Niederlande mit souveränem Gruppensieg - alle Sorgen wieder vergessen?

Die Niederlande holte sich den ungefährdeten Gruppensieg
Die Niederlande holte sich den ungefährdeten Gruppensieg / ANP Sport/Getty Images
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Am Montagabend sicherte sich die Niederlande den ungefährdeten Sieg der Gruppe C. Nun steht Oranje im Achtelfinale, obwohl es vor dem Turnier große Sorgen und Unruhen rund um die Mannschaft gab. Sind die mit dem bisherigen Erfolg schon alle verschwunden?


Bei jedem Turnier, in dem die Niederlande vertreten ist, gehört sie automatisch zu den besten Teams. Doch vor der laufenden Europameisterschaft gab es vergleichsweise viele Sorgen um die Elftal. Trainer Frank de Boer zeigte sich stur, wollte unbedingt sein 3-5-2 durchsetzen - und das obwohl die Testspiele gemischte Resultate zeigten und die Spieler nicht überzeugt schienen. Dazu gab es Kontroversen um den einen oder anderen Spieler, die zusätzliche Unruhe brachten.

Nun jedoch ist die Gruppe C fertig gespielt. Mit drei Siegen aus drei Partien steht Oranje an der Spitze. Gegen die Ukraine gewann man noch etwas unsicherer mit 3:2. Das folgende 2:0 gegen Österreich war ein souveräner Auftritt und das abschließende 3:0 gegen Nordmazedonien ein weiterer Stimmungsaufheller, ehe es in die Endrunde geht.

Donyell Malen, Memphis Depay, Georginio Wijnaldum, Ryan Gravenberch
Beim Sieg über Nordmazedonien war die Stimmung bereits deutlich besser / BSR Agency/Getty Images

Doch oftmals ist nicht alles Gold, was glänzt. Ohne die Sorgen, die die Niederlande vor dem Turnierstart begleiteten, hätte jeder gesagt, dass es zweifelsohne der Gruppensieg werden muss. Das ist auch der Anspruch einer großen Fußball-Nation, die den Sport selbst mehrfach stark beeinflusst hat. Dieses Ziel, was eigentlich eher Normalität sein sollte, ist jetzt erreicht worden.

Sorgen rund um die Elftal werden kleiner - sind aber längst nicht überwunden

Das Kernthema dieses Turniers bleibt die umgestellte Formation von de Boer, das 3-5-2. Das gewohnte 4-3-3 wurde ad acta gelegt, nun wird aus der Dreierkette heraus gespielt. Begleitet wird sie in der Regel von den Außenspielern Denzel Dumfries und Patrick van Aanholt, im Mittelfeldzentrum stach - wie gewohnt - vor allem Frenkie de Jong heraus. Im Angriff zeigt sich Memphis Depay als die mit Abstand gefährlichste Waffe.

Ein erstes Zwischenfazit lässt sich ziehen: Dieser Ansatz des oftmals kritisierten Trainers ging bislang auf. Gegen die Ukraine wackelte das Team zwar etwas, indem es eine 2:0-Führung zwischenzeitlich hergab, um dann doch noch das Siegtor zu erzielen. Insgesamt zeigte man sich in diesen drei Partien deutlich gefestigter, abgestimmter und auch variabler als zuvor.

Frank De Boer
Trainer Frank de Boer ist durch die Siege etwas aus der Schusslinie verschwunden / Soccrates Images/Getty Images

Der Fokus auf de Boer hat gleichzeitig abgenommen. Logisch, konnten doch schon ganze acht Tore und drei Siege bejubelt werden. Zumindest von außen hat man den Eindruck, dass sich das Gefühl um die Elftal wieder gedreht hat. Nicht ganz und teilweise eher zögerlich, aber es herrscht wieder spürbar mehr der für die Fußball-Niederlande gewohnte Optimismus vor, als das Schlechtreden der eigenen Chancen bei diesem Turnier.

Doch bleibt, wie so häufig im anfänglichen Turnierverlauf, auch eine Mahnung: Die Niederlande tut gut daran, jetzt nicht überheblich zu werden. Diese drei Gruppenspiele waren zwar allesamt erfolgreich und zum größeren Teil auch gut anzusehen. Doch zum einen hatte man jeweils nicht die größten und besten Gegner, und zum anderen gab es hier und da immer mal wieder Einbrüche.

Frenkie de Jong
Der Elftal ist wieder eine gewisse Gelassenheit anzumerken / PETER DEJONG/Getty Images

Etwa am Montagabend gegen Nordmazedonien, wo mehrere Spieler eine ziemlich schwache erste Hälfte spielten. Derartige Versäumnisse werden im weiteren Verlauf der EM bestraft, dessen muss sich die Mannschaft bewusst sein. Mit nur einer bisschen besseren Chancenverwertung hätte das eigentlich sehr unterlegene Team sogar ein, vielleicht gar zwei Treffer erzielen können. Und schon läuft so ein Spiel in eine ganz andere Richtung.

Was bleibt, ist das wachsende Gefühl der Sorglosigkeit. Nicht im Sinne einer Art Überheblichkeit, sondern eher so, dass die vorigen Sorgen und Kritikpunkte an Bedeutung verlieren. Doch sie sind längst nicht einfach vom Tisch zu wischen, ebenso wie hier und da noch immer Probleme und Schwachstellen vorkommen oder aufgedeckt werden.

Bestandsaufnahme für Oranje bereits im Achtelfinale: Große, namhafte Gegner warten

Nun, da es in die Finalrunde des Turniers geht, braucht die Elftal die erhoffte Souveränität. Schon im Achtelfinale drohen große Namen, wo es dann zu richtigen Bestandsaufnahmen kommt. Als Erstplatzierter der Gruppe C geht es gegen den Drittplatzierten aus der Gruppe D, E oder F.

In der Gruppe D würde es somit, zum jetzigen Stand, wahrscheinlich auf Kroatien hinauslaufen. In Gruppe E zeichnet sich eine nahezu komplett offene Entwicklung ab. Aktuell sitzt Spanien auf Platz drei, bei zu erwartenden Ergebnissen wäre auch die Slowakei ein wahrscheinlicher Kandidat. Dort sind Polen (Letzter, einen Punkt) und Schweden (Erster, vier Punkte) eher aus der Verlosung.

Die Gruppe F ist auch noch offen, hier würde wohl der derzeit stärkste Drittplatzierte auf die Niederlande warten. Gewinnt Frankreich gegen Portugal und Deutschland gegen Ungarn, warten die Portugiesen im Achtelfinale. Gewinnt das Team um CR7 jedoch diese Partie, wäre es Frankreich. Beim ausbleibenden Erfolg gegen Ungarn könnte auch das deutsche Team zu einem der markantesten Duelle im Fußball antreten.

Man merkt: In jeder einzelnen Gruppe läuft es nahezu unabhängig der Ergebnisse am jeweils letzten Spieltag auf einen sehr namhaften Gegner hinaus. Bei allem Respekt für die bisherigen Gruppengegner, dann kommt es zur ersten Bestandsaufnahme des aktuellen Oranje-Teams und den aktuellen Herangehensweisen.

Doch vor dem EM-Start vermuteten viele Fans und Beobachter, dass das System mit der Dreierkette eher gegen stärkere Gegner hilfreich sein würde - wenn es bis dahin richtig funktioniert. An dieser Stelle hat die Niederlande also auch eine Chance, vorbereitet in die heiße Phase des Turniers zu gehen. Es wird spannend sein, wie die Mannschaft gegen spielstärkere Gegner performen wird.