Wirtz offen für Bayern-Wechsel - Wird die Strahlkraft von Oliver Kahn zum Trumpf?
Von Dominik Hager
Der FC Bayern wirkt auf dem Transfermarkt seit Beginn der Corona-Pandemie eher zurückhaltend und vorsichtig. Häufig war davon die Rede, dass man vermehrt auf junge Talente oder auf ablösefreie Spieler setzen möchte. Transfers wie den 80-Millionen-Euro-Kauf von Lucas Hernandez sind derzeit undenkbar. Selbst Oliver Kahn, der als Spieler oftmals die "Abteilung Attacke" vorgelebt hat, zeigt sich zumeist defensiv und rational. 90min hat mit Bayern-Insider und Head of Football der Sport Bild, Christian Falk, über die Rolle von Kahn und die Münchner Kader-Ausrichtung gesprochen.
Würgegriffe, Nasenbohrer und Kung-Fu-Tritte waren gestern mal. Oliver Kahn hat nach seinem Karriereende als Profi zu mehr Gelassenheit und Seriosität gefunden. "Oliver hat eine ziemliche Wandlung durchgemacht. Er ist sehr zum Unternehmer geworden und natürlich würde er gerne einen Klub auch so führen wie ein großes Unternehmen", beschrieb Falk die Entwicklung des Titans.
In seiner Rolle als Sportvorstand ist Kahn noch immer dabei zu wachsen und nimmt in Bezug auf Transfers und Vertragsverlängerungen eine immer zentralere Rolle ein.
Bayern benötigt Strahlkraft von Kahn
"Er hat jetzt auch gemerkt, dass egal wie gut er im Hintergrund arbeitet, alles davon abhängt, ob die Mannschaft gut oder schlecht spielt. Deswegen ist die Entwicklung aktuell so, dass er näher an die Mannschaft heranrückt", äußerte sich der Bayern-Kenner.
Hierzu gehört auch, dass er sich mit Manuel Neuer, Robert Lewandowski und Thomas Müller in Kürze zusammensetzen wird, um über die Verträge zu verhandeln.
Falk hält es für wichtig, dass Kahn "mehr Einfluss nimmt, sich einmischt und einbringt", weil er einfach über die nötige "Strahlkraft" verfügt. Der Insider erinnert auch an die Transfers von Robben und Ribery, die aufgrund des Gesamtpakets zustande kamen, "obwohl Bayern nicht unbedingt die höchsten Ablösen gezahlt hat". Dies sei nun auch wieder gefragt und dabei sei es wichtig, "wenn Kahn all-in geht und Brazzo unterstützt".
Man darf eben nicht unterschätzen, was die Namen Hoeneß und Rummenigge im europäischen Fußball für eine Bedeutung hatten. Da sich die beiden Urgesteine inzwischen zurückgezogen haben, ist Kahn nun die große Nummer im Verein, der aufgrund seiner grandiosen Karriere natürlich ein bekannter Mann ist.
An Kahn liegt es nun aber auch, ähnlich groß zu denken, wie es seine Vorgänger getan haben. Falk bemängelte, dass es im Bayern-Kader zu viel Mittelklasse mit einem zu hohen Gehalt gibt und forderte daher "lieber ein, zwei teurere Spieler, die die Mannschaft wirklich besser machen" und dafür "weniger Sarrs, Richards, die am Ende nicht weiterhelfen".
Chance bei Havertz verpasst: Schlägt der FC Bayern bei Wirtz zu?
Zudem empfahl der Bayern-Experte, dass sich der Verein vorrangig auf dem deutschen Markt umsehen sollte. Eines der größten Talente ist zweifelsfrei Florian Wirtz, der leider momentan noch an einem Kreuzbandriss laboriert, aber eine große Karriere vor sich haben dürfte. "Der FC Bayern muss da sein, wenn so einer auf dem Markt ist", forderte Falk.
Dieser wäre einem Bayern-Wechsel offenbar auch nicht abgeneigt. Wirtz sei ein Spieler, der, "wenn er am Tisch sitzt und über den FC Bayern redet", große Augen bekomme, weil das für den ein Traum wäre. "Was ich aus den Gesprächen gehört habe, ist, dass er sich das vorstellen könnte", fuhr Falk fort.
Anhand der Tatsache, dass Wirtz sich bereits in einem Münchner Lokal mit einem Unterhändler getroffen habe, der beim FC Bayern sehr eng vernetzt ist, wurden auch schon "Brücken gebaut, damit es irgendwann klappen könnte".
Damit könnten die Münchner das nachholen, was sie bei Havertz verpasst haben. Falk ist der Meinung, dass es ein Fehler war, den heutigen Chelsea-Star nicht geholt zu haben, da dieser sehr gut gepasst hätte und Hansi Flick den Spieler unbedingt haben wollte. "Genau solche Spieler muss der FC Bayern holen. Die Nationalspieler haben damals viel Werbung gemacht, also das war nicht unmöglich", blickte Falk zurück und erinnerte daran, dass die Münchner für Hernández eine ähnliche Summe gezahlt haben. "Wenn Wirtz nicht bei Bayern landet, wäre das der nächste große Fehler nach Havertz", bilanzierte er.
FC Bayern muss ein Käufer-Verein bleiben: Keine Kopie der Dortmund-Strategie
Selbst wenn die Bosse solche Transfersummen derzeit ablehnen, glaubt Falk nicht, dass sich an der grundsätzlichen Ausrichtung des Vereins etwas ändert und man ähnlich wie Dortmund beginnt, Talente zu kaufen und teurer zu verkaufen.
"Das Problem ist, dass der FC Bayern den Spielern nicht die Spielzeit bieten kann, wie es Dortmund kann, die Zeit haben, einen Bellingham oder Haaland aufzubauen", erklärte der Bayern-Experte. Der FC Bayern müsse "immer funktionieren, gewinnen und am Ende wird der Trainer nicht gefragt, wie viele Talente er entwickelt und teuer verkauft hat, sondern wie viele Titel geholt wurden".
Als großer Verkäufer-Verein ist der FC Bayern - egal ob bei jung oder alt - ohnehin nicht in Erscheinung getreten. Dies muss er laut Falk aber auch gar nicht, der daran erinnert, dass sich der FC Bayern das Standing hart erarbeitet hat und "Rummenigge und Hoeneß ganz stolz darüber waren", dass der FC Bayern nicht mehr "Verkäufer-Verein wie Dortmund", sondern "Käufer-Verein" geworden ist.
Aufgrund der Tatsache, dass die Münchner mehr zahlen können als die nationale Konkurrenz, müsse der FC Bayern nach Ansicht des Insiders auch genauso handeln. Dies wären dann eben unter anderem Transfers wie Schlotterbeck oder Wirtz.
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