Abstiegskampf in der Frauen-Bundesliga: Für fünf Teams könnte es knapp werden
Von Helene Altgelt
Spannend wie nie: So wurde der Kampf um die Champions-League-Plätze in der Frauen-Bundesliga letzte Saison gerne beschrieben. Aber auch der Abstiegskampf hatte es in sich, vier Teams steckten bis zum Ende unten fest, Jena und Sand mussten letztendlich den Gang in die zweite Liga antreten. Die anderen beiden Teams, Werder Bremen und die SGS Essen, sind auch diese Saison wieder unter den Abstiegskandidaten, ebenso wie die zwei Aufsteiger. Auch Turbine Potsdam könnte unten reinrutschen.
Aufsteiger traditionell die ersten Abstiegskandidaten
Fahrstuhlmannschaften sind in der Frauen-Bundesliga ein häufiges Phänomen: Jena, Meppen und Co. sind zu gut für die zweite Liga, aber für den Klassenerhalt reicht es dann meist doch nicht. Dass es auch anders geht, bewies etwa der 1. FC Köln, der sich letzte Saison im Mittelfeld etablieren konnte und jetzt in der Sommerpause ein paar starke Transfers getätigt hat.
Abstiegsgefahr vorerst gebannt - Meppen und Duisburg, die diesjährigen Aufsteiger, würden zum achten Tabellenplatz am Ende der Saison wohl auch nicht nein sagen, sind aber erstmal die ersten Abstiegskandidaten. Aber auch Essen und Bremen könnte es erwischen und wer weiß, vielleicht wird ja diese Saison auch noch ein anderes Team überraschend in den Abstiegskampf mit hereingezogen.
MSV Duisburg
Die Zebras verpassten den Meistertitel in der 2. Bundesliga nur knapp und landeten am Ende nur einen Punkt hinter dem SV Meppen. Das war auch einem starken Endspurt geschuldet: Die letzten sieben Spiele der Saison konnten sie gewinnen und so letzten Endes recht souverän aufsteigen. Davor mussten sie aber ein bisschen zittern, eine Schwächephase im März führte zu vier Spielen ohne Sieg und gab dem Hauptkonkurrenten um den Aufstieg, RB Leipzig, Hoffnung.
Jetzt ist Duisburg in der Bundesliga - aber ohne einen beträchtlichen Teil der Spielerinnen, die für den Aufstieg gesorgt haben. Ganze zehn Abgänge hat der Verein zu verzeichnen, darunter Leistungsträgerinnen wie Offensivspielerin Selina Vobian (neun Tore letzte Saison) und die torgefährliche Abwehrchefin Claire O'Riordan. Duisburg hat sich als Reaktion vor allem mit jungen Spielerinnen verstärkt, fünf der acht Neuzugänge sind unter 20. Dazu kommen zwei Spielerinnen mit viel Bundesliga-Erfahrung: Dörthe Hoppius vom Absteiger SC Sand und Sarah Freutel, die eigentlich schon ihre Karriere beendet hatte und nun ihr Comeback gibt.
SV Meppen
Meppen war letzte Saison von Anfang an auf Aufstiegskurs und konnte diesen souverän halten. Jetzt sind die Emsländerinnen nach einem Jahr direkt wieder in der Bundesliga dabei. 2020 waren sie nur aufgestiegen, weil die zweiten Mannschaften von Wolfsburg und Hoffenheim zwar vor ihnen landeten, aber nicht aufsteigen durften. Dieses Mal durften sie auch die Schale in die Luft stemmen und wollen sich jetzt in der Bundesliga festsetzen.
2021 war Meppen auf dem elften Platz gelandet, der Abstieg war unter dem Strich verdient, aber sie waren nicht abgeschlagen. Auch dieses Jahr könnten sie ein paar Bundesliga-Teams Probleme bereiten, haben einige spannende Talente, wie die vom FC Bayern ausgeliehene Julia Pollak, in ihren Reihen. Eine von Meppens wichtigsten Spielerinnen, Isabella Jaron, die zwölf Tore zum Aufstieg beigesteuert hatte, zog sich aber in der Vorbereitung einen Kreuzbandriss zu - ein herber Schlag. Besonders hart trifft das Meppen, weil auch ihre Sturmpartnerin, Alexandra Emmerling (13 Tore, sechs Vorlagen) diese Saison nicht für den Verein auflaufen wird - sie ist zu Leverkusen gewechselt.
SV Werder Bremen
Die Offensive gewinnt Spiele, die Defensive sichert den Klassenerhalt: Das war das Motto der Minimalistinnen aus Bremen letzte Saison. Sie schafften es, trotz nur neun erzielter Tore in 22 Spielen in der Bundesliga zu bleiben, was zum großen Teil einem zähen Abwehrverhalten geschuldet war. Trotzdem: Ein bisschen mehr Offensivpower könnte diese Saison nicht schaden.
Spielerisch ist bei Bremen noch einiges an Luft nach oben. Aufgrund ihrer defensiven Ausrichtung kommt das Team von Trainer Thomas Wehrle meist eher über die Konter. Gegen schwächere Teams wird es aber zum Problem, dass sie nicht sehr geübt darin sind, das Spiel zu machen. An diesem Manko muss Bremen diese Saison arbeiten, denn immer nur mit 1:0 zu gewinnen ist eine riskante Strategie. Defensiv haben sie gegenüber einigen Konkurrentinnen aber die Nase vorne und können dabei auch, wie sie letzte Saison bewiesen, große Teams wie Wolfsburg oder Frankfurt zur Verzweiflung treiben. Kann Bremen diese Saison torgefährlicher werden, ohne dass darunter die Defensive leidet?
SGS Essen
Für die SGS Essen liefen viele jetzige Nationalspielerinnen, wie Marina Hegering, Lea Schüller, Lena Oberdorf oder Linda Dallmann auf. Damit fuhr der Verein lange gut, 2019 erreichten sie den vierten Platz und ein Jahr später gelang der Einzug ins Pokalfinale, das knapp im Elfmeterschießen gegen Wolfsburg verloren ging. Die SGS war lange ein Paradebeispiel dafür, wie es auch ein reiner Frauenfußball-Verein schaffen kann, dank intelligenten Verpflichtungen mitzuhalten. Inzwischen zeigt der Trend aber nach unten - nach der Bestplatzierung 2019 folgten ein fünfter, ein achter und schließlich letzte Saison ein zehnter Platz.
Bis zum letzten Spieltag war Essen nicht gerettet, obwohl sie spielerisch oft besser dagegenhielten als die Konkurrenz im Abstiegskampf. Am Ende der Saison hatte Essen mehr als doppelt so viele Tore geschossen wie Bremen und auch weniger kassiert, stand in der Tabelle aber trotzdem hinter ihnen. Das junge Team (Durchschnittsalter im letzten Spiel: 20,7 Jahre) konnte oft trotz Überlegenheit nicht gewinnen, weil sie ihre Chancen nicht verwerten konnten oder sich ärgerliche Gegentore fingen. Nach einem guten Start erlebte Essen zudem eine Rückrunde zum Vergessen, der Sieg gegen Jena am letzten Spieltag war der erste seit Dezember. Diesen Sommer verließen noch dazu einige Leistungsträgerinnen den Verein, das Trio aus Selina Ostermeier, Jill Baijings und Elisa Senß wechselt zu Bayer Leverkusen. Dafür wurden einige erfahrene Spielerinnen geholt.
Turbine Potsdam
Die Ziele haben sich schnell geändert bei Turbine Potsdam. Vor zwei Jahren war noch die Champions-League-Qualifikation das erklärte Ziel. Letztes Jahr wurde dann kein Tabellenplatz ausgegeben, damit das Team ohne Druck spielen konnte - lange mit Erfolg: Turbine war auf Champions-League-Kurs, bis sie am Ende der Saison einbrachen, auch wegen der Verletzung von Top-Torjägerin Selina Cerci. Am Ende wurde es der dritte Platz, zum dritten Mal in Folge. Und jetzt geht es darum, so schnell wie möglich den Klassenerhalt zu sichern.
Wie konnte das passieren? Nun, Turbine muss diese Saison einen Umbruch verkraften, der nicht viel größer hätte sein können. Dass 14 Spielerinnen den Verein verlassen, ist schon Herausforderung genug, aber neun davon waren auch noch Stammspielerinnen. Dazu ein neuer Trainer und eine vakante Präsidenten-Stelle. Es gab schon Vorzeichen für ruhigere Saisons. Sebastian Middeke muss nun einen Kern von Spielerinnen finden, die das Team tragen können, die jungen Talente müssen zeigen, was sie können. Kein Wunder also, dass keine hohen Ziele ausgerufen wurden, Potsdam will die Umbruchssaison schadenlos überstehen und dann weiterschauen.
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