Nach Englands Rassismus-Eklat: Den Fokus auch auf heimische Stadien richten
Von Yannik Möller
Nach dem EM-Finale lag der Fokus auf den Beleidigungen und rassistischen Kommentaren gegen die drei unglücklichen englischen Elfmeterschützen. Inzwischen ist wieder Ruhe eingekehrt. Nun darf es aber nicht zur Stille bis zum nächsten Skandal kommen, der Fokus muss auch auf den heimischen Stadien und Fußballspielen liegen.
Wenige Tage ist es erst her. Während ganz Italien jubeln und sich ob des Europameister-Titels freuen durfte, zog England den Negativ-Fokus durch zahlreiche rassistische Beleidigungen gegenüber Jadon Sancho, Marcus Rashford und Bukayo Saka auf sich. Der Grund: die drei hatten ihre Elfmeter nicht im Tor unterbringen können.
Was in den sozialen Netzwerken zu lesen war, war schlichtweg beschämend und ekelhaft. Von Affen-Emojis bis hin zu direkten Todeswünschen war alles dabei. Trainer Gareth Southgate meldete sich daraufhin zu Wort, ebenso der englische Verband und sogar Prinz William. Zudem setzten viele Menschen ein tolles Zeichen durch positive Kommentare, Briefe und Aktionen. Glücklicherweise deutlich mehr solcher Menschen, als die fürchterlichen Hasskommentare.
Inzwischen ist rund um dieses Thema wieder Ruhe eingekehrt. Hier und da wird noch diskutiert, der ein oder andere äußert sich auch noch zu diesem Vorfall. Doch die große Brisanz ist verflogen, die Schlagzeilen werden wieder von anderen Fragen und Entwicklungen dominiert.
"... und dann kehren wir zur Normalität zurück" - es darf nicht wieder bis zum nächsten Skandal gewartet werden
Nun muss der Fokus aber darauf liegen, dass es nicht wieder solange ruhig ist, bis derartige Vorfälle erneut für Kopfschütteln sorgen. Es muss und darf nicht immer nur ein solch großes rassistisches Vorkommnis für Aufmerksamkeit sorgen. Rassismus ist immer und überall ein Thema im Fußball. Egal ob auf dem heimischen Platz beim Dorfverein oder beim eigenen Stadionbesuch.
So gilt es, sich schon dort gegen Kommentare zur Wehr zu setzen. Was im kleinen Kreis nicht angegangen wird, wird geduldet und dadurch indirekt unterstützt. Das kann den dunkelhäutigen Schiedsrichter betreffen, der nach vermeintlichen Fehlern mit seiner Hautfarbe beleidigt wird. Das kann ein abwertender Kommentar beim Stadionbesuch des eigenen Herzensvereins sein, der aus der Reihe hinter oder vor einem kommt.
Nicht erst bei Vorfällen, die halb Europa betreffen, gilt es wachsam zu sein, sondern schon im eigenen (Fußball-)Umfeld. Antonio Rüdiger hatte diesen Effekt des Abklingens schon einmal in einem Beitrag bei The Players' Tribune angesprochen: "Hin und wieder haben wir eine große Social-Media-Kampagne, und jeder fühlt sich gut mit sich selbst, und dann kehren wir zur Normalität zurück. Nichts ändert sich jemals wirklich."
Doch zu diesem Effekt muss es kommen. Diese Idioten und Arschlöcher, die derartige Kommentare abgeben, weil sie es für harmlos oder gar aus der eigenen Überzeugung für gerechtfertigt halten, wird es immer geben. Diese Leute werden nicht verschwinden, da können die Kampagnen und Aktionen noch so gut sein.
Was aber gegeben sein muss, sind die Leute im Fußball, also die Spieler, Trainer und Fans, die dagegenhalten. Die ganz klar gegen solche negativen Vorurteile, Beleidigungen und rassistische Kommentare vorgehen, die klar Stellung beziehen und sich für ein Umfeld einsetzen, in denen sich jeder wohlfühlt, völlig egal welche Hautfarbe man hat.
Denn diese Vorfälle gibt es auch im eigenen Stadion, in dem man sich so gerne aufhält. Nicht nur in England nach dem verlorenen Finale. Nicht nur durch das Angehen einzelner Spieler in Italien. Diese Probleme sind alles andere als soweit weg, wie man manchmal glauben könnte. Angesichts der sehr bald startenden Saison muss dafür ein Bewusstsein vorherrschen. Damit es in Zukunft gar nicht mehr zu solch größeren Skandalen kommt.