Erdogan fährt nach Wolfsgruß-Debatte zum Türkei-Viertelfinale nach Berlin
Von Hendrik Gag
Der sportliche Erfolg der türkischen Nationalmannschaft bei der EM in Deutschland rückt immer mehr in den Hintergrund. Der türkische Präsident Recep Erdogan wird zum Viertelfinale der Türkei gegen die Niederlande nach Berlin reisen, das berichtet die Deutsche Presse-Agentur. In türkischen Medien heißt es, die Debatte um den Wolfsgruß sei der Grund für die Reise. Erdogan wolle der Mannschaft den Rücken stärken und sagt dafür extra seinen geplanten Besuch in Aserbaidschan ab.
Beim 2:1-Sieg der Türkei gegen Österreich hatte Doppeltorschütze Merih Demiral nach seinem zweiten Tor den sogenannten Wolfsgruß gezeigt, der in Verbindung zu der rechtsextremen Bewegung "Ülkücü-Bewegung" steht. Deren Mitglieder nennen sich "Graue Wölfe", der Wolfsgruß ist ihr Erkennungszeichen. Die Anzahl ihrer Anhänger wird von Sicherheitsbehörden auf 20.000 geschätzt. Das macht sie zur größten rechtsextremen Bewegung in Deutschland.
Geste schlägt in diplomatischen Kreisen hohe Wellen
Unter anderem Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) kritisierte den Jubel scharf. "Die Symbole türkischer Rechtsextremisten haben in unseren Stadien nichts zu suchen. Die Fußball-Europameisterschaft als Plattform für Rassismus zu nutzen, ist völlig inakzeptabel. Wir erwarten, dass die UEFA den Fall untersucht und Sanktionen prüft", erklärte die Innenministerin auf Twitter.
Daraufhin hatte die türkische Regierung den deutschen Botschafter einbestellt. „Die Reaktionen der deutschen Behörden auf Herrn Demiral sind selbst fremdenfeindlich", ließ die Regierung verlauten. Die deutsche Regierung berief ebenfalls den türkischen Botschafter ein. Das Einberufen des Botschafters gilt als scharfes diplomatisches Mittel.
UEFA ermittelt gegen Demiral
Das Zeigen des Symbols ist in Deutschland nicht verboten, in Österreich hingegen schon. Auch in Deutschland wird das Verbot seit längerem diskutiert, in Frankreich ist sogar die gesamte Bewegung verboten.
Am Tag des Achtelfinales gegen Österreich hatte sich der Brandanschlag von Sivas zum 31. Mal gejährt. 1993 griffen Rechtsextreme in der zentralanatolischen Stadt Sivas ein Hotel an, in dem ein Kulturfestival stattfand. Das Gebäude fing Feuer, 35 Menschen starben. Die ehemalige Fußballerin Tugba Tekkal bezeichnete Demirals Jubel im Interview mit 11 Freunde als "Verhöhnung der Opfer."
Die UEFA hat Ermittlungen aufgenommen und berät gegenwärtig über eine Sperre Demirals für das Viertelfinale.