Frauen-Bundesliga: Die 5 besten defensiven Mittelfeldspielerinnen der Hinrunde 2023/24

Die besten Sechserinnen der bisherigen Saison
Die besten Sechserinnen der bisherigen Saison /
facebooktwitterreddit

Bis Ende Januar ist die Frauen-Bundesliga noch in der Winterpause. Danach geht es in die Rückrunde und damit in die entscheidende Phase der Saison. Auf welche Akteurinnen gilt es zu achten? Dafür hat 90min für jede Position die Spielerinnen ausgewählt, die in den bisherigen zehn Spielen überzeugen konnten. Heute: die fünf besten defensiven Mittelfeldspielerinnen - auf der Sechs gab es besonders viele starke Leistungen.

5. Sarah Zadrazil (Bayern)

Sarah Zadrazil
Sarah Zadrazil (rechts) im Zweikampf gegen zwei Römerinnen / Alexander Hassenstein/GettyImages

Wenn Georgia Stanway ein Magnet ist, dann ist Sarah Zadrazil ein Staubsauger: Ihr Job ist es, im defensiven Mittelfeld so viel Raum wie möglich abzudecken. "Ich glaube, ich bin auch ein Arbeitstier im Mittelfeld. Ich versuche, vor der Abwehr abzuräumen und in der Spielgestaltung sind im zentralen Mittelfeld dann andere gefragt. Ich schaue, dass ich denen den Rücken freihalte", sagte sie letztes Jahr im Gespräch mit web.de.

Das gelang ihr auch in der Hinrunde wieder. Zadrazil spielte durch die Bank solide, leistete sich keine Aussetzer. Defensiv ist die Österreicherin schwer zu überwinden, hatte in den direkten Duellen, Luft-Zweikämpfen und Grätschen je eine Erfolgsquote von über 70%.

Auch in der Spieleröffnung ist Zadrazil mit ihren präzisen langen Bällen ein Trumpf - allerdings könnte die 30-Jährige teils noch etwas mehr ins Risiko gehen, um das Offensivspiel anzukurbeln. In jedem Fall bildet sie zusammen mit Georgia Stanway ein kongeniales Duo, das für die Münchner Defensivstärke mindestens genauso sehr verantwortlich ist wie die Verteidigung.

4. Lena Oberdorf (Wolfsburg)

Lena Oberdorf
VfL-Mittelfeldspielerin Lena Oberdorf / Boris Streubel/GettyImages

Lena Oberdorf gehört Jahr für Jahr zu den besten defensiven Mittelfeldspielerinnen der Frauen-Bundesliga. Dabei spielt die 22-Jährige heute anders als in ihren ersten Jahren bei der SGS Essen: weniger ungestüm, etwas weniger physisch, dafür mit mehr Voraussicht. Das Grätschen kann sie natürlich immer noch - aber wer grätscht, der ist eigentlich schon zu spät gekommen. Wenn möglich, verlegt sich Oberdorf lieber darauf, den Ball schon vorher abzufangen.

Oberdorf hat ein Jahr mit vielen Höhen und Tiefen hinter sich. Mit 21 zählte sie bereits zu den Besten der Welt auf ihrer Position. Damit kam auch der Druck: "Ich hatte auf einmal das Gefühl, dass ich beweisen muss, dass ich zu den Besten der Welt gehöre. Dass ich beweisen muss, dass ich drittbeste Spielerin Europas war. Dadurch habe ich fast den Spaß am Fußball verloren, weil es für mich plötzlich eine Pflichtaufgabe war, die ich erfüllen musste", sagte Oberdorf dieses Jahr.

Beim Nationalteam erreichte Oberdorf nicht mehr ihr Leistungsniveau von der EM, im Klub schien ihre Entwicklung etwas zu stagnieren. Auf einem sehr hohen Niveau, wohlgemerkt. Oberdorf hat ihren Spielstil etwas verändert, aber beim Passen ist immer noch viel Luft nach oben. Defensiv zeigte sie auch in der Hinrunde viele starke Leistungen, aber die Impulse nach vorne fehlen teils.

3. Jana Feldkamp (Hoffenheim)

Jana Feldkamp, Lynn Wilms
Jana Feldkamp (vorne) im Zweikampf mit Lynn Wilms / Cathrin Mueller/GettyImages

Ob im zentralen oder defensiven Mittelfeld oder in der Innenverteidigung, Jana Feldkamp fühlt sich eigentlich überall in der Mitte wohl. Die Hoffenheimerin wird aufgrund ihrer eher unspektakulären Spielweise gerne unterschätzt, sie hat nicht die Dynamik einer Stanway oder die Monstergrätschen einer Oberdorf. Aber Feldkamp ist der Fixpunkt des TSG-Spiels.

Die 25-Jährige verteilt die Bälle mit einer absoluten Ruhe und Verlässlichkeit. Auch unter Druck kommen ihre Pässe an, und Feldkamp spielt viele intelligente Pässe. 28 Chancen hat sie in der Hinrunde für die TSG kreiert, so viele wie keine andere zentrale Mittelfeldspielerin.

Was Feldkamp an Zweikampfhärte teils fehlt, macht sie mit ihrer Technik und Verlässlichkeit wieder wett - auch wenn gerade in den schwachen Hoffenheimer Spielen, wie gegen Essen oder Frankfurt, auch mehr von ihr hätte kommen können.

2. Elisa Senß (Leverkusen)

Elisa Senss, Sanne Troelsgaard, Isabella Bryld Obaze
Elisa Senn (Mitte) kann es im Dribbling auch mit dreien aufnehmen / Inaki Esnaola/GettyImages

Elisa Senß gehörte schon in der letzten Saison zu den besten defensiven Mittelfeldspielerinnen. Die Leverkusenerin ist das Paradebeispiel einer technisch versierten Sechserin, die ohne Probleme das Spiel lenken kann. Senß ist das Gehirn hinter dem Leverkusener Spiel, gibt den Takt vor. Diese Saison gelang der 26-Jährigen der endgültige Durchbruch.

Die Rufe nach einer Berufung ins Nationalteam wurden immer lauter, und auch DFB-Interimscoach Horst Hrubesch erkannte ihre Stärken. Ihre Nominierung bereute er nach einem starken Debüt gegen Dänemark nicht: "Sensationell" fand er die Leistung der Sechserin - ein Verb, das sich bei ihrem Nachnamen wohl anbietet. "Sie hat auch diesen Charakter, diesen Willen. Und sie hat die Qualität",sagte er.

Bei der WM im Sommer war die DFB-Elf immer wieder an ihre Grenzen gestoßen, konnte Situationen unter Druck nicht lösen. Dafür ist Senß Spezialistin: Die Bayer-Spielerin kloppt den Ball fast nie einfach raus, sucht immer die elegante Lösung. Ihr ist es immer zuzutrauen, den entscheidenden Pass in die Spitze zu spielen, oder sich dank ihres niedrigen Körperschwerpunktes mit einem Dribbling zu befreien.

In der Hinrunde gelang ihr sogar jedes einzelne Dribbling, dazu kamen mehr als 80% ihrer Pässe an. Im Vergleich zur Vorsaison hat Senß aber vor allem defensiv zugelegt, gewann in den bisherigen zehn Spielen 67.2% ihrer Zweikämpfe. Ihr Spiel ist erfrischend anders und sie traut sich auch mal, aus dem System auszubrechen und selbst etwas zu versuchen - damit hat Senß viele Qualitäten, die dem DFB und auch der Liga manchmal fehlen.

1. Georgia Stanway (Bayern)

Georgia Stanway
Bereits nach anderthalb Jahren Führungsspielerin: Georgia Stanway / Sebastian Widmann/GettyImages

"Sie ist fast eine Maschine", sagte Bayern-Coach Alexander Straus nach dem hochverdienten 2:1 seiner Elf im Topspiel gegen Wolfsburg über Georgia Stanway. Über 90 Minuten hatte Stanway da präzise die Bälle verteilt, Zweikämpfe gewonnen, Meter und noch mehr Meter gemacht.

Stanway ist ein Baustein, der dieser hochtalentierten Bayern-Elf noch gefehlt hatte. An feinen Füßen, wie denen von Lina Magull, Klara Bühl oder Linda Dallmann, gab es keinen Mangel. Aber die Physis von Stanway, ihre Entschlossenheit in den entscheidenden Momenten, ihre Abgezocktheit vom Elfmeterpunkt - das hatte dem FCB noch gefehlt, als er die englische Nationalspielerin im Sommer 2022 an die Isar lotste.

Der Transfer sorgte für Schlagzeilen: Der erste internationale, große Name bei den ehrgeizigen Bayern. Stanway zahlte die Vorschusslorbeeren mit starken Leistungen zurück, sowohl in der Debütsaison als auch in der Hinrunde 2023/24. Ihre starke Passquote von 84.9% erinnert tatsächlich an ein Metronom, auch bei langen Bällen ist sie so präzise wie kaum eine andere.

Vielleicht hinkt Straus' Vergleich mit einer Maschine aber trotzdem. Denn Präzision und Regelmäßigkeit sind zwar die Grundlage für Stanways Spiel, aber noch mehr machen ihre intuitiven Bewegungen und die Unberechenbarkeit die Stärken der Engländerin aus. Stanway hat so viele Ballkontakte wie niemand anders auf ihrer Position, und sie stibitzt den Gegnern die Kugel wie ein Weltmeister (101 Balleroberungen sind einsame Spitze).

Stanway geht dahin, wo es niemand erwartet, ob offensiv oder defensiv. Vielleicht ist sie mehr Magnet als Maschine: Sie zieht den Ball fast magisch an und behält ihn am Fuß kleben, erobert ihn Mal für Mal zurück. Ein Makel in einer ansonsten sehr starken Hinrunde: Ihre Unsportlichkeit gegen Nürnberg, als sie den Elfmeterpunkt umgraben wollte. Das war nun wirklich nicht die feine englische Art.


Honourable Mentions

SGS Essen Women's Team Presentation
Essen-Youngsterin Katharina Piljic / Vera Loitzsch/GettyImages

Auf der Sechs glänzten besonders viele Spielerinnen mit Top-Leistungen - nicht einfach, dort nur fünf Spielerinnen herauszuheben. Der Name Katharina Piljic darf auf der Liste aber definitiv nicht fehlen: Schon in der letzten Hinrunde war die 20-Jährige in unserem Ranking vertreten, inzwischen hat sie sich im typischen SGS-Talentetempo nochmal deutlich verbessert. Piljic ist eine sehr intelligente Defensivspielerin, die Gefahren schnell antizipieren und klären kann.

Tanja Pawollek ist keine, die oft mit eigenen Toren oder überragenden Dribblings auffällt. Aber die Eintracht-Kapitänin hält Laura Freigang, Barbara Dunst und Co. souverän den Rücken frei und erledigt ihre Defensivaufgaben verlässlich und unauffällig.

Eine weitere Sechs vom Typ "Zweikampfstarke Anführerin" ist Bremens Lina Hausicke, die in der Luft extrem stark ist und schon vier Treffer beisteuerte. Auch Janina Minge ist eine solche Alleskönnerin auf ihrer Position: Die Freiburgerin war letztes Jahr die Offensiv-Sensation der Bundesliga, in der Hinrunde war sie weniger zielsicher, verteilte aber weiterhin gut die Bälle.