FC Bayern 2022 vs. BVB-Meistermannschaft 2012: Die Teams im Head-to-Head-Vergleich
Von Dominik Hager
Am Samstagabend ist es wieder so weit: Der FC Bayern empfängt Borussia Dortmund. Das Spiel ist jedoch entgegen vielleicht mancher Erwartungen vermutlich nicht mehr entscheidend für den Titelkampf, sondern zieht seine Relevanz mehr aus der Frage, ob die Münchner die Meisterschaft schon fix machen können.
Für den FC Bayern wäre es der zehnte Titelgewinn in Serie, nachdem in den Jahren 2010/11 und 2011/12 der BVB die Meisterschaft gewinnen konnte. Doch sind die Bayern einfach nur besser als zwischen 2010 und 2012 oder Schwarz-Gelb einfach nur schwächer als in der Klopp-Ära? Hätte die Dortmunder Truppe von damals eine Chance, den Münchnern den Meistertitel streitig zu machen? Unser Head-to-head-Vergleich soll Aufschlüsse liefern.
In der Meister-Saison 2011/12 gewann der BVB den Titel mit 81 Punkten. Die Bayern wurden seither neunmal in Folge mit durchschnittlich 83,55 Punkten Meister. Nur in drei Spielzeiten holte man dabei weniger Zähler als der BVB 11/12: In der Saison 14/15 unter Pep Guardiola (79 Punkte), 18/19 unter Niko Kovac (78 Punkte) und 20/21 unter Kovac und später Hansi Flick (78 Punkte).
Tor: Roman Weidenfeller - Manuel Neuer
Der Vergleich mag auf dem ersten Blick deutlich ausfallen. Man darf aber nicht vergessen, dass auch Roman Weidenfeller in seiner Primetime extrem stark war. Diese hielt nur bei Weitem nicht so lange an, wie jene von Manuel Neuer. Der Bayernn-Kapitän hat noch nicht merklich nachgelassen und gehört noch immer zu den weltbesten Keepern. Vor allem ist der 36-Jährige kompletter als es Weidenfeller je war. Demnach geht der Punkt nach München.
-> Punkt für den FC Bayern: 0:1
RV: Lukasz Piszczek - Benjamin Pavard
Es gibt kaum einen Spieler, der so für die erfolgreiche Zeiten der Dortmunder steht wie Lukasz Piszczek. Der Pole kam als No-Name von der Hertha und hat eine unfassbare Entwicklung unter Jürgen Klopp durchlaufen. Mit seiner Athletik, Physis und seiner enormen Kampfstärke brachte er all das auf das Feld, was den BVB stark gemacht hat. In stärksten Zeit gehörte Pszczek zu den besten Rechtsverteidigern in Europa. Pavard ist fast immer solide und eine feste Größe, jedoch auch selten außergewöhnlich gut und zieht gegen Prime-Piszczek den Kürzeren.
-> Punkt für den BVB: 1:1
IV: Neven Subotic - Niklas Süle
Die wirkliche Hochphase der Karriere von Neven Subotic umfasste nur eine recht kurze Zeitspanne. Später wurde er von zahlreichen Verletzungen zurückgeworfen. Der heute 33-Jährige gehörte aber in der erfolgreichsten BVB-Zeit zu den absoluten Leistungsträgern und größten Innenverteidiger-Talenten Europas. Der Serbe war ganz nah dran an der Weltklasse, was man heute zu Niklas Süle auch sagen kann. Der Bayern-Star ist fußballerisch der bessere Spieler, jedoch konnte Subotic das an der Seite von Hummels ganz gut kompensieren.
-> Punkt für beide: 2:2
IV: Mats Hummels - Lucas Hernández
Mats Hummels war für den BVB ein absoluter Erfolgsgarant. Mit seiner Spielintelligenz, seiner Stärken im Zweikampf, Kopfball und im Spielaufbau entwickelte sich Hummels zu einem der besten Innenverteidiger der Welt. Selbst seine Tempo-Defizite fielen nicht groß ins Gewicht. Der FC Bayern wird sich bei 80-Millionen-Mann Hernández ähnliche Leistungen erhofft haben. Dazu war der Franzose bis jetzt aber nicht in der Lage. Der Innenverteidiger hat sich nach seinem schwachen Beginn gut gesteigert und überzeugt mit seiner aggressiven Zweikampfführung, an den Hummels von damals kommt er aber nicht ran.
-> Punkt für den BVB: 3:2
LV: Marcel Schmelzer - Alphonso Davies
Marcel Schmelzer hat perfekt zum Klopp-Fußball gepasst, ist in einer funktionierenden Mannschaft aber sicher zum Teil auch ein wenig mitgeschwommen. Trotzdem ist es ihm zu dieser Zeit immer wieder gelungen, mit Arjen Robben einen der besten Flügelspieler der Welt gut zu verteidigen. Fußballerisch ist Schmelzer aber natürlich nie ein großer Kicker gewesen. Alphonso Davies hat beim FC Bayern bombastisch eingeschlagen und inzwischen auch gezeigt, dass er Rückschläge verarbeiten kann. In Top-Form ist der Kanadier einer der besten Linksverteidiger der Welt.
-> Punkt für den FC Bayern: 3:3
DM: Sven Bender - Joshua Kimmich
Die beiden Sechser unterscheiden sich natürlich in ihrer Spielanlage erheblich. Bender kam insbesondere über seine Athletik, Kampfkraft und Zweikampfstärke, wodurch er Anfang der 2010er einer der besten Spielzerstörer in Europa war. Joshua Kimmich ist defensiv weniger stark, dafür aber mit dem Ball um Längen besser. Der Münchner ist ein fast kompletter Mittelfeldspieler und gehört zu den besten auf seiner Position. Bender war hingegen immer mehr der Spezialist für das Grobe.
-> Punkt für den FC Bayern: 3:4
ZM: Ilkay Gündogan - Leon Goretzka
Die beiden deutschen Nationalspieler unterscheiden sich ebenfalls erheblich. Gündogan ist der feinere Kicker und im Passspiel deutlich überlegen. In seiner besten Zeit beim BVB war er jedoch auch athletisch noch stärker, als er es jetzt ist. In Sachen Zweikampfstärke und Physis ist Goretzka aber natürlich trotzdem ein anderes Level. Trotzdem konnte Gündogan dem BVB-Spiel damals noch mehr den Stempel aufdrücken, als es Goretzka heute bei den Bayern macht.
-> Punkt für den BVB: 4:4
RA: Jakub Blaszczykowski - Serge Gnabry
"Kuba" war nicht umsonst Publikumsliebling in Dortmund. Der Pole ackerte unermüdlich und war neben seiner offensiven Qualitäten auch in der Defensive sehr nützlich. Der Rechtsaußen war ein Teamspieler per excellence, selbst wenn andere mehr im Vordergrund standen. Seine tollen Flanken machten ihn jedoch zu einem ganz wichtigen Vorbereiter, wenngleich er selbst eher selten traf. In Sachen Torgefahr ist Gnabry dem Dortmunder um Längen voraus, jedoch nicht was die Eigenschaften Verlässlichkeit, Kampfgeist und Mannschaftsdienlichkeit angeht. In seiner Top-Zeit konnte Kuba mit Gnabry - wenn auch auf eine andere Weise - mithalten.
-> Punkt für beide: 5:5
OM: Shinji Kagawa - Thomas Müller
Kagawa kam als absoluter No-Name aus Japan, konnte jedoch von Beginn an zeigen, dass der BVB damit einen absoluten Coup gelandet hat. Der Zehner glänzte mit seiner Kreativität, seiner Unbeschwertheit und trat sowohl als Vorlagengeber, als auch als Torschütze in Erscheinung. Thomas Müller ist für das Bayern-Spiel insbesondere als genialer Assistent von Lewandowski und Lautsprecher unersetzlich. Der Münchner macht viele Tore und bereitet noch mehr vor. Selbst wenn er derzeit eine kleine Krise hat, ist der "Raumdeuter" vor Prime-Kagawa anzusiedeln, weil er als Führungsspieler einfach eine größere Wichtigkeit hat.
-> Punkt für den FC Bayern: 5:6
LA: Mario Götze - Kingsley Coman
In einem 100-Meter-Sprint hätte Mario Götze wahrscheinlich Tage später noch Alpträume, weil er von Coman haushoch bezwungen worden wäre. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass auch Götze mal deutlich flinker war, als das heute der Fall ist. Der inzwischen 29-Jährige galt Anfang der 2010er als mit das größte Talent in Europa. Der offensive Mittelfeldspieler vereinte Spielwitz, Kreativität und Effektivität wie kaum ein anderer und wurde als potentieller zukünftiger Weltfußballer gehandelt. Kingsley Coman ist inzwischen auch ein absoluter Top-Flügelspieler, der mit seinen Dribblings und seiner Geschwindigkeit stets für Unruhe sorgt, an die Effizienz vom damaligen Götze kommt er jedoch nicht ganz heran.
-> Punkt für den BVB: 6:6
ST: Robert Lewandowski - Robert Lewandowski
Die Entscheidung muss wohl oder übel Robert Lewandowski liefern. Es gibt nicht viele Spieler, die mit 33 besser sind, als sie es mit 23 waren, jedoch gehört Lewandowski zu diesen Kickern. Der Pole gehörte damals schon zur Weltklasse. Bezeichnend dafür waren seine fünf Tore in zwei Spielen gegen Real Madrid. Dieses Kunststück hat er bei den Bayern nie fertig gebracht. Zieht man jedoch alle Spiele in Betracht muss man schon festhalten, dass Lewandowski noch mal stärker geworden ist. Seine aktuelle Saison ist zwar ein klein wenig schwächer als die Mega-Saison 2020/21, jedoch sind seine Zahlen auch in dieser Spielzeit besser als vor zehn Jahren.
-> Punkt für den FC Bayern: 6:7
Fazit:
Der FC Bayern darf froh sein, dass die Dortmunder Mannschaft nicht mehr so stark ist, wie Anfang der 2010er Jahre. Wäre das der Fall, hätten wir am Samstagabend vermutlich einen Klassiker, bei dem offen um die Meisterschaft gekämpft werden würde. Eine Serie von zehn Meisterschaften am Stück hätten die Bayern wohl nie hinlegen können. Zwar gewinnt der FC Bayern unseren Head-to-Head-Vergleich mit Ach und Krach, jedoch erkennt man ganz gut, auf welch hohem Niveau der BVB damals war.