Von Monstern zu Zwergen - die Liverpooler Talfahrt des Jürgen Klopp

Zur Zeit in einem historisch schlechten Negativ-Lauf mit dem FC Liverpool: Jürgen Klopp
Zur Zeit in einem historisch schlechten Negativ-Lauf mit dem FC Liverpool: Jürgen Klopp / Clive Brunskill/Getty Images
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Mit knackigen Wort-Schöpfungen ist das manchmal so eine Sache. Solange alles gut läuft - perfekt. Doch sobald es mal in die andere Richtung geht, können einem bestimmte Begriffe schnell auf die Füße fallen. So wie es gerade bei Jürgen Klopp und seinem FC Liverpool geschieht.

Denn mit der 0:1-Heimniederlage gegen die Lilywhites aus Fulham, der sechsten Heimniederlage am Stück (negativer Vereinsrekord), haben die Reds endgültig Grundberührung gemeldet. Was ist aus den Mentalitäts-Monstern der letzten Jahre geworden?

Ex-Red Carragher spricht von Mentalitäts-Zwergen

Mit diesem markigen Begriff, der sich schnell zu einem geflügelten Wort in der Sportwelt im Allgemeinen entwickeln sollte, beschrieb Klopp seinerzeit vor allem den psychologischen Aspekt bei den regelmäßigen guten Auftritten seiner Mannschaft.

Die Mannschaft wirkte immer hungrig, egal ob in der heimischen Premier League oder in der Champions League. Die Folge waren zwei Titel, in ebendiesen Wettbewerben, 2019 (Champions League) und 2020 (Liga).

Doch die Luft scheint in der laufenden Spielzeit ziemlich raus zu sein. Und so attestiert der Ex-Liverpooler Jamie Carragher gegenüber Sky Sports der Mannschaft mittlerweile nur noch den Status von "Mentalitäts-Zwergen".

Everton FC v Liverpool FC - Premier League
Legt als Ex-Spieler den Finger in die Wunde: Jamie Carragher / Pool/Getty Images

Vor allem habe der frühere Verteidiger bei der Pleite gegen die Cottagers ein "Aufbäumen gegen die Widrigkeiten" vermisst. Das sah auch Fulham-Spieler Harrison Reed ähnlich. Der wunderte sich nach der Partie darüber, dass sein Team den Sieg offenbar mehr wollte als die Gastgeber.

"Das", so Reed, "war von Anfang an zu spüren. Und letztlich der Schlüssel dafür, die drei Punkte von hier mitzunehmen."

Klopp sieht kein Mentalitätsproblem

Das wiederum wollte Klopp nicht einfach so auf sich beruhen lassen. "Wenn du gewinnst, hast du immer leicht reden. Aber dieses Problem sehe ich wirklich nicht. Die Jungs wollten gewinnen. Das habe ich gespürt", wollte der Coach seinen Spielern ihre Bereitschaft nicht absprechen.

"Doch sie [die Mannschaft] hat dann einfach viel zu viele Fehler gemacht. Zur Zeit haben wir viele enge Matches. Wir müssen es einfach wieder schaffen, Spiele zu gewinnen. Wenn es mit 1:0 ist, ok. Dann kämpf dafür mit allem was du hast. Dann bekommst du auch wieder Selbstvertrauen und hast irgendwann das Momentum wieder auf deiner Seite."

Alles rosarot tünchen und beschönigen wollte Klopp aber auch nicht. "Es war nicht gut genug. Wir haben einen Treffer zugelassen, keinen eigenen erzielt - und somit das Spiel verloren." Dennoch vergaß der Stuttgarter nicht, auch die Verletzungsmisere anzusprechen.

Jurgen Klopp, Mohamed Salah, Sadio Mane
Liverpool nach der Pleite gegen Abstiegskandidat Fulham / Pool/Getty Images

"Es ist klar, dass wir zur Zeit viele Spieler, die für gute Einstellung stehen, nicht auf dem Platz haben. Spieler, die eine Führungsrolle auf dem Platz übernehmen könnten." Doch statt über Dinge zu lamentieren, die er nicht verändern kann, sollte sich Klopp schnellstmöglich Lösungen mit dem vorhandenen Personal einfallen lassen.

In der Tabelle jedenfalls sind mittlerweile die Spurs und die Hammers an den Reds, die nur den achten Rang belegen, vorbeigezogen. Beide haben darüber hinaus auch noch weniger Spiele als die Klopp-Elf absolviert. Und auch den heißen Atem der hinter ihnen liegenden Klubs (Aston Villa, Arsenal) spüren die Liverpooler mittlerweile mehr, als ihnen lieb sein kann.

Sollte der FC Chelsea sein heutiges Heimspiel (21.00 Uhr) - ausgerechnet gegen Liverpools Stadtrivalen Everton - gewinnen, würde der Abstand zu den Champions-League-Plätzen auf bedrohliche sieben Punkte anwachsen.

Champions-League-Qualifikation nur über den Gewinn des Henkelpotts?

Um auch im kommenden Jahr in der Königsklasse antreten zu können, scheint die mittlerweile realistischste Option für die Reds zu sein, eben diesen Wettbewerb erneut zu gewinnen. Den ersten Schritt dahin kann die Mannschaft am kommenden Mittwoch in Budapest machen. Dann kommt das formstarke RB Leipzig zum Achtelfinalrückspiel.