Flicks Qual der Wahl: Lucas Hernandez drängt auf einen Stammplatz
Von Florian Bajus

Wenigstens in der Defensive hat Bayern-Trainer Hansi Flick die Qual der Wahl. Besonders Lucas Hernandez macht es ihm nicht leicht. Der Weltmeister performt in diesen Tagen auf sehr hohem Niveau und übt damit Druck auf David Alaba und Alphonso Davies aus.
"Er ist ein absoluter Fighter", sagte Flick auf der Pressekonferenz nach dem gewonnenen Supercup gegen Borussia Dortmund (3:2) über Lucas Hernandez. "Er hat auch eine gewisse Härte, die es in solchen Spielen braucht. Er hatte keine einfache Zeit. Ich finde, dass er angekommen ist."
Es hat ein Jahr gedauert, doch seit Saisonbeginn scheint Hernandez seine Bestform gefunden zu haben. Seit seiner Innenbandverletzung vor knapp einem Jahr hatte der französische Defensivspezialist auch genügend Zeit. Einsätze waren rar gesät, die Viererkette um Benjamin Pavard, Jerome Boateng, David Alaba und Alphonso Davies war unantastbar. Doch nun, mit einem engen Terminkalender und einigen Verletzungen, hat sich die Tür für den Rekord-Neuzugang geöffnet - und er hat seine Chance genutzt.
Gegen den BVB wusste er wieder einmal zu überzeugen: Als resoluter Zweikämpfer, aber auch als spieleröffnender Innenverteidiger, der mit dem Ball teilweise sogar bis in die gegnerische Hälfte durchmarschiert und dann bemüht ist, einen tödlichen Pass zu spielen. Das Andribbeln und das Suchen nach der Lücke liegt ihm genauso wie seine Robustheit in Zweikämpfen und sein Timing für Grätschen. In Szenen wie diesen wird ersichtlich, dass er das Fußballspielen von Diego Simeone gelernt hat.
Und weil Hernandez als Innen- und Linksverteidiger spielen kann, haben sowohl Alaba als auch Davies ein Problem. Erstgenannter fiel wegen muskulärer Probleme am Mittwochabend aus, Davies war zuletzt indes nicht bei 100 Prozent. Insbesondere der 19-Jährige muss mehr denn je darum fürchten, seinen Stammplatz zu verlieren; denn während Alaba unter Flick wegen seinen Qualitäten als Abwehrchef gesetzt ist, offenbart Davies in vielen Szenen sein zu offensives Positionsspiel. Zwar kann er Gefahren aufgrund seiner hohen Sprintgeschwindigkeit bereinigen, doch insgesamt ist Hernandez defensiv deutlich stabiler. Dafür mag er nicht so explosiv in der Vorwärtsbewegung sein, doch er setzt immer wieder Akzente und unterstützt den einrückenden Flügelspieler auf der Außenbahn.
Flick kann nach Belieben variieren
Wenn Alaba wieder fit ist, darf es also nicht ausgeschlossen werden, dass Davies sich vorerst wieder herankämpfen muss. Seine beiden jüngsten Auftritte waren jedenfalls nicht überzeugend - das ist ihm nach dem steilen Aufstieg in den vergangenen Monaten aber nicht zu verübeln und nur verständlich. Außerdem kann der junge Kanadier noch immer auf den Flügeln spielen und das Trio Serge Gnabry, Kingsley Coman und Leroy Sané entlasten. Um zu wenig Spielzeit müsste er sich demnach keine Gedanken machen.
Konkurrenzkampf auch zwischen Boateng und Süle
Spannend ist auch der Konkurrenzkampf auf der rechten Innenverteidiger-Position. Niklas Süle spielt bereits wieder auf sehr hohem Niveau, Jerome Boateng hatte bei der 1:4-Klatsche gegen die TSG Hoffenheim derweil seinen ersten unglücklichen Auftritt seit Monaten. Immer wieder suchten die Hoffenheimer das Sprint-Duell mit dem 32-Jährigen, der stets das Nachsehen hatte. Süle bringt mehr Tempo mit, kann das Spiel dafür nicht ganz so elegant eröffnen. Es ist ein Für und Wider auf hohem Niveau, wie schon bei Hernandez, Alaba und Davies.
Flick hat die Gelegenheit, seine Defensive nach dem Gegner auszurichten. Will er mehr Risiko eingehen, kann Davies problemlos den Vorzug erhalten, im umgekehrten Fall wäre Hernandez die sichere Wahl. Sollte Alaba weiterhin ausfallen oder im Kopf eher mit seiner Vertragsverlängerung beschäftigt sein, kann auch er zweifelsohne von Hernandez ersetzt werden. Mit Blick auf den kommenden Gegner Hertha BSC wäre ein Verbund aus Pavard, Süle, Alaba (sofern er denn fit ist) und Hernandez wohl die beste Variante.
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