Eigensinn oder ein letzter Akt der Treue: Frank Baumann und die wichtigste Entscheidung seiner Karriere
Von Tal Lior
Nach sieben aufeinanderfolgenden Niederlagen in der Bundesliga wird die sportliche Führung des SV Werder Bremen nun endlich dazu gezwungen, ernsthaft über die Trainerfrage nachzudenken. Eine Entscheidung soll laut Geschäftsführer Sport Frank Baumann bis Dienstag verkündet werden, am Sonntag war die Analyse noch "ergebnisoffen." Baumann muss nun die wichtige Entscheidung seiner Karriere treffen.
Es gibt nur wenige Funktionäre, die solch eine starke Verbindung zu ihren Trainern haben wie Frank Baumann. Der ehemalige Werder-Star weiß, dass er seine relativ lange Tätigkeit im Klub zu einem Großteil seinem ungewollten Schachzug mit Kohfeldt zu verdanken hat.
Der ehemalige U23-Trainer, der damals auch noch mit seinem Klub im Tabellenkeller der 3. Liga stand, wurde provisorisch als Nouri-Nachfolger installiert. Niemand hatte damit gerechnet, dass der junge Delmenhorster jemals eine feste Größe auf der Trainerbank der Bremer werden könnte.
Kohfeldts anfänglicher Positiv-Effekt, unter anderem bedingt durch herausragende Spieler wie Max Kruse, beginnt aber zu verpuffen. Die Hoffnung auf einen neuen Heilsbringer wie Thomas Schaaf ist mittlerweile verflogen. Werder-Fans haben den Glauben an ihren einstigen Liebling verloren.
Für Baumann bedeutet dies nur Schlimmes. Der Kaderplaner ist seit einiger Zeit schon sehr unbeliebt unter den Fans und wird regelmäßig in der Presse von seinem Trainer in Schutz genommen. Bislang hat er sich dafür auch oft revanchiert. Doch nun ist der Moment gekommen, um einen anderen Blickwinkel einzunehmen.
Ein Festhalten an Kohfeldt wäre in solch einer Situation nur noch purer Eigensinn. Baumann würde nämlich mit einem Rauswurf sein Scheitern eingestehen und sich somit zugleich aus seinem Posten heraus katapultieren. Ein Rücktritt im Sommer wäre dann nur noch eine Formalie.
Eine Trennung von Kohfeldt, die mittlerweile von einer überraschend großen Mehrheit der Fans gefordert wird, wäre aber nicht nur ein Fehlereingeständnis und eine automatische Kündigung, sondern ein letzter Akt der Treue, der in dieser brenzligen Situation noch mal dem Klub den letzten Schub zum Klassenerhalt geben und im Sommer einen dringend notwendigen Umbruch einleiten könnte.
Es bleibt also Baumann überlassen, ob er lieber weiter um seinen Posten kämpft oder seine Stelle opfert, um seinen Herzensklub am Leben zu halten.