim besiegen. Aber ist es noch eine Überraschung, wenn sie ihren Erfolg Jahr für Jahr wiederholen können? Die SGS, der einzige reine Frauenverein in der Liga, macht jede Saison das Beste aus ihren Ressourcen. Dabei hat sich auch diese Saison gezeigt: Die Säule des Essener Erfolgs ist die starke Talentförderung.
Spielerinnen wie Lena Oberdorf, Linda Dallmann, Nicole Anyomi oder Lea Schüller haben in Essen wichtige Schritte ihrer Karriere gemacht. In dieser Saison heißen die Essener Leistungsträgerinnen Natasha Kowalski, Lilli Purtscheller, Beke Sterner, Laureta Elmazi und Katharina Piljic. Sie alle sind 20 Jahre jung, haben aber viel Erfahrung. Piljic lief etwa schon 63 Mal für die SGS auf, Sterner sogar 75 Mal.
Der Erfolg von Essen basiert auf einem guten Auge für diese Talente und auf der individuellen Förderung. Was die SGS an finanziellen Ressourcen nicht hat, macht sie mit Detailverliebtheit, Konstanz und starker Taktik wieder wett. Essen überlässt nichts dem Zufall, sondern arbeitet mit einem Drei-Jahresplan, wie Trainer Markus Högner im 90min-Gespräch erklärte.
Högner macht schon seit Jahren sehr gute Arbeit und stellt sein Team immer wieder gut auf den Gegner ein. Essen boxt über seiner Gewichtsklasse und steht trotzdem auf Rang fünf der Tabelle, in Schlagdistanz zu den Champions-League-Plätzen. Im Ruhrgebiet gab es schon leise Träume vom internationalen Wettbewerb. "Wir können natürlich, wenn wir so weiterspielen, auf jeden Fall Dritter werden", sagte etwa 90min-Spielerin des Monats November Natasha Kowalski im Interview.
Das ist eher unwahrscheinlich - denn trotz der guten Leistungen gegen die direkte Konkurrenz aus Hoffenheim und Frankfurt ließ Essen gegen Teams wie Bremen, Leipzig und Freiburg dafür zu viele Punkte liegen. Manchmal fehlt doch noch die Abgezocktheit, aber auch ein Platz im oberen Mittelfeld ist für die SGS ein Erfolg und eine Bestätigung der guten Arbeit.
Verlierer: Leipzig
Von Leipzig hatte man sich vor dieser Saison viel erwartet. In vier bis acht Jahren wolle man um die internationalen Plätze mitspielen, sagte die Leiterin Frauenfußball, Viola Odebrecht. Sie betonte allerdings auch: Zuerst würde es für Leipzig um den Klassenerhalt gehen, nicht mehr und nicht weniger.
Diese Einschätzung erweist sich nach zehn Spielen als richtig. Mit sechs Punkten steht Rasenballsport auf Platz zehn der Tabelle, eine gefährliche Region. Fehltritte verboten, denn Duisburg und Nürnberg lauern mit nur wenig Abstand. Die erste Saison ist immer schwierig, dennoch überrascht es, dass Leipzig so tief im Abstiegskampf ist - und vor allem, dass sie spielerisch auch verdient dort stehen.
Letzte Saison hatte Leipzig im DFB-Pokal noch Frankfurt und Essen geschlagen, nur denkbar knapp verpasste man den Einzug ins Finale gegen Freiburg. In dieser Saison gelang bisher nur ein Sieg, wieder gegen Essen, die ein diametral entgegengesetztes Modell verfolgen. Das Spiel ging an Leipzig, die restliche Hinrunde aber nicht.
Leipzig spielt wie jeder andere Aufsteiger, lässt ein wirkliches Konzept vermissen. Vorne sind die "Bullen" zu harmlos, hinten nicht immer sattelfest. Das individuelle Können blitzt immer wieder auf, wird aber nicht ideal zusammengeführt. Gut möglich, dass Odebrecht und Co. auf dem Transfermarkt zuschlagen, um den Klassenerhalt zu sichern. Aktuell wirkt der alles andere als selbstverständlich.
Gewinner: Werder Bremen
Der Klassenerhalt war das erklärte Ziel bei Werder Bremen. Kein überaus pessimistischer Gedanke, denn in der letzten Saison begleitete das Gespenst der Abstiegsangst die Bremerinnen durchaus. Damals wurde die Hinrunde ziemlich verpatzt, den ersten Sieg der Saison konnte Werder erst im Februar einfahren.
Dann konnte Bremen doch noch recht überzeugend den Klassenerhalt einfahren, und die Formsteigerung geht weiter. Viermal ging die Elf von Thomas Horsch schon als Sieger vom Platz, das reicht für einen Platz im bequemen Mittelfeld. Abstiegsängste muss Werder mit 13 Punkten erstmal nicht haben, noch zwei Siege sollten bereits für den Klassenerhalt reichen.
Die Steigerung im Vergleich zur Vorsaison ist kein Zufall: Vielmehr zahlen sich die Investitionen des Sommers aus. Auf dem Transfermarkt agierte Werder ambitioniert und geschickt, die Neuen sind maßgeblich am Erfolg beteiligt. Mit Livia Peng und Catalina Perez kam ein starkes Tor-Duo, das sich um den Stammplatz im Kasten streitet. Und Stürmerin Sophie Weidauer hat voll eingeschlagen, mit sechs Toren führt sie die Torjägerinnenliste an.
Gegen die Aufsteiger war Werder extrem souverän, erzielte je fünf Treffer gegen Leipzig und Nürnberg. Aber auch die Leistungen gegen die großen Teams der Frauen-Bundesliga können sich sehen lassen. Mit 0:1 zog Bremen gegen Frankfurt und Wolfsburg den Kürzeren, dabei hätten sie ein Unentschieden gegen den VfL durchaus verdient gehabt. Priorität hat weiterhin die stabile Defensive, Thomas Horsch organisiert sein Team gut. Dazu gute Neuzugänge, eine bessere Infrastruktur und Spiele im großen Stadion - läuft beim SVW.
Verlierer: SC Freiburg
Werder und Freiburg trennt in der Tabelle nur ein Punkt. Aber die Gefühlslagen und der Stil der beiden Teams könnten nicht weiter auseinanderliegen. Werder: Starke Defensive, sicherer Rückhalt im Tor, souverän gegen die kleinen Teams. Freiburg: Wackler hinten, dafür vorne immer wieder Geistesblitze, zu viele Fehler im Tor, gegen die Außenseiter schwach und gegen die Favoriten stark.
Einen Platz im Mittelfeld, bei dem wohl in beide Richtungen wenig geht, haben beide. Beim SC hat man aber eigentlich größere Ambitionen. "Im Moment sind wir ein gutes Stück davon entfernt. Aber mittelfristig ist das auf jeden Fall möglich. Die Qualität dafür haben wir im Kader", sagte Stürmerin Lisa Kolb etwa. Auch Freiburgs Abteilungsleiterin Birgit Bauer-Schick meinte im 90min-Interview, idealerweise wolle man wieder oben anklopfen.
Zumindest in der aktuellen Saison wird daraus wohl nichts. Stattdessen meinte Kapitänin Hasret Kayikci nach dem Spiel gegen Wolfsburg sogar, man stecke im Abstiegskampf. Das ist für den SC wohl ein unrealistisches Szenario, aber dass man weder gegen Nürnberg noch gegen Duisburg gewinnen konnte, gibt trotzdem Anlass zur Sorge.
Der SC konnte stattdessen da punkten, wo es die wenigsten erwartet hätten: Gegen Bayern und Hoffenheim. Streckenweise spielte Freiburg sehr gut, dann wieder unterirdisch. Das sagt auch Kolb: "Aktuell sind wir eher eine Wundertüte. Teilweise ist es wirklich gut. Aber dann kommen auch wieder Phasen, in denen es mir vorkommt, als hätte uns jemand den Stecker gezogen."
Vor allem die Defensive stimmt nicht, Freiburg hat die drittmeisten Gegentore der Liga kassiert. Keine der drei eingesetzten Torhüterinnen konnte so richtig überzeugen. Nach vorne war es ein wenig nach dem Motto "Hit or miss", oder bei schwachen Torschüssen eher "Hit and miss". Der Lichtblick für die SC-Fans: In der Winterpause hat sich Freiburg in der Offensive stark verstärkt, unter anderem mit Eileen Campbell und Leela Egli.