Eberls Bayern-Umbruch: Keine Mammutaufgabe, sondern ein Himmelfahrtskommando
Von Dominik Hager
Nach dem enttäuschenden dritten Platz herrscht beim FC Bayern ein Ausnahmezustand. Der Umbruch soll her und Max Eberl steht in der Verantwortung, den Verein wieder auf Vordermann zu bringen. Eine heftige Herausforderung, wenn man bedenkt, dass er angehalten ist, die Spielergehälter zu reduzieren und trotzdem eine Mannschaft zusammenzustellen, die im Finale Dahoam die Champions League gewinnen kann.
Mit Joshua Kimmich, Matthijs de Ligt, Kingsley Coman, Leon Goretzka und Serge Gnabry stehen fünf Namen offenbar ganz oben auf der Verkaufsliste. Das Quintett streicht enorme Gehälter ein, was Verkäufe finanziell besonders attraktiv macht.
Gnabry und Goretzka wollen bleiben: Ein Rückschlag für den Kader-Umbruch
Doch welche Verkäufe wären auch sportlich attraktiv? Da wäre man schnell bei den Namen Serge Gnabry und Leon Goretzka. Während Gnabry seit Jahren leistungsfähig schwankt und fast die gesamte letzte Saison verletzt war, fällt Goretzka mit durchwachsenen Leistungen und einem Passspiel auf, das kaum Bayern-like ist. Ein Verlust des Duos wäre für den Verein definitiv verkraftbar und eine gute Möglichkeit, Geld für Neuzugänge generieren und den Etat zu senken. Problem bei der Sache: Beide Spieler scheinen nicht an einen Abgang zu denken, haben dies in Interviews auch mehrmals bestätigt.
Die beiden langjährigen Bayern-Profis wissen genau, dass kein anderer Verein ihnen ein ähnliches Gehalt bieten wird. Zudem sehen sie ihre Chance unter dem neuen Trainer Vincent Kompany. Alles verständlich, alles legitim, für den FC Bayern aber ein enormer Bremsklotz in Richtung Kader-Umbruch.
Abschied von Kimmich, de Ligt und Coman möglich: Millionen-Regen winkt
Optionen, einen Umbruch zu vollziehen, gibt es natürlich trotzdem noch. Im Fokus stehen hier die Namen Joshua Kimmich, Kingsley Coman und Matthijs de Ligt. Abnehmer für das Trio zu finden und gute Summen zu generieren, könnte zum Kinderspiel werden. Joshua Kimmich wird beim FC Barcelona gehandelt und soll mit einem England-Wechsel liebäugeln, während bei Kingsley Coman eine Rückkehr zu PSG zur Debatte steht. Matthijs de Ligt scheint sogar schon fast im Flieger nach Manchester zu sitzen, wo mit Erik ten Hag ein Trainer angestellt ist, der ihn bestens kennt und schätzt.
Das Trio würde gemeinsam etwa 55 Millionen Euro an Gehalt freimachen und wohl an die 150 Millionen Euro Ablöse einbringen. Max Eberl könnte sich auf dem Transfermarkt austoben und die Grundlage für den Umbruch wäre endlich geschaffen. Dies könnte man zwar vielleicht meinen, jedoch ist das Risiko gewaltig, dass es sich hierbei um einen fatalen Trugschluss handelt.
Verkaufen die Bayern genau die drei falschen Spieler?
De Ligt, Kimmich und Coman zu verkaufen und auf dieser Basis den Umbruch zu starten, ist ein wenig wie die fette Ernte zu erwarten, ohne den Boden zu säen. Zwar haben sowohl de Ligt, Kimmich als auch Coman ihre Kritikpunkte, jedoch scheint es unerlässlich, das Trio zu behalten.
Kimmich ist der Vorzeige-Kämpfer im Team, verkörpert Bayern-DNA und nimmt eine wichtige Leader-Rolle ein. Coman ist der ballsicherste Flügelstürmer, kann große Spiele nachweislich entscheiden, sitzt noch dazu im Mannschaftsrat und ist ein wichtiges Bindeglied zwischen den deutsch- und französischsprachigen Stars. De Ligt war in den vergangenen beiden Jahren der einzige stabile Abwehrspieler, besitzt Führungsqualitäten und war in großen Spielen stets eine Bank.
Ein Verkauf des Trios geht vor allem mit zwei Dingen einher: Verlust von Leader-Persönlichkeiten und Verlust von Qualität.
Bayern braucht Verteidiger, die das Chaos beherrschen
Wer also glaubt, die hohe Gegentoranzahl mit dem Verkauf des Abwehrchefs und den Verpflichtungen von Hiroki Ito und sehr wahrscheinlich Jonathan Tah reduzieren zu können, packt das Problem an der Baumkrone an. Nicht de Ligt, sondern viel mehr das gesamte Team war an der Gegentorflut Schuld. Die Innenverteidiger stellten nur das letzte Glied eines nicht funktionierenden Teams da, konnten demnach gar nicht glänzen.
Jonathan Tah und Hiroki Ito erlebten hingegen eine fast perfekte Saison, eingebettet in Mannschaften, die traumhaft harmonierten und in denen das Verteidigen regelrechten Spaß bereitet. Der FC Bayern benötigt jedoch niemanden, der bei 30 Grad und Sonnenschein die perfekte Erfolgswelle reiten kann, sondern einen Abwehrspieler, der auch das Chaos beherrscht. De Ligt beherrscht das Chaos - zumindest so gut wie eben möglich.
Bayern-Umbruch auf wackligem Fundament
Der FC Bayern befindet sich in einer wegweisenden Phase, in der der Druck so groß, die Erfahrung einiger Verantwortlicher jedoch so gering wie selten ist. Vincent Kompany befindet sich wie sein Trainerteam in seinen 30ern, hat als Coach noch keine Top-Klub-Erfahrung. Umso wichtiger wäre es, wenn der Belgier zumindest auf eine Grund-Hierarchie zurückgreift, die aus Spielern besteht, die den FC Bayern kennen, für den Verein die Knochen hinhalten und andere Akteure führen können.
Folgerichtig wäre es schlüssig, auf die Führungs-Achse Neuer, de Ligt, Kimmich, Müller, Coman und Kane zu setzen, selbst wenn einzelne davon mal auf der Bank sitzen. Dies wäre eine Basis, auf der man einen Umbruch aufbauen kann, ohne der Mannschaft wichtige Ankerpunkte zu nehmen. Entfernt man nun jedoch gleich drei dieser sechs Spieler gleicht das einem Auto auf zwei Rädern, welches zum Einrad mutiert, sollten Manuel Neuer und Thomas Müller 2025 ihre Karrieren beenden.
Der Umbruch der Bayern kann sich unvorhersehbar entwickeln. Die Kombination aus überteuerten, aber verkaufsunwilligen Stars sowie der Unerfahrenheit und riskanten Spielidee von Vincent Kompany ist äußerst gefährlich. Kommt dann noch die Forderung der Bosse dazu, den Etat um 20 Prozent zu kürzen, wird aus einer Mammutaufgabe für Eberl fast schon ein Himmelfahrtskommando. Ein Umbruch selbst ist unerlässlich, droht jedoch in die völlig falsche Richtung zu gehen. Eine geringe Schuld hätte hieran der Münchner Sportvorstand, der schlichtweg nicht die passenden Voraussetzungen vorfindet.