Hoffenheim zwischen Genie und Wahnsinn: 6 Erkenntnisse zum 6. Spieltag der Frauen-Bundesliga

Die TSG Hoffenheim und Eintracht Frankfurt sorgten für das Highlight  des 6. Spieltags
Die TSG Hoffenheim und Eintracht Frankfurt sorgten für das Highlight des 6. Spieltags / Christof Koepsel/GettyImages
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Im Mittelpunkt des 6. Spieltags stand eindeutig das Spitzenspiel zwischen der TSG Hoffenheim und Eintracht Frankfurt. Beide Teams lieferten sich ein packendes Duell - und spannende Erkenntnisse. Dasselbe gilt für die Tabellenschlusslichter aus Essen und Potsdam sowie die beiden Aufsteiger aus Meppen und Duisburg. Der SC Freiburg ließ erneut mit einem Kantersieg aufhorchen. Und der VfL Wolfsburg tat das, nun ja, was der VfL Wolfsburg nun mal immer tut...

Die Erkenntnisse zum 6. Spieltag im Überblick:


1. Hoffenheim - ein Team zwischen Genie und Wahnsinn

Katharina Naschenweng
Vorne hui, hinten pfui: Die TSG Hoffenheim zeigt in dieser Saison zwei Gesichter / Christof Koepsel/GettyImages

Unterhaltsam, das sind die Spiele der TSG Hoffenheim in letzter Zeit definitiv. Dazu reicht schon ein Blick auf die vergangenen Ergebnisse: 3:2, 3:2, 3:3 – und jedes Mal ein Tor nach der 80. Minute. In der Schlussphase dreht das Team von Gabor Gallai nochmal so richtig auf, Unaufmerksamkeiten der Gegnerinnen werden eiskalt bestraft. Dank zwei späten, sehenswerten Toren von Katharina Naschenweng – ein Distanzschuss genau unter die Latte und ein technisch gut gemachter Volley - holte Hoffenheim nach 1:3-Rückstand doch noch einen Punkt gegen Frankfurt.

Und der war hochverdient: Anders als es der Zeitpunkt der Tore vermuten lässt, hatte Hoffenheim über die 90 Minuten mehr vom Spiel und die besseren Chancen. Offensiv war es die vermutlich beste Saisonleistung bis dato, die TSG zeigte mit gefälligen Kombinationen und geschickten Verlagerungen wieder, was sie so stark machen kann.

Neben offensiven Geniestreichen zeichnet Hoffenheim diese Saison aber auch eine chronische Instabilität in der Verteidigung aus. Die hohe Kette kann zu einfach von den Gegnerinnen überspielt werden, immer wieder klaffen Lücken zwischen Innen- und Außenverteidigerinnen. Hoffenheim will am Ende der Saison in die Champions League, und das Aufbauspiel hat das Zeug dazu, sie weit zu bringen. Aber aktuell stehen sie bloß in einer anderen Tabelle auf dem dritten Platz, und der ist weniger rühmlich: Laut der Statistik-Plattform The Analyst haben nur Essen und Duisburg bessere Chancen zugelassen als Hoffenheim. Der xG-against-Wert der Kraichgauerinnen ist der drittschlechteste der Liga.


2. Frankfurt: Brutal effizient, aber same old problems am Main

Niko Arnautis
Niko Arnautis konnte nach dem 3:3 in Hoffenheim nicht zufrieden sein / Alex Grimm/GettyImages

Immer wieder das gleiche Spiel in Frankfurt: Die Eintracht schießt zwar unter Niko Arnautis einige Tore und kommt mit schnellem Umschaltspiel gut vor den Kasten. Eine brutale Effizienz sorgt dann dafür, dass auch aus Halbchancen oft Tore werden, so auch wieder gegen Hoffenheim.

Aber trotzdem wird Arnautis nicht ganz zufrieden sein mit der Art, wie sein Team gegen die spielbestimmende TSG auftrat. Und das hat weniger damit zu tun, dass Frankfurt eine 3:1-Führung noch aus der Hand gab, als mit der generellen Spielanlage. Sophia Kleinherne bemängelte nach dem Spiel: "Es ist unser Anspruch, gerade nach einer Führung reifer zu sein, mehr Charakter zu zeigen und drei Punkte mitzunehmen." Aber die beiden Naschenweng-Tore nur mit einem Mangel an Reife zu erklären, greift zu kurz.

Frankfurt hatte insgesamt Probleme, sich konstruktiv nach vorne zu spielen. Gleichzeitig taten sich die Hessinnen schwer, den Hoffenheimer Spielaufbau zu unterbinden. Der spielerische Kontrast zwischen den beiden Teams wurde im Topspiel recht deutlich. Den Punktgewinn für Frankfurt kann man wegen der Effizienz und Kampfbereitschaft der Eintracht trotzdem als verdient bezeichnen. Aber der nächste Schritt für die SGE bleibt es, variabler zu werden und sich nach vorne zu kombinieren.


3. Schmerzhafte Niederlagen für Essen und Potsdam: Sorgen der reinen Frauenvereine werden größer

Sophia Winkler
Die SGS Essen und Sophia Winkler haben schon bessere Zeiten erlebt / Christof Koepsel/GettyImages

Für Frauenfußball-Traditionalisten ist der Blick auf die Tabelle aktuell ein trauriger: Mit der SGS Essen und Turbine Potsdam finden sich die zwei verbliebenen reinen Frauenfußball-Vereine im tiefsten Abstiegskampf wieder. Den beiden war schon eine schwierige Zukunft prognostiziert worden, aber es sieht danach aus, als könnte diese noch früher kommen als gedacht.

Beide Defensiven offenbarten am sechsten Spieltag erneut eklatante Mängel – so wird es sehr schwierig mit dem Klassenerhalt. Und während bei Essen wenigstens der Angriff amAnfang der Saison teils vielversprechende Leistungen brachte, war auch dieser Teil des Teams beim 0:6 gegen Bayer Leverkusen ein Totalausfall. Statt mutigem Spiel nach vorne setzte die SGS wieder auf lange Bälle – ohne viel Erfolg. Eine solche Klatsche gegen Bayer - eigentlich auch nicht der Ausdruck von Offensivpower schlechthin – zeigt, dass einiges im Argen liegt.

Für Turbine Potsdam gilt das nochmal mehr, denn erneut ging das Team von Sebastian Middeke unter, dieses Mal mit 0:5 gegen den SC Freiburg. Es sind vor allem die Basics, an denen es Essen und Potsdam mangelt: Zweikampfführung, Raumaufteilung, Bälle klären… Immer wieder wurde die Verteidigung von Turbine mit nur zwei Pässen ausgehebelt. Harte Arbeit steht für beide an, wenn sie unten wieder rauskommen wollen.


4. Merk wechselt Sieg ein: Freiburg mit neuer Kaderbreite

Theresa Merk
Theresa Merk mischt mit dem SC die Liga auf / Sebastian Widmann/GettyImages

Bei Potsdam kommen zu alldem noch die Verletzungssorgen. So fiel etwa Kapitänin Noemi Gentile, bis dahin die beste Akteurin der Turbine gewesen, schon früh in der Saison aus. Zudem hat sich gezeigt, dass einige der neu geholten Spielerinnen schlicht noch nicht bereit für das Niveau der Bundesliga sind. Daher fehlt es Sebastian Middeke an Möglichkeiten von der Bank, um ein Spiel noch zu drehen.

Ganz anders sah es ein paar Meter weiter beim SC aus, denn dort wechselte Theresa Merk den Sieg ein: Gleich vier Joker stachen und sorgten so für gleich fünf Tore in der zweiten Halbzeit. Freiburg hat sich in der Sommerpause sehr sinnvoll verstärkt und besitzt etwa mit Chiara Bouziane oder der formstarken und erst 17-jährigen Cora Zicai gute Optionen gegen müde Beine. Auch dass Judith Steinert, mit viel Bundesliga-Erfahrung und Qualität aus Hoffenheim gekommen, bisher eher von der Bank kam, zeigt den Konkurrenzkampf im SC-Kader.


5. Fahrstuhlmannschaften Meppen und Duisburg - denkste!

MSV Duisburg v TSG Hoffenheim - FLYERALARM Frauen Bundesliga
Miray Cin (links) und der MSV Duisburg dürfen sich berechtigte Hoffnungen auf den Klassenerhalt machen / Neil Baynes/GettyImages

Der SV Meppen und der MSV Duisburg steigen in die Bundesliga auf - da war doch was? Richtig! Bereits vor zwei Jahren schafften die Emsländerinnen und der MSV den Sprung ins Oberhaus. Für beide Vereine blieb es allerdings ein kurzes Gastspiel. Am Ende der Saison standen der letzte und der vorletzte Platz und damit die Rückkehr in Liga zwei.

Viele (vermeintliche) Experten hatten vor der Saison befürchtet, dass sich das Gleiche nun wiederholen könnte. Zu gering schien die Qualität im Kader der beiden Aufsteiger, um in der Bundesliga bestehen zu können. Bisher aber trotzen die Zebras und der SVM allen Unkenrufen.

Mit sieben (Duisburg) und sechs Punkten (Meppen) stehen beide Teams deutlich über dem Strich. Dabei ist es nicht einmal so sehr die respektable Punktausbeute, die Hoffnung auf einen längeren Verbleib in der Liga macht. Nico Schneck und Carin Bakhuis haben zwei geschlossene Kollektive geformt, die mit Kampfgeist, Disziplin und Leidenschaft jedem Gegner wehtun können. Wenn die Aufsteiger diese Herangehensweise beibehalten, steht dem Klassenerhalt nichts im Weg.


6. Langeweile an der Tabellenspitze: Wolfsburg zieht einsame Kreise

Rebecka Blomqvist, Svenja Huth
Der VfL Wolfsburg marschiert mit großen Schritten in Richtung Titelverteidigung / Cathrin Mueller/GettyImages

Ja, das Grinsen der VfL-Fans mag angesichts von sechs Siegen in sechs Spielen recht breit sein. Ja, angesichts der spielerischen Dominanz, der individuellen Qualität und der famosen Kaderbreite stehen die Wölfinnen zurecht ganz oben. Nein, dem neutralen Fan macht das keinen Spaß.

Mit dem knappen, aber insgesamt doch verdienten 3:2-Erfolg in Bremen haben die Niedersachsen ihren Vorsprung auf Platz zwei auf vier Punkte ausgebaut. Nun könnte man sagen: Es ist doch gerade einmal ein Viertel der Saison rum, die Messe ist längst noch nicht gelesen, vier Punkte lassen sich schneller aufholen als man denkt.

Alles richtig. Führt man sich allerdings vor Augen, wie souverän die Wölfinnen - das Bremen-Spiel ausgeklammert, das sie am Ende ja trotzdem gewannen - bisher durch die Liga spazieren und wie träge sich die Konkurrenz präsentiert, schwinden die Hoffnungen auf einen spannenden Meisterschaftskampf.

Die Bayern sind unter dem neuen Trainer Alexander Straus noch lange nicht dort, wo sie sein wollen. Außerdem sind die Münchnerinnen von Verletzungen gebeutelt. Die zweitplatzierten Frankfurterinnen haben beim 3:3 in Hoffenheim gezeigt, dass der letzte Schritt hin zur absoluten Spitzenmannschaft noch vor ihnen liegt. Und der VfL? Verzichtete gegen Werder komplett auf Jill Roord und Ewa Pajor, brachte Sveindis Jonsdottir nur von der Bank und kann in Zukunft wohl auch noch auf Rekonvaleszentin Marina Hegering bauen. Reservisten Rebecka Blomqvist schnürte bei ihrem Startelf-Debüt übrigens einen Doppelpack - mit freundlichem Gruß an die Konkurrenz...


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