Die königliche Offensiv-Power trifft - aber nicht für Real Madrid!
Von Guido Müller
Erst zweimal in dieser Saison gelangen Real Madrid mehr als drei Tore in einem Spiel. Die bisweilen erschreckende Harmlosigkeit der königlichen Offensive hat bereits spür-und dokumentierbare Effekte gezeitigt, denn zwei Titel in dieser Saison (Copa del Rey und spanischer Supercup) können sich die Madrilenen mittlerweile abschminken. Und währenddessen knipsen Reals verliehene Stürmer anderswo nach Herzenslust.
Vor gut einer Woche war noch Luka Jovic in aller Munde. Zumindest in Frankfurt und Madrid. Denn beim 5:1-Auswärtssieg der Hessen in Bielefeld gelang dem Serben bereits seit drittes Tor (im dritten Spiel) für die Adler seit seiner leihweisen Rückkehr zur Eintracht.
Selbst gegen einen Drittligisten treffen Reals Stürmer nicht
Nur drei Tage zuvor hatten sich Zidanes Mannen im heimischen Pokal beim Drittligisten Alcoyano bis auf die Knochen blamiert und mit 1:2 nach Verlängerung die Segel gestrichen. Nicht zuletzt auch aufgrund einer wieder einmal nicht existenten Offensive.
Und das, obwohl am Ende des Spiels mit Karim Benzema, Eden Hazard, Marco Asensio und Lucas Vázquez im Grunde genommen alles auf dem Platz stand, was Rang und Namen hat. Doch bezeichnenderweise gelang den blancos an diesem trüben Winterabend ihr einziges Tor (zur frühen 1:0-Führung) durch Innenverteidiger Militao.
Auch am letzten Spieltag kam der spanische Rekordmeister gegen die im Mittelfeld der Tabelle steckende UD Levante nicht über einen mickrigen Treffer (durch Asensio) hinaus. Die Rote Karte von Militao bereits in der 9. Minute kann nicht als Entschuldigung dafür herhalten, dass man nach der Führung das Spiel peu a peu und am Ende komplett aus der Hand gab.
Auch Mayoral trifft in Rom regelmäßig - hat Real die falschen Spieler verliehen?
Dass das Schicksal bisweilen Humor zeigt (aus Madrider Sicht sehr schwarzen), erwies sich dann abermals nur kurz darauf. Einen Tag nach Reals Niederlage am Mittelmeer, gelang dem an die AS Roma verliehenen Borja Mayoral zwei Scorerpunkte (1 Tor, 1 Assist) beim 3:1-Sieg der Giallorossi gegen Hellas.
Es scheint momentan so zu sein, als würde der Fußball-Gott, so es ihn denn gibt, sich mit höhnischem Grinsen vor den Verantwortlichen von Real Madrid aufstellen und sagen: 'Hier. Das sind die von euch Verschmähten. Die, die angeblich nicht gut genug für euch waren. Seht her: woanders treffen sie am Fließband.'
Tatsächlich würden die Quoten eines Luka Jovic (drei Tore in drei Spielen für die Eintracht) oder eines Borja Mayoral den Madrilenen momentan gut zu Gesicht stehen. Mit seinem Doppel-Scorer gegen Verona hat Mayoral seine Bilanz mittlerweile auf 15 Scorerpunkte (9 Tore, 6 Vorlagen) in 23 wettbewerbsübergreifenden Spielen für die Roma aufgestockt.
Der jetzige Kader muss es richten
Seit Montag ist ebenfalls klar, dass man der offensiven Schwächephase auch nicht mit Neuzugängen entgegentreten wird. Die durch die Corona-Pandemie auch bei Real schwieriger gewordene Finanzsituation erlaubt keine großen Sprünge auf dem Markt.
Und die wären wohl erforderlich, um der weißen Offensive etwas auf die Sprünge zu helfen. Somit regiert momentan einfach das Prinzip Hoffnung. Darauf, dass Spieler wie Benzema oder Asensio oder der bislang restlos enttäuschende Hazard irgendwann ein Formhoch erwischen und die Torflaute beenden.
Sollte dies jedoch nicht geschehen, werden sich die Real-Stars schon sehr bald auch von den letzten verbliebenen Titeln in dieser Saison verabschieden.