Ein Wochenende mit Fußball ist doch schöner als ohne - Aus dem Tagebuch eines trockenen Fußball-Fans | 6.5.

DeFodi Images/Getty Images
facebooktwitterreddit


Das vorweg: ich bin schon seit langem infiziert. Ne, ne, nicht mit dem Coronavirus. Das ist bislang, so hoffe ich doch, an mir vorbeigegangen. Jedenfalls habe ich keines der klassischen Symptome. Nein, es geht um einen Virus im ideellen Sinne. Es ist die Fußball-Begeisterung, die mich schon vor Jahrzehnten gepackt hat und mich auch nicht in dieser zwangsverordneten Pause loslässt. Im Grunde genommen fühle ich mich gerade wie sich wohl auch ein Drogensüchtiger fühlen muss, wenn er auf kalten Entzug gesetzt wird. Ein Erlebnis-Bericht.

6. Mai 2020

Alles kommt irgendwann mal zu einem Ende. Ich habe noch mal im Archiv nachgeschaut: vor ziemlich genau sieben Wochen habe ich meinen ersten Corona-Tagebucheintrag verfasst. Zum damaligen Zeitpunkt war die EURO 2020 noch gar nicht auf 2021 verlegt, und das einzig Feststehende war, dass nichts feststand. Abbruch der Saison? Womöglich mehrere Fälle von Insolvenzen unter den Profi-Klubs? Die Zukunft des deutschen Fußballs, in der Form, wie wir ihn seit Jahrzehnten kennen, stand auf dem Spiel.

Musterbeispiel für eine breitangelegte gesellschaftliche Debatte

Es folgten die ersten Vorschläge, die Saison doch noch irgenwie zu retten. Und sei es um den (in diesem Fall wirklich nicht zu hohen) Preis von Geisterspielen. Diesen Vorstößen folgten umgehend die mahnenden (wenn nicht sogar warnenden) Worte derer, die von einer Sonderrolle des Fußballs nichts wissen wollten. Wenn ich sie auch in jenen Momenten auf den Mond hätte schießen können - es war gut, dass die Debatte kontrovers und ohne falsche Rücksichtnahmen geführt wurden.

Je breiter eine gesellschaftliche Diskussion geführt wird, um so solider ist am Ende das Fundament, auf dem eine aus ihr resultierende Entscheidung gefällt wird. Genau dies ist in diesem Land passiert. Natürlich gibt es bei einem Meinungsaustausch dieser Art und Größe, zumal wenn es um ein emotional so aufgeladenes Sujet wie den Fußball geht, auch immer mal deviante Tendenzen, verlieren sich - gerade in einem Land wie Deutschland - die Diskussionspartner bisweilen im hypothetischen Raum. Doch eine grundsätzliche Entscheidungsfindung kann nur um so besser vonstatten gehen, je mehr Teile der Bevölkerung befragt werden.

Und so lernten wir in den vergangenen zwei Monaten derart viel über Virologie, über Pandemie-Schutz und über Wertigkeiten sozialer Ereignisse (und der Fußball ist ein Ereignis!) wie wohl in unser aller bisherigen Leben nicht. Aber während dieser Zeit waren stets wenn auch kleine, deswegen aber nicht weniger deutliche Schritte hin zu einer, wie auch immer gearteten, Entscheidung zu vernehmen.

Deshalb bin ich mir auch nicht zu blöd, fast ein wenig stolz auf die Schwarmintelligenz zu sein, die offensichtlich in diesem Land herrscht. Ich denke, dass nunmehr auch die Fußball-Gegner (und sowieso all diejenigen, die dem Fußball weder befürwortend noch konträr zu ihm eingestellt sind) mit der Entscheidung leben können, dass irgendwann in diesem Monat (ich tippe auf den 22. Mai) wieder Fußball, zumindest auf Profi-Ebene, gespielt wird. Zwar bin ich selbst ein wenig überrascht, mit wie wenig Kollateralschäden ich bisher die fußballlose Zeit überbrückt habe - aber wenn es dann in zwei oder auch drei Wochen wieder losgeht, wird sich das Söder'sche Bonmot mit Leben füllen: ein Wochenende mit Fußball ist am Ende doch eindeutig schöner als ohne.

Das Ende des Corona-Tagebuchs

Deshalb beende ich mit dem heutigen Tag diese Tagebuch-Reihe. Auch in der Hoffnung, den Lesern durch sie ein wenig Ablenkung inmitten von Kontaktsperren, Ausgehbeschränkungen und täglich steigender Fallzahlen verschafft zu haben. Und ich beende sie nicht, ohne gleichzeitig damit die Hoffnung zu verbinden, dass ich eine derartige Glosse nie wieder schreiben muss. Einmal Corona ist genug!