Fehlende Diversität in der DFB-Taskforce: Scharfe Kritik aus dem Frauenfußball

DFB-Präsident Bernd Neuendorf und Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg
DFB-Präsident Bernd Neuendorf und Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg / Pool/GettyImages
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Wie der DFB am Dienstag bekanntgab, soll ein fünfköpfiges Expertengremium dem Verband dabei helfen, den deutschen Fußball zurück in die Erfolgsspur zu bringen. Aus dem Frauenfußball gibt es scharfe Kritik an der fehlenden Diversität in der neuen DFB-Taskforce.


So meinte etwa Tabea Kemme süffisant: "Diversity at its best!" Die Ex-Nationalspielerin sprach gegenüber t-online von einem "groben Foul, die Lösung des Systems im System zu suchen". Mit Matthias Sammer, Rudi Völler, Karl-Heinz Rummenigge, Oliver Kahn und Oliver Mintzlaff besteht der Expertenrat ausschließlich aus langjährigen Funktionären aus dem Männerfußball. Auf Frauen, Entscheidungsträger mit Migrationshintergrund oder aus anderen sportlichen oder gesellschaftlichen Bereichen verzichteten DFB-Präsident Bernd Neuendorf und Vize Hans-Joachim Watzke, die dem Gremium ebenfalls angehören.

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Der DFB-Expertenrat / RONNY HARTMANN/GettyImages

Neuendorf sagte in der ARD: "Es war nicht unser erstes Kriterium, hier für Vielfalt und Diversität zu sorgen, das machen wir an anderer Stelle im Verband. Hier ist es einfach so, dass wir Menschen brauchen, die über eine Menge Erfahrung verfügen, die in der Männer-Nationalmannschaft gespielt haben, die für den DFB gearbeitet haben, die über einen reichen Erfahrungsschatz im Profigeschäft, die über eine Reihe von Kontakten verfügen."

Voss-Tecklenburg: "Über den Tellerrand hinausschauen"

Dass der Verband trotz der großen Erfolge der Frauen-Nationalteams auf weibliche Expertise verzichtet, sorgte auch bei Martina Voss-Tecklenburg für Verwunderung. "Da fehlt mir persönlich so ein bisschen die Durchmischung", erklärte die Bundestrainerin im ZDF. "Es fehlt mir ein bisschen die Internationalität. Es tut uns gut, auch über den Tellerrand hinauszuschauen."

Auf Nachfrage von Moderator Jochen Breyer, ob in der Taskforce auch eine Frau fehle, antwortete Voss-Tecklenburg unmissverständlich: "Die fehlt mir sowieso."

Unmissverständlich äußerte sich auch Nationaltorhüterin Almuth Schult in der ARD. "Wenn der DFB in den letzten Jahren immer davon spricht, von Diversität, von Wandel, der stattfinden muss, dass man sich modern aufstellen muss. Und wenn es jetzt in die Krise geht, wirft man das alles über Bord. Jetzt hat man die Leute, die schon immer im Fußball waren, die die Geschicke in den letzten Jahren gelenkt haben. Die Diversität wird komplett auf Seite gestellt", echauffierte sie sich. Außerdem wies Schult darauf hin, dass neue DFB-Sportdirektor, mit dessen Suche das Gremium nun betraut ist, nicht nur für den Männerbereich zuständig sei: "Der Sportdirektor ist zuständig für die Jugend, für die Frauen, für die Akademie - dann dieses Gremium aufzustellen, finde ich sehr kritisch"

Sarah Freutel: "Reden reicht nicht"

Gleichzeitig vermutet Schult hinter der Entscheidung taktisches Kalkül der DFB-Spitze. Sammer und Co. hätten im Männerfußball großen Einfluss und könnten dem Verband mit ihrer Kritik gefährlich werden. "Wenn es nicht gut läuft, wird man von diesen fünf Herren nichts Negatives hören, weil sie ja am Entscheidungsprozess beteiligt waren. Eigentlich nimmt man sich selber nur in Schutz, weil man genau weiß: Jetzt können wir die Entscheidung abschieben und gucken, was passiert", so die Ex-Wolfsburgerin.

Auch bei den aktiven Spielerinnen in der Frauen-Bundesliga stößt die Zusammensetzung des Expertenrates auf Kritik. Sarah Freutel vom MSV Duisburg betonte im Gespräch mit 90min: "Um wirkliche Veränderung und Entwicklung zu schaffen, reicht es nicht zu reden." Die 166-fache Bundesliga-Spielerin forderte, die "Ebene des Erzählens" zu verlassen. Es sei "höchste Zeit, dass konkret gehandelt wird".

"Wir reden über Vielfalt und Diversität, darüber, Zeichen zu setzen. Da sind solche Entscheidungen, die genau jetzt getroffen werden, für mich einfach nicht nachvollziehbar und absolut konträr zu den Bewegungen unserer Zeit", fasste Freutel ihre Kritik am DFB zusammen.

Ex-Nationaltorhüterin Nadine Angerer hatte sich bereits vor Bekanntgabe der Taskforce klar positioniert und sich eine Frau als Nachfolgerin von Oliver Bierhoff gewünscht. In ihrer 90min-Kolumne schrieb sie: "Wenn ich mir ansehe, wer nun als Nachfolger von Oliver Bierhoff oder als neuer Sportdirektor gehandelt wird, fällt mir eines auf: Frauen sucht man in der Debatte vergeblich. Das finde ich doch bemerkenswert."

Als konkrete Kandidatin brachte die zweimalige Weltmeisterin Silvia Neid ins Spiel. Die Ex-Bundestrainerin "hat sich große sportliche Verdienste erworben, kennt sich bestens mit den Verbandsstrukturen aus und würde mit ihrer Geradlinigkeit und uneitlen Art auch das Vertrauen der Fans wiedergewinnen", warb Angerer für eine Lösung, die in der öffentlichen Debatte bislang noch nicht aufgetaucht ist. Als Favorit für die Bierhoff-Nachfolge gilt Hertha-Sportvorstand Fredi Bobic.


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