FC Bayern: Das Zentrum auch gegen Hertha BSC als größte Schwachstelle
Von Florian Bajus

Im verschneiten Olympiastadion setzte sich der FC Bayern mit 1:0 gegen Hertha BSC durch. Die Stimmen zum Spiel klangen positiver als die Leistung auf dem Platz tatsächlich war - dennoch können die Münchner mit dem fünften Sieg in Folge zufrieden sein.
Wieder ein Sieg, wieder kein Gegentor. Die beiden Niederlagen gegen Borussia Mönchengladbach und Holstein Kiel hatten rückblickend einen Hallo-Wach-Effekt für den FC Bayern, der alle Partien seit dem Pokal-Aus mit einem Torverhältnis von 12:2 gewonnen hat. Die Aufgabe bei Hertha BSC wurde vor dem (verspäteten) Abflug in Richtung Doha erfüllt, entsprechend zufrieden war Hasan Salihamidzic: "Ich denke, dass wir verdient gewonnen haben", wird der Sportvorstand auf der Vereinswebsite zitiert.
Besonders Torschütze Kingsley Coman habe "ein gutes Spiel gemacht", indem er "die Situationen gesucht im Eins-gegen-eins" gesucht und "sich selbst belohnt" habe. "In der zweiten Halbzeit hatten wir ein paar Ballverluste, die wir nicht haben wollten. Die Chance kurz vor Schluss von Cunha darf nicht passieren", mahnte Salihamidzic zwar, aber: "Im Großen und Ganzen sind wir zufrieden, dass wir die drei Punkte mitnehmen können."
FC Bayern: Das Zentrum war wieder einmal undicht
Die Sichtweisen auf das Spiel gegen den Ball waren indes unterschiedlich. So erklärte Cheftrainer Hansi Flick, seine Mannschaft habe "gegen den Ball immer mal ein paar Phasen überstehen müssen, aber die Mannschaft hat es sehr gut gemacht". Thomas Müller wies derweil darauf hin, "dass die Null wieder öfters steht. Das liegt daran, dass wir eine bessere Tiefenstaffelung haben, aber natürlich braucht man auch etwas Spielglück."
Dabei wackelte die Null gerade gegen die Hertha, die in der ersten Halbzeit in Person von Dodi Lukebakio (2.) und Krzysztof Piatek (7., 13., 20., 31., 41.) zu zahlreichen Chancen kam. Die 4-1-4-1-Formation der Münchner bot den Berlinern immer wieder Raum im Zentrum, und kaum war das Mittelfeld überspielt, ging es mit Tempo in die Tiefe - da half auch die von Müller hervorgehobene Dreierabsicherung nur wenig.
Als alleiniger Sechser benötigt Joshua Kimmich Unterstützung, sei es durch das Fallenlassen der höher postierten Zentrumsspieler oder bei eigenem Ballbesitz durch das Einrücken eines Außenverteidigers. Beides war allerdings nicht immer der Fall, und so wurden die Bayern zwar dank seiner Chipbälle gefährlich, richtig kombinativ wurden die Angriffe aber nur selten gespielt, und nach Ballverlusten mangelte es an Stabilität. So wurden die Innenverteidiger Niklas Süle und David Alaba einige Male in die Bredouille gebracht, im Verbund vermochten beide aber nicht ihre beste Leistung zu liefern und ließen somit einige Abschlüsse zu.
Allerdings ist die Abwehrleistung im zweiten Durchgang positiv hervorzuheben, die einzige gefährliche Möglichkeit für die Hertha hatte Matheus Cunha in der 88. Minute auf dem Fuß - sein Heber landete jedoch neben dem statt im Tor. Insofern haben Flick und Müller mit ihren Aussagen durchaus recht; sehr gut war die Leistung im Berliner Olympiastadion aber nicht.
Das Dilemma der Außenverteidiger
Auffällig waren darüber hinaus weiterhin die Probleme, die die Bayern die gesamte Saison über begleiten. In Ballbesitzphasen des Gegners rund um den Strafraum herrscht nicht selten eine gefährliche Passivität, die entscheidende Pässe in den Sechzehner erlaubt. Darüber hinaus bleibt das Kreieren von eigenen Torchancen auf den Außenbahnen ein Problem, da Alphonso Davies derzeit der einzige Außenverteidiger ist, der seinem Flügelpartner unter die Arme greift. Weder Lucas Hernandez noch Benjamin Pavard hinterliefen am Freitagabend den Flügelspieler oder rückten so weit auf, dass sie sich für das Kombinationsspiel oder Flanken angeboten haben.
Zwar zeigte sich Hernandez nach dem Seitenwechsel engagierter, insgesamt war es aber zu wenig. Das mag der Dreierabsicherung geschuldet sein, weshalb Flick eine Lösung für dieses Dilemma finden muss: Wie kann die Mannschaft weiterhin ihre Offensivstärke auf Außen ausspielen, ohne die Stabilität in der Endverteidigung zu verlieren? Findet er darauf keine Antwort, dürften sich die Bayern auch in den kommenden Wochen schwertun.