Felix Zwayer im Mittelpunkt des Klassikers - BVB-Stars fahren schwere Geschütze aus
Von Dominik Hager
Was für ein Spiel! Der 3:2-Erfolg der Münchner Bayern gegen Borussia Dortmund lieferte uns das wohl spektakulärste, spannendste und diskutabelste Spiel der Saison. Im Mittelpunkt stand vor allem Felix Zwayer, von dem sich ganz Dortmund heftig betrogen fühlte. Kein Wunder, dass die Emotionen auf und neben dem Platz ordentlich aufgeladen waren.
Es gibt nichts unglücklicheres, als wenn ein derart fulminanter Schlagabtausch ausgerechnet durch Entscheidungen des Schiedsrichters entschieden wird. Es waren vor allem zwei Szenen, die für riesige Aufregung während und nach dem Spiel sorgten.
Zunächst schob Hernández im Strafraum gegen Reus den Körper rein und traf den Borussen auch leicht am Fuß. Anschließend spielte Hummels den Ball im Sechzehner mit dem Ellenbogen. Schiedsrichter Zwayer entschied sich in der ersten Szene dafür, die Situation nicht noch ein zweites Mal anzusehen, wohingegen er beim Hummels-Handspiel den Weg zum Bildschirm suchte und anschließend Strafstoß gab.
BVB-Coach Marco Rose konnte seine Emotionen schon während der Partie nicht mehr im Zaun halten und wurde des Feldes verwiesen.
"Wir haben alle gesehen, was passiert ist. Das Foulspiel an Marco Reus ist ein klarer Elfmeter. Das Handspiel von Mats Hummels ist zumindest vertretbar, schade. Herr Zwayer kann gerne noch ein paar Spiele des BVB leiten. Er kann uns noch ein paar Steine in den Weg legen," schimpfte er später sarkastisch gegenüber Sky.
Reus wettert gegen Zwayer: "Oh mein Gott"
Nach dem Schlusspfiff war jedoch Marco Reus der Erste, der sich den Fragen von Pay-TV-Sender Sky stellte.
"Meine Szene war 50:50. Er (der Schiedsrichter) sagt, das war nur ein bisschen Oberkörper, dann kannst du es dir doch auch anschauen", bemängelte der BVB-Kapitän.
Als er die Szene dann vorgespielt bekam, fiel der Offensivspieler dann aber fast aus allen Wolken.
"Oh mein Gott. Oh yesss. Im Spiel fand ich es nicht so klar, aber wenn ich es so sehe, dann muss er sich es wenigstens anschauen! Im Spiel hab ich es nicht so krass wahrgenommen. In der Zeitlupe sieht es noch heftiger aus", schimpfte der Borusse.
Umso bitterer war der nicht gegebene Elfmeter natürlich, weil es nur wenige Minuten später einen für Bayern gab. Dieser ist besonders kritisch zu betrachten, zumal Zwayer ebenfalls zunächst auf keinen Elfmeter entschied, sich diesmal die Szene aber ansehen wolle.
"Die Szene von Mats habe ich im Spiel gar nicht gesehen. Der Schiedsrichter sagt zu mir, es ist eine 50:50-Situation", erklärte Reus, ehe er sich die Szene zu Gemüte ziehen konnte. "Boah. Boah. Das finde ich hart, da Elfmeter zu geben. Mats versucht ja wirklich, mit dem Kopf hinzugehen. Dazu braucht er halt auch seinen Körper“, schilderte er seine Sichtweise.
Das Gespräch zu Schiedsrichter Felix Zwayer möchte Marco Reus jedoch nicht mehr suchen.
"Jetzt im Nachhinein bringt es wenig. Die Experten werden lange diskutieren. Es sind die entscheidenden Szenen. Wenn ich den Elfer kriege, gehen wir wahrscheinlich in Führung. Es war ein unfassbar wildes Spiel, ein geiles Spiel für die Zuschauer. Am Ende ist es doppelt bitter, dass wir es so verlieren", ärgerte er sich.
Emre Can verärgert: "Das darf einfach nicht passieren"
Teamkollege Emre Can stimmte seinem Teamkollegen zu und ärgerte sich ebenfalls wahnsinnig über die Entscheidungen des Referees.
"Wo ist da der Kontakt zum Ball? Er läuft ihm nur in die Hacken. Es ist schade, dass so ein Scheiß-Elfmeter das Spiel entscheidet. Ich stehe hier und rede wieder über den Schiedsrichter. Das war in der Vergangenheit ein paar mal zu oft gegen Bayern. Das muss sich ändern, ich weiß nicht, woran es liegt. Das darf einfach nicht passieren", äußerte er sich mehr als deutlich.
Genauso wenig Verständnis zeigt der Mittelfeldspieler für den Elfmeter zugunsten der Münchner.
"Er (Hummels) sieht den Ball gar nicht. Der Schiedsrichter hat gesagt, dass es keine Hand war, weil es eine natürliche Bewegung ist, aber der VAR hat gesagt, er soll es sich anschauen. Ich verstehe nicht, warum er bei uns nicht rausgeht", schimpfte der Dortmunder.
Bellingham legt den Finger in die Wunde: Warum darf ein Schiedsrichter wie Zwayer pfeifen?
Noch drastischere Worte fand jedoch Jude Bellingham. Der Youngster schoss scharf gegen Schiedsrichter Zwayer und kam sogar darauf zu sprechen, dass mit Zwayer ein Schiedsrichter pfeifen durfte, der einst wegen der Beteiligung an Spielmanipulationen "bestraft" wurde.
"Sie geben einem Schiedsrichter, der schon einmal ein Spiel manipuliert hat, das größte Spiel in Deutschland. Was erwarten Sie?"
- Jude Bellingham
Eine ähnlich harte Attacke gab es von Erling Haaland im norwegischen Fernsehen:
"Ich denke, es war ein Skandal, was die Schiedsrichterleistung angeht. Es war ein klarer Elfmeter für Reus. Ich sagte dem Schiedsrichter: 'Warum haben Sie nicht einfach beim VAR nachgeschaut' - er sagte 'das ist nicht nötig', wie ein arroganter... Nein, ich muss mich jetzt ein bisschen beruhigen."
- Erling Haaland bei Viaplay
Wow! Das sind schon harte Worte von den BVB-Stars, die sicherlich noch Schlagzeilen für einige Tage liefern können. Verständlich ist der Ärger aber nun mal vollkommen. Kommen wir zunächst zum einfachsten Punkt: Warum darf Felix Zwayer ein Top-Spiel pfeifen, obwohl er einst an einem Wettskandal beteiligt war? Eigentlich stellt sich nur noch die Frage, ob es nicht der größere Skandal ist, dass der Schiedsrichter überhaupt in der Bundesliga pfeifen darf.
Wenn es für Schiedsrichter ein absolutes No-Go gibt, dann ist das ja wohl die Beteiligung an Spielmanipulationen. Dies ist ein wenig so, als würde ein Schiffsjunge dabei helfen, ein Boot zu versenken, um dann ins nächste Schiff als Kapitän einzusteigen.
Selbstredend kann man Zwayer nicht vorwerfen, beim jetzigen Spiel manipuliert zu haben, jedoch ist es das gute Recht von Bellingham und jedem anderen, sich diese Frage zu stellen.
Sicherlich hatte der Schiedsrichter heute auch keinen leichten Job. Die Szene zwischen Hernández und Reus ist extrem strittig und wohl eher ein Elfmeter als keiner. Allerdings lösten die Fernsehkameras nicht auf, ob davor eine Abseitsposition vorlag, wobei aus dem Kölner Keller wohl das Signal kam, dass es lediglich an dem zu leichten Kontakt lag.
Hier hätte es nur eine logische Entscheidung gegeben. Zwayer muss sich die Szene anschauen. Im Anschluss hätte er sich durchaus für beide Optionen entscheiden können.
In der Handspiel-Szene geht die Tendenz auch in Richtung Elfmeter. Der Ball war lang in der Luft und Hummels hat sich mit dem Ellenbogen in den Ball gedreht. Pfeift Zwayer jedoch nicht, muss ein klares Handspiel vorliegen, damit er seine Entscheidung ändern kann. War dies ein klares Handspiel? Man kann es durchaus so sehen, aber hierzu hat wohl jeder seine eigene Meinung.
Thomas Müller zeigt Verständnis: "Kann den Frust und Ärger verstehen
Doch welchen Blick hatte eigentlich Bayern-Star Thomas Müller auf die Szenen?
"Ich mache mir wahrscheinlich keine Freunde, aber wenn ich die Szene jetzt so sehe: Auch wenn Mats es nicht absichtlich macht, geht er natürlich mit dem Arm so hin. Ich kann mir vorstellen, dass es in der Regelschule ein Elfer ist. Ich hatte nicht das Gefühl, dass der Schiedsrichter die Kleinigkeiten pfeifen will. Bei einem Handspiel ist der Spielraum aber kleiner", so der Münchner.
Allerdings verstand der 32-Jährige auch den Ärger der Dortmunder.
"Er geht mit dem Oberkörper rein, natürlich kannst du den auch geben. Das ist das Bittere, dass das das Spiel entscheidet, deswegen kann ich den Frust und den Ärger verstehen. Ich habe das Gefühl, dass die Schiedsrichter ihre Entscheidung treffen, dann kriegen sie das Signal und es wird noch einmal beschrieben. Wenn es sich halbwegs deckt, bleiben sie bei der Entscheidung", versuchte der Bayern-Star zu erklären.
Auch von Julian Nagelsmann gab es verständnisvolle Worte: "Ich finde, dass wir verdient gewonnen haben. Aber ich verstehe auch die Diskussionen über die beiden Elfmetersituationen. Ich denke, man kann beide geben, auch bei Hernandez. Für mich war es auch ein Handelfmeter."
Was sagt Zwayer?
Letztlich stellte sich auch der Mann, der eigentlich nicht im Mittelpunkt stehen sollte, dies aber überdimensional tat, den Fragen von Sky.
Felix Zwayer sieht die Kritik an seine Leistung demnach eher als unbegründet an. Stellt sich lediglich die Frage, ob seine Wahrnehmung tatsächlich so gut war, wie er sie empfindet.
Was waren das noch für Zeiten, als Fußball-Fans in ganz Deutschland Angst hatten, dass die Einführung des VAR die Emotionen und sämtlichen Diskussionsbedarf zerstören könnte? Diese Angst hat sich als nichtig herausgestellt. Besonders erfreut sind die Fans allerdings noch immer nicht mit all dem, was der DFB in die Wege geleitet hat. Sogar die Bayern-Fans stimmten Gesänge gegen den DFB an, als ihrer Mannschaft der Elfmeter zugesprochen wurde.
Der Klassiker zwischen Bayern und Dortmund ist immer noch ein unglaubliches Spektakel.