Frankreich dreht Auftaktspiel gegen Australien: Les Bleus in der Einzelkritik
Von Henry Einck
Als amtierender Weltmeister hat Frankreich den ersten Schritt gegen den Fluch der Titelverteidiger geschafft. Im Auftaktspiel mussten Les Bleus auf einen Schock reagieren. In der Anfangsphase ging Australien in Führung. Bei der Entstehung des Tores verletzte sich zudem Bayern-Star Lucas Hernández, der kurz darauf durch seinen Bruder Theo ersetzt wurde. Die Franzosen schlugen per Doppelschlag noch vor der Pause zurück. Später erhöhte der Titelverteidiger auf 4:1. Die Einzelkritik:
1. Hugo Lloris
Der Tottenham-Keeper erlebte einen ruhigen Fußballabend. Bei der einzigen gefährlichen Australien-Aktion des Abends war Lloris machtlos. Craig Goodwin setzte den Ball aus kürzester Distanz unter die Querlatte (9.). Darüber hinaus bekam der langjährige Nationaltorwart keinen einzigen Schuss aufs Gehäuse. Im Spielaufbau hatte Lloris keine Probleme, wurde aber auch selten unter Druck gesetzt.
Bewertung: 5/10
2. Benjamin Pavard
Benjamin Pavard erwischte nicht seinen besten Abend. Schon mit Spielbeginn wirkte der Verteidiger, der wie im Verein auf der rechten Seite ran musste, unkonzentriert, leistete sich unnötige Ballverluste im Aufbauspiel. Auch beim Gegentor trug Pavard eine Teilverantwortung. Craig Goodwin entwischte ihm im Rücken und konnte unbedrängt einschießen. Offensiv schaltete sich der Ex-Stuttgarter kaum ein, überließ Ousmane Dembélé die gesamte rechte Seite. Mit zunehmender Spieldauer fing sich Pavard zwar, zeigte in der Gesamtbetrachtung aber einen schwachen Auftritt.
Bewertung: 4/10
3. Ibrahima Konaté
Konaté lieferte ein solides WM-Debüt. Beim Gegentor traf den Liverpool-Verteidiger keine Schuld. Der Franzose brachte den Spielaufbau voran, kam insgesamt auf 115 Ballkontakte. Die Zweikampfquote von Konaté war perfekt, verlor sowohl am Boden als auch in der Luft kein einziges Duell. Der Innenverteidiger war bei Ballannahmen von Australien-Stürmer Mitchell Duke immer direkt dran. In der 89. Minute hätte er sich sogar fast mit einem Kopfballtor belohnt.
Bewertung: 7/10
4. Dayot Upamecano
Als Partner von Konaté ließ Upamecano wenig anbrennen. Ebenso wie sein Innenverteidiger-Pendant hatte Upamecano am Gegentor keine Teilschuld. Der Bayern-Star war defensiv makellos. Genau wie Konaté gewann er fast jedes Duell gegen Gegner Duke. Zudem schaltete er sich immer wieder im Offensivspiel ein. Häufig spielte Upamecano lange Bälle auf Linksaußen Mbappé. Einer dieser Bälle war auch Dosenöffner für das 4:1 (71.).
Bewertung: 8/10
5. Lucas Hernández (bis 12.)
Lucas Hernández verließ den Platz bereits nach zwölf Minuten, fasste sich immer wieder an das rechte Knie. Zuvor war der Linksverteidiger im Duell mit Ex-Herthaner Mathew Leckie zu Boden gegangen - mittlerweile ist bestätigt, dass Hernández sich das Kreuzband gerissen hat. In der Folge konnte Leckie unbedrängt flanken und legte damit den frühen 1:0-Führungstreffer vor (9.). Für den Bayern-Verteidiger kam Bruder Theo Hernández ins Spiel.
Ohne Bewertung
6. Aurélien Tchouaméni
Wie von Experten erwartet, schlüpfte Tchouaméni in die Rolle des verletzten Paul Pogba. In seinem ersten Spiel bei einem großen Turnier agierte der 22-Jährige als Spielantreiber und Ballmagnet. Tchouaméni forderte den Ball von den Verteidigern und verlagerte ihn in der Folge häufig auf die Außenpositionen. Der Sommer-Neuzugang von Real Madrid kam auf eine überragende Passquote von 96,1 Prozent, gewann jeden Zweikampf und eroberte ganze vier Mal den Ball. Tchouaméni bewies an diesem Abend, dass er die Equipe Tricolore trotz seines jungen Alters anführen kann.
Bewertung: 8/10
7. Adrien Rabiot
Um die Zentrumproblematik zu lösen, stellte Didier Deschamps Tchouaméni den erfahrenen Adrien Rabiot an die Seite. Der Juventus-Spieler war weniger am Spielaufbau beteiligt, schaltete sich dafür immer wieder offensiv ein. Seine Aktionen waren in dieser Partie Gold wert. Rabiot erzielte zunächst den Ausgleich per wuchtigem Kopfball, legte dann noch den Führungstreffer auf (27./32.). Das 2:1 brachte der 27-Jährige zudem selbst auf den Weg, indem er Nathaniel Atkinson im passenden Moment tackelte und nach Zuspiel von Mbappé auf Giroud querlegte. In der zweiten Hälfte war vom langjährigen Nationalspieler wieder weniger zu sehen.
Bewertung: 8/10
8. Antoine Griezmann
Antoine Griezmann spielte als Freigeist auf der Zehnerposition. Der 31-Jährige war sowohl mit hohen Bällen auf die Außen als auch Läufen in die Tiefe präsent. Griezmann kreierte gleich mehrere Großchancen. Flankte einmal aus dem Halbfeld auf den freistehenden Giroud (29.) und legte einmal per Außenrist quer auf den frei einlaufenden Mbappé (45.). Hatte darüber hinaus einige Abschlüsse aus der zweiten Reihe. Besonders gefährlich: Ein Abpraller, den Griezmann per Direktabnahme aufs Tor feuerte. Aziz Behich klärte auf der Torlinie (66.). Das Spiel war eine Masterclass des Atlético-Stars.
Bewertung: 9/10
9. Ousmane Dembélé
Dembéle zeigte sich schon ab Minute eins spielfreudig. Das einstige BVB-Supertalent forderte Aziz Behich viele Male zum Eins-gegen-Eins auf. In der ersten Hälfte hätte ein starker Lauf mit anschließender Flanke schon fast zum Tor geführt (36.). Schließlich war es nach dem Seitenwechsel soweit: Dembélé schaltete nach einem verzogenen Abschluss von Mbappé schnell, tanzte Behich aus und flankte präzise auf den PSG-Star, der zum 3:1 einköpfte (68.). Ein starker Auftritt.
Bewertung: 7/10
10. Kylian Mbappé
Der Superstar der Franzosen agierte in der ersten Hälfte noch unglücklich, suchte gegen Nathaniel Atkinson immer wieder das Eins-gegen-Eins, wurde aber häufig erfolgreich gedoppelt. Nach Griezmanns Außenrist-Zuspiel hätte Mbappé schon den ersten Treffer erzielen müssen, verzog aber deutlich (41.). Erfolgreich war der PSG-Torjäger dann per Kopf. Bei der Flanke von Dembélé setzte sich Mbappé gegen zwei Verteidiger durch (68.). Drei Minuten später bereitete der 23-Jährige mit einer herausragenden Einzelaktion den zweiten Giroud-Treffer vor (71.). Mbappé erlebte einen gelungenen Abend, der durchaus auch hätte zum Gala-Abend werden können.
Bewertung: 7/10
11. Olivier Giroud
Für den abgereisten Karim Benzema rückte Routinier Olivier Giroud in die Startelf. Bei dem WM-Triumph 2018 begann Giroud in jedem Spiel, blieb aber im gesamten Turnier ohne Tor. Dass das in diesem Jahr nicht passieren wird, war schon nach 32 Minuten klar. In klassischer Stürmermanier ließ sich Giroud nach Ballgewinn seiner Mannschaft in den Rückraum fallen und hatte nach Zuspiel von Rabiot keine Probleme, den Ball über die Linie zu drücken (32.). Im zweiten Durchgang schnürte Giroud per Kopf den Doppelpack (71.). Beinahe wäre sogar der Hattrick gelungen. Der Routinier traf einmal per Kopf und einmal per Seitfallzieher (29./49.) knapp am Tor vorbei. Giroud könnte bei diesem Turnier noch wichtig werden.
Bewertung: 8/10
12. Theo Hernández (ab 13.)
Theo Hernández rückte nach 13 Minuten für seinen Bruder Lucas in die Elf. Der Einfluss des Milan-Stars war auf Anhieb spürbar. Hernández war Aktivposten auf der linken Seite, schaltete sich alle paar Minuten kreativ ein. Anfangs noch ohne Abnehmer, wurden die Flanken des talentierten Außenverteidigers immer gefährlicher. So war auch Hernández der Vorbereiter des 1:1-Ausgleichs. Nachdem eine Frankreich-Ecke geklärt wurde, legte er sich den Ball schnell zurecht und flankte perfekt auf den einlaufenden Rabiot (27.). Im Spielverlauf führten seine Flanken immer wieder zu hochkarätigen Chancen. Einziges Manko: Ein haarsträubender Ballverlust, der zu einem gefährlichen australischen Abschluss führte (21.). Im Gesamten hat sich Hernández mit seiner Einwechslung für zukünftige Startelfeinsätze empfohlen.
Bewertung: 8/10
13. Youssouf Fofana (ab 77.)
Monaco-Durchstarter Youssouf Fofana kam in der Schlussphase für Aurelién Tchouaméni. Vom jungen Zentrumspieler war wenig zu sehen. Fofana bot sich einige Male an, bekam den Ball und suchte direkt den nächsten Mitspieler. Nennenswerte Aktionen verzeichnete der 23-Jährige nicht.
Bewertung: 5/10
14. Kingsley Coman (ab 77.)
Der Flügelflitzer vom deutschen Rekordmeister ersetzte den aktiven Ousmane Dembéle für die letzten Minuten. Sein Auftrag war es, die müden Australien-Verteidiger ein letztes Mal auf die Probe zu stellen. Coman hatte direkt nach der Einwechslung ein paar Aktionen, ging im letzten Drittel allerdings nicht ins Eins-gegen-Eins. Seine Aktionen führten meist zum Rückpass in die eigenen Reihen. In der kurzen Spielzeit war für Coman wenig zu holen.
Bewertung: 5/10