Die Defensive bereitet Sorgen: 7 Erkenntnisse zum Sieg der DFB-Frauen gegen Frankreich

Linda Dallmann und die DFB-Elf gewannen zwar mit 2:1, offenbarten aber große Mängel in der Defensive
Linda Dallmann und die DFB-Elf gewannen zwar mit 2:1, offenbarten aber große Mängel in der Defensive / Boris Streubel/GettyImages
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Die deutsche Frauenfußball-Nationalmannschaft hat das Freundschaftsspiel gegen Frankreich mit 2:1 für sich entschieden. Die Partie gegen die Equipe Tricolore lieferte zahlreiche Erkenntnisse, die eine nähere Betrachtung verdienen.


1. Die Defensive muss stabiler werden

Grace Geyoro, Kathrin Hendrich, Peyraud Magnin
Die deutsche Defensive um Kathrin Hendrich wirkte alles andere als sicher / Thomas Eisenhuth/GettyImages

Dass die Elf von Martina Voss-Tecklenburg den Platz als Sieger verließ, war maßgeblich der schwachen französischen Chancenverwertung zu verdanken. Insbesondere im ersten Durchgang hatte die deutsche Mannschaft erhebliche Schwierigkeiten mit dem hohen Pressing der Französinnen und leistete sich eine beachtliche Zahl an Ballverlusten im Spielaufbau. Les Bleus kamen dutzende Male aus aussichtsreichen Positionen zum Abschluss, wobei sie weniger an Deutschlands Torhüterin Merle Frohms scheiterten, sondern vielmehr am eigenen Unvermögen.

Die Probleme der deutschen Defensivabteilung hatten – neben der schlicht großen französischen Qualität – damit zu tun, dass das DFB-Team die Ausfälle von Giulia Gwinn, Sara Däbritz und Lina Magull nicht kompensieren konnte. Weder Nicole Anyomi noch Linda Dallmann und Lena Lattwein vermochten die drei Stammkräfte adäquat zu ersetzen. Trotzdem machte das Frankreich-Spiel deutlich, dass sich die Bundestrainerin auf die Tiefe ihres Kaders verlassen kann...

2. Brand und Lohmann drängen in die Startelf

Sydney Lohmann, Jule Brand
Sydney Lohmann (links) und Jule Brand (rechts) zeigten eine gute Leistung / Thomas Eisenhuth/GettyImages

...denn sowohl Jule Brand als auch Sydney Lohmann, beide zur Halbzeit gekommen, empfahlen sich für weitere Einsätze. Brand sorgte mit einem tollen Pre-Assist für das 2:0, Lohmann belebte das Spiel merklich und gefiel mit ihrer Dynamik. Die ausgewechselten Linda Dallmann, Lena Lattwein und Klara Bühl müssen sich in Zukunft warm anziehen. Für Bühl gilt dies umso mehr, als dass sich die junge Münchnerin seit einiger Zeit schon in einem Leistungsloch befindet.

3. Bühl weiter im Formtief

Klara Buehl
Klara Bühl sucht nach ihrer EM-Form / Pool/GettyImages

Die 21-Jährige fand gegen die Französinnen nicht aus ihrem Formtief. Bühl trat kaum in Erscheinung und musste schon nach 45 Minuten vom Feld. Das gleiche war der Linksaußen schon beim letzten Bundesliga-Spiel in Duisburg passiert. Zuvor, an den ersten beiden Spieltagen und in den Champions-League-Playoffs, hatte sie auch nicht ansatzweise an ihre tollen EM-Auftritte anknüpfen können.

Allerdings gilt es zu bedenken, dass Bühl nach wie vor am Anfang ihrer Karriere steht und Leistungsschwankungen in ihrem Alter normal sind. Sollte sie bis zur Winterpause nicht zurück in die Spur finden, kann man sich vielleicht ernsthafte Sorgen machen. Aber auch nur dann.

4. Anyomi hat als Rechtsverteidigerin keine Zukunft

Nicole Anyomi, Busem Seker
Nicole Anyomi kommt auf der Außenverteidiger-Position nicht zurecht / Maja Hitij/GettyImages

Anders sind die Dinge bei Nicole Anyomi gelagert. Voss-Tecklenburg hat die Offensivspielerin im Zuge der EM zur Außenverteidigerin umfunktioniert und plant Anyomi offenbar langfristig auf dieser Position ein. Dieses Vorhaben sollte die Bundestrainerin nach dem Frankreich-Duell zu den Akten legen – auch wenn mit Giulia Gwinn die etatmäßige Rechtsverteidigerin wohl monatelang fehlen wird.

Das Frankreich-Duell legte Anyomis Schwächen gnadenlos offen. Viel zu eklatant sind ihre Mängel im Zweikampfverhalten, viel zu wenig ist sie mit den Anforderungen auf der defensiven Außenbahn vertraut. Zum Vorwurf kann man der 22-Jährigen diese Unzulänglichkeiten nicht machen. Zum einen ist Anyomi ausgebildete Angreiferin, zum anderen kommt sie bei Eintracht Frankfurt nach wie vor ausschließlich vorne zum Einsatz.

Als Ersatz für die verletzte Gwinn bieten sich vielmehr Anyomis Klubkollegin Sophia Kleinherne sowie Bayerns Maximiliane Rall an. Weitere Kandidatinnen sind Carolin Simon (ebenfalls FC Bayern) und Leonie Maier vom FC Everton. Allerdings ist Simon auf der linken Seite beheimatet und Maier in der WSL nur Ergänzungsspielerin.

5. Nüsken spielt sich in den Fokus

Sjoeke Nuesken
Sjoeke Nüsken überzeugte in der Abwehrzentrale / Maja Hitij/GettyImages

Bereits im Vorfeld des Länderspiels hatte 90min darüber berichtet, dass sich Nüskens Positionsverschiebung im Verein für den DFB lohnen könnte. Tatsächlich durfte die 21-Jährige gegen Frankreich dort beginnen, wo sie neuerdings auch bei Eintracht Frankfurt zum Einsatz kommt: In der Innenverteidigung.

Nach der Leistung gegen die Französinnen spricht nichts dagegen, Nüsken, die normalerweise im Mittelfeld spielt, weiterhin in der Viererkette aufzubieten. Die gebürtige Westfälin war mit ihrer Zweikampfstärke und ihren Fähigkeiten im Spielaufbau die beste DFB-Akteurin auf dem Platz. Zumindest nach Alexandra Popp...

6. Im Sturmzentrum führt an Alex Popp kein Weg vorbei

Alexandra Popp, Felicitas Rauch
Alexandra Popp knüpfte nahtlos an ihre grandiosen EM-Leistungen an / Thomas Eisenhuth/GettyImages

Die Kapitänin erzielte wie schon im EM-Halbfinale einen Doppelpack und führte ihre Mannschaft mit beeindruckendem Siegeswillen zum 2:1-Erfolg. Konkurrentin Lea Schüller wird sich bis auf Weiteres mit der Jokerrolle zufriedengeben müssen.

Ganz ähnlich wird es Popp selbst wohl weiterhin im Verein beim VfL Wolfsburg ergehen. Dort wartet die 31-Jährige vergeblich darauf, von Trainer Tommy Stroot endlich aus dem Mittelfeld ins Sturmzentrum beordert zu werden, wo die treffsichere Polin Ewa Pajor die Nase vorne hat. Das Wolfsburger System funktioniert zu gut, als dass Stroot an dieser Konstellation etwas Grundlegendes ändern würde.

7. Die EM-Euphorie ist keine Eintagsfliege

Germany v France - Women's International Friendly
Die Fans im Dresdner Rudolf-Harbig-Stadion sorgten für eine stimmungsvolle Atmosphäre / Thomas Eisenhuth/GettyImages

Nach der Rekord-Europameisterschaft mit zahlreichen Zuschauer- und TV-Bestwerten gab es die Befürchtung, dass das Interesse am deutschen Frauenfußball schon bald rapide zurückgehen könnte. Gut zwei Monate nach dem Turnier lässt sich festhalten, das der deutsche Frauenfußball nach wie vor von der EM-Euphorie profitiert.

Nachdem schon die ersten drei Bundesliga-Spieltage deutlich mehr Zuschauer anzogen als in den vergangenen Jahren, fanden auch am Freitagabend beeindruckende 26.835 Fans den Weg ins Dresdner Rudolf-Harbig-Stadion und verliehen dem Prestigeduell zwischen Deutschland und Frankreich einen angemessenen Rahmen. Dass die Partie außerdem zur Primetime in der ARD übertragen wurde, rundete einen gelungenen Fußballabend ab.


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