FC Bayern: Warum Lewandowski und Co. Weltklasse sind
Von Christian Falk, Head of Football bei Sport Bild und Bild.
An einem Sonntag saß ich nach unserer BILD-TV-Sendung "Bayern Insider" noch zusammen in einer lockeren Runde mit meinen Gästen Jürgen Kohler, Weltmeister 1990, Michael Rummenigge, dreifacher Deutscher Meister, sowie Kevin Großkreutz, Weltmeister 2014. Die Kameras waren bereits abgeschaltet, als wir uns mehr und mehr in eine Diskussion vertieften: Geht es für junge Fußballer heute viel zu schnell mit dem Ruhm? Was mussten Profis früher leisten, um das Prädikat "Weltklasse" zu erhalten?
Ein junger BVB-Stürmer wie Yousoufa Moukoko wird schon als neuer Heilsbringer des deutschen Fußballs gefeiert, ohne eine einzige konstante Saison als Bundesliga-Profi absolviert zu haben. Derzeit ist er wieder einmal verletzt. Ein Jamal Musiala ist ohne Frage ein herausragendes Talent – einen Stammplatz beim FC Bayern hat auch er sich noch nicht erkämpft. Qualität allein reicht noch lange nicht, um sich das Prädikat "Weltklasse" zu verdienen! Dafür müssen Profis mit Ausnahmeleistungen immer wieder bestätigen, dass sie nicht nur sehr gut, sondern die Besten sind – vor allem in großen Spielen!
Ein Robert Lewandowski hat das wieder einmal getan, mit zwei Treffern im Spitzenspiel gegen Dortmund. Ein Thomas Müller bricht Saison für Saison ebenfalls einen Rekord nach dem anderen, aktuell mit den meisten Assists. Dass Manuel Neuer beim Ballon d’Or nur auf Platz fünf unter den Torhütern gewählt wurde, ist für mich mindestens genauso rätselhaft, wie der zweite Rang von Lewandowski hinter Lionel Messi. Neuer bringt Saison für Saison Weltklasse-Leistungen, und das seit fast einem Jahrzehnt. Für mich war er auch im Champions-League-Finale 2020 der entscheidende Mann. Wenn einem Kylian Mbappé vor dem Tor die Nerven beim Abschluss versagen, weil sich ein Neuer im Tor groß macht, sagt das schon sehr viel aus.
Neuer, Lewandowski, Müller – sie sind drei Garanten dafür, warum der FC Bayern sein Weltklasse-Niveau auch auf Neuzugänge überträgt. Ein Alphonso Davies kann in ihrem Schatten seine Tempoläufe und Dribblings perfektionieren und sich auch mal erlauben, Fehler zu machen. Leon Goretzka sagte mir nach dem Champions-League-Triumph einen Satz, der die Weitergabe des Münchner Siegergens vielleicht am besten beschreibt: "Wie soll ich mich nach einem Champions-League-Titel zufriedengeben, wenn ich sehe wie ein Thomas Müller oder Manuel Neuer, die das Triple bereits zweimal gewonnen haben, in jedem Training Gas geben, als wäre es ein Finale."
Die Generation Goretzka und Joshua Kimmich steht auch dank dieser Erkenntnis bereits an der Schwelle, sich in dieser Riege der Neuers, Lewandowskis und Müllers einzutragen.
Der FC Bayern impft den Spielern bei der Vertragsunterschrift nicht nur sein Siegergen ein. Der Klub sorgt in jedem Training dafür, dass in den täglichen Duellen mit Weltklassespielern die nächsten an dieses Ausnahmeniveau herangeführt werden.