Einer für Flick? Dorsch fasst immer mehr Fuß beim FC Augsburg

Niklas Dorsch bejubelt sein wunderschönes Tor im Spiel gegen den 1. FC Köln.
Niklas Dorsch bejubelt sein wunderschönes Tor im Spiel gegen den 1. FC Köln. / Joosep Martinson/GettyImages
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Niklas Dorsch kommt immer mehr in Fahrt. Der Sechser des FC Augsburg hat ein wenig Zeit gebraucht, um sich in der Bundesliga zurechtzufinden. Inzwischen wird der Einfluss des 23-Jährigen bei den Fuggerstädtern von Woche zu Woche größer. Erfüllt er sich bald seinen Traum von der A-Nationalmannschaft?


Als das Endspiel der U21-EM vorüber war und Deutschland überraschenderweise als Titelgewinner die Rückreise aus Ljubljana antrat, stand Niklas Dorsch noch bei KAA Gent unter Vertrag - und bald darauf im Fokus mehrerer namhafter Interessenten.

Champions-League-Klubs waren an Dorsch interessiert

Bereits in den zwölf Monaten zuvor in der belgischen Liga hatte der defensive Mittelfeldspieler dem Spiel seines Teams den Stempel aufgedrückt.

Die Galavorstellungen des defensiven Mittelfeldspielers in der Nachwuchsnationalmannschaft (vor allem im Finale gegen Portugal im Juni) sollen sogar den französischen Meister OSC Lille auf den Plan gerufen haben, an Dorsch heranzutreten.

Mit dem VfL Wolfsburg soll ein weiterer Champions-League-Teilnehmer an Dorsch Interesse gezeigt haben. Hertha BSC, Eintracht Frankfurt, der SC Freiburg und Stade Rennes hießen die anderen Kaufwilligen. Dennoch entschied Dorsch sich in Übereinstimmung mit seinem Arbeitgeber auf einen Wechsel zum FC Augsburg.

Dorschs Wechsel zum FC Augsburg war sportlich überraschend

Schon während der Saison in Gent hatte er erwähnt, dass es sein Traum sei, irgendwann in der Bundesliga zu spielen. Ein Wechsel zum FC Augsburg und damit zurück in seine Heimat Bayern bot sich für ihn an, da sich hier sein Bundesligatraum realisieren ließ. Außerdem würde er von Augsburg in seinen Geburtsort Lichtenfels nur drei Stunden mit dem Auto benötigen.

Beim FC Bayern hatte Dorsch seine Profikarriere einst begonnen, doch die Münchner konnten ihm keine Perspektive bieten. Über den Zweitligisten Heidenheim (2018-2020) und Gent (2020-2021) landete er nun wieder im deutschen Oberhaus, wo er in seinem einzigen Bundesligaspiel für den Rekordmeister (4:1 gegen Eintracht Frankfurt im April 2018) auch ein Tor erzielt hatte.

Dorsch fühlt sich wohl beim FCA

Wenn ausschließlich sportliche Gründe für seine Wechselentscheidung ausschlaggebend gewesen wären, hätte er einen der anderen Interessenten dem FCA vorziehen müssen. Doch für Dorsch scheint der Wohlfühlfaktor eine wichtige Rolle zu spielen.

"Die Chemie hat von Anfang an gestimmt, was mir ein richtig gutes Gefühl gibt. Das Gesamtpaket mit der sportlichen Perspektive beim FCA ist für mich entscheidend. Ich habe richtig Bock auf den FCA und die Bundesliga", hatte Dorsch bei seiner Vorstellung im Juli gesagt.

Dorsch konnte zu Saisonbeginn nicht überzeugen

Für die Dienste des Mittelfeldspielers überwies Augsburg sieben Millionen Euro an Gent. Teurer waren in der Vereinsgeschichte nur Martin Hinteregger (10,5 Millionen Euro) und Tomas Koubek (7,5 Millionen Euro).

Die sportliche Führung der Augsburger ist sich über das Potential des 23-Jährigen im Klaren, zu Saisonbeginn hinkte aber auch Dorsch den Erwartungen hinterher. In einer Mannschaft, die offensiv kaum etwas zustande brachte, konnte Dorsch sich leistungsmäßig nicht von seinen Kollegen absetzen. Darüber hinaus verpasste er im Oktober drei Spiele wegen eines grippalen Infekts.

Dorschs Galavorstellung in Köln

Als Dorsch am 19. November wieder in die Startelf zurückkehrte, gelang dem FCA prompt ein Überraschungserfolg. Im eigenen Stadion zeigte man dem FC Bayern die Grenzen auf. Auch Dorsch wusste gegen seinen Ex-Verein zu gefallen. Sein bisher bestes Bundesligaspiel machte er jedoch vor zehn Tagen beim 1. FC Köln.

Dorsch glänzte mit kompromissloser Zweikampfführung und als ordnende Hand des Angriffsspiels seiner Mannschaft. Die Kirsche auf der Mousse au Chocolate war allerdings sein spektakulärer Distanzschuss aus etwa 30 Metern in den oberen Torwinkel, der gute Chancen auf das Tor des Monats Dezember hat. Für Kölns Keeper Marvin Schwäbe war der Schuss unhaltbar.

"Ich finde, dass er die vergangenen Wochen schon sehr gute Leistungen gezeigt hat. Heute war das natürlich sein bestes Spiel und sein Tor war sensationell", sagte sein Trainer Markus Weinzierl auf der anschließenden Pressekonferenz. Aus dem Mitläufer der ersten Saisonspiele ist ein Leistungsträger geworden.

Dorsch will in die Nationalmannschaft

Dorsch hat seine Wurzeln nicht vergessen, gibt sich aber dennoch zielbewusst. Im kicker-Interview im Sommer deutete er an, dass er sich für das DFB-Team empfehlen will. "Ich habe in allen U-Teams gespielt. Da wäre es Quatsch, wenn ich sagen würde, es reicht jetzt. Ich will ganz oben ankommen, da ist die Nationalmannschaft auch ein Ziel", sagte er.

Dorsch wisse aber auch, dass der Weg in die Nationalelf nicht einfach werde, weil die Position im defensiven Mittelfeld "sehr gut besetzt" sei. "Aber auch dafür war der Schritt in die Bundesliga wichtig, weil man da mehr gesehen wird", untermauerte er seine Entscheidung, in die Bundesliga zurückzukehren und ergänzte: "Gute Leistung wird unter Hansi Flick mit Sicherheit auch belohnt."

Um Nationalspieler zu werden, muss Dorsch mit konstanten Leistungen über einen längeren Zeitraum auffallen. Tut er das, wird Bundestrainer Hansi Flick im besten Fall gar nichts anderes übrig bleiben, als Dorsch zu nominieren.

Große Konkurrenz beim DFB-Team

Auf der anderen Seite ist das zentrale Mittelfeld der DFB-Elf hochkarätig bestückt: Joshua Kimmich, Leon Goretzka, Ilkay Gündogan und Emre Can werden sich nur schwer verdrängen lassen. Im 23-Mann-Kader von Flick gibt es wahrscheinlich nur fünf oder sechs Plätze für das defensive und zentrale Mittelfeld.

Da bleiben noch ein oder zwei Tickets übrig: Den Konkurrenzkampf wird Dorsch eher mit Maximilian Arnold, Florian Neuhaus, Julian Weigl, Kerem Demirbay, Suat Serdar und vielleicht Vitaly Janelt aufnehmen müssen. Einfach wird das nicht.

Was Dorsch Hoffnung geben kann: Flick setzt auf U21-Europameister

Dass Flick jüngere Spielern in den Kader aufnimmt und ihnen auch Spielpraxis gibt, beweisen die Beispiele von Karim Adeyemi (19 Jahre), Nico Schlotterbeck (22), David Raum (23) und Lukas Nmecha (23). Alle vier haben gemeinsam, dass sie ebenso wie Dorsch im Sommer U21-Europameister wurden. Die Ambitionen des Augsburgers sind also durchaus realistisch.

Bis zur nächsten Länderspielperiode bleibt noch etwa vier Monate Zeit. Ob Dorsch der erhoffte nächste Karriereschritt gelingt, hängt davon ab, ob der Rechtsfuß in seinem Team der führende Kopf im Abstiegskampf werden wird.