Eine magische Nacht in Andalusien: Entfesselter BVB erwacht in der Champions League wieder zum Leben

Reus und Haaland bejubeln das 3:1
Reus und Haaland bejubeln das 3:1 / Fran Santiago/Getty Images
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Der BVB hat ein überragendes Achtelfinal-Hinspiel beim FC Sevilla mit 3:2 gewonnen. In der Champions League zeigte die Borussia ein Gesicht, das in Dortmund lange Zeit als Vermisst galt. Ein Kommentar zu einer magischen Nacht in Andalusien.

Der BVB spielt eine schaurige Bundesliga-Saison; vor allem in den vergangenen Wochen. Und doch, da war so etwas wie Euphorie und Aufregung zu spüren, vor diesem Spiel in Andalusien. Hör' mir auf mit Bundesliga, hör' mir auf mit Marco Rose - heute ist Champions League und das einzige, das zählt, sind diese 90 Minuten. Heute brennt der BVB wieder!

Es dauerte sieben Minuten, bis diese Aufbruchstimmung in die Tonne getreten wurde: Distanzschuss Suso, abgefälscht, ins Tor getrullert - und schon hingen die Köpfe wieder. Grauer Alltag beim BVB, auch unter Flutlicht in der Königsklasse. Sieben Minuten dauerte es, bis ich die Schnauze schon wieder voll hatte. Weil der BVB das Pech derzeit gepachtet hat. Weil Sevilla in den letzten zehn Pflichtspielen nur drei Tore kassiert hat. Weil die Leichtigkeit und das Selbstverständnis fehlen. Weil diese Saison einfach nur verkorkst ist. Ein nicht enden wollender Kater, der zudem noch in metronomischer Präzision Arschtritte verteilt.

Mo Dahoud küsst ganz Dortmund wach

Mo Dahoud trifft zum 1:1
Mo Dahoud trifft zum 1:1 / Soccrates Images/Getty Images

Und dann, dann kam Mo Dahoud. Dieser unglaublich talentierte Fußballer, der seine Kunst einfach nicht auf den Platz kriegt. Der unter Edin Terzic schon aussortiert war. Der überhaupt nur auf dem Platz steht, weil Thomas Delaney Vater wird. Dieser Mo Dahoud hat die Schnauze auch voll und packt all seinen Frust in eine Rakete, die ganz Dortmund wach küsst!

1:1, Auswärtstor erzielt und dann ist der BVB plötzlich entfesselt. Ein Marco Reus, der sich zerreißt, der orchestriert, der sich federleicht durch die Abwehrreihen kombiniert. Ein Mateu Morey, der seine beste Leistung im BVB-Trikot abliefert. Ein Jadon Sancho, der plötzlich eine ganz andere Körpersprache hat und nicht nur zaubert, sondern ackert und rackert. Und ein Erling Haaland, der nicht von dieser Welt ist. Einer Dampfwalze gleich frisst er den Rasen in Sevilla, lässt sich dann von Jadon Sancho zuckersüß bedienen und bombt den BVB in Führung!

Da ist er wieder, dieser BVB, der einen augenöffnenden Power-Fußball spielt. Der sich geschlossen als Einheit für jeden Zentimeter Grünfläche zerreißt. Der Mozarte und Beethovens auf dem Platz hat und eine Mannschaft wie Sevilla einfach mal überrollen kann. Apropos überrollen: die Arbeit gegen den Ball zeigte an diesem magischen Champions-League-Abend, dass der BVB den Kampf gegen die Widrigkeiten dieser Saison endlich angenommen hat und sich auch belohnen kann! Marco Reus, der seine Denkpause offenbar genutzt hat, um seine Wunden zu lecken, erkämpft sich den Ball im Aufbauspiel der Andalusier, bedient dann Erling Haaland, der einfach nicht von dieser Welt ist. Und plötzlich führt der BVB mit 3:1.

Dass es am Ende noch einmal zappelig wird, ist dem Wettbewerb geschuldet. Sevilla kann Fußball spielen und obgleich der BVB die Andalusier eigentlich bockstark im Griff hatte, kann dann so ein Ball mal reinplumpsen. Am Ende steht ein herausragendes Auswärts-Ergebnis, aber es ist auch wurscht, denn magisch war der Abend so oder so. Um mehr verlangt ein Dortmunder nicht.

Der BVB ist wieder da!

Und plötzlich ist die schwarz-gelbe Welt wieder in Ordnung. Nicht, weil ein Spiel gewonnen wird. Nicht, weil der BVB einen großen Schritt Richtung Viertelfinale gemacht hat. Nein, weil der BVB wieder da ist und ein Gesicht gezeigt hat, durch das ich plötzlich heiß wie Frittenfett auf das Derby am Samstag geworden bin! Und ich sie endlich mal wieder spüren durfte, diese Echte Liebe.


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