Die Katar-Entwicklung: Ein Zwergstaat als Riese im Fußball-Zirkus

Die perfide Entwicklung von Katar im Überblick
Die perfide Entwicklung von Katar im Überblick / Christopher Pike/GettyImages
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Mit der Liebe zum Sport hat Katars Engagement im Fußball rein gar nichts am Hut. Das Emirat missbraucht die Strahlkraft unseres Volkssports für eigennützige politische Zwecke. Doch wie geriet der Zwergstaat überhaupt auf die große Bildfläche des internationalen Fußballs? Ein chronologischer Überblick.


Katar, ein Emirat am Persischen Golf. Dank enormer Erdgas- und Ölvorkommen äußerst reich. Bekannt ist es erst seit verschiedenster Involvements im Fußball. Bevor etwa der FC Bayern anfing ins Trainingslager nach Katar zu fliegen, kannten nur die Wenigsten dieses Land. Kein Wunder, denn flächenmäßig ist Katar kleiner als Schleswig-Holstein.

Zukünftig möchte sich Katar gänzlich unabhängig von Erdgas und Erdöl machen. Der Plan der Königsfamilie ist es, viel Geld in Bildung, Kultur, Spitzentechnologie und Sport zu stecken. Damit verfolgt sie das wirtschaftliche und politische Prinzip der Soft Power.

Denn Sport und insbesondere der Fußball sind wichtige politische Hebel für das Emirat. Bei dem Prinzip der Soft Power geht es konkret darum, Menschen und andere Länder anzuziehen, damit sie sich mit Katar identifizieren und das Handeln und die (absurde!) Wertewelt akzeptieren. Das geschieht durch Sport. 2015 richtete Katar die Handball-WM, 2019 die Leichtathletik-WM aus. Ende 2022 folgt die Weltmeisterschaft im Fußball.

So geriet Katar in den Fußball-Fokus:

1. 2010: Awareness dank WM-Entscheidung

FIFA-Präsident Sepp Blatter mit Katar-Zettel
FIFA-Präsident Sepp Blatter zeigt den WM-Austragungsort 2022 / PHILIPPE DESMAZES/GettyImages

Dank der WM-Entscheidung pro Katar geht die Strategie des Landes voll auf. Mit der Fußball-Weltmeisterschaft hat der Zwergstaat einen richtig dicken Fisch an der Angel. Alle, die sich für Fußball und/oder die Weltmeisterschaft interessieren, kennen nun Katar.

2. 2011: Katar kauft PSG

Al-Khelaifi und Neymar beim PSG-Training
PSG-Präsident Al-Khelaifi (r.) zusammen mit Weltstar Neymar (l.) / FRANCK FIFE/GettyImages

Nur ein Jahr später der nächste Riesen-Coup: Katar übernimmt die Mehrheit von Paris Saint-Germain. Seither zieht das Emirat die Fäden des einst belächelten Hauptstadtklubs, investierte bereits über eine Milliarde Euro und formte einen absoluten Mega-Klub.

PSG ist französischer Serienmeister und hat Weltstars wie Neymar, Kylian Mbappé und keinen Geringeren als Lionel Messi in den eigenen Reihen. PSG entwickelt sich vom Sportverein zu einer Marke und Katar versucht damit, sein Image zu verbessern. Vielen Fans ist das ein Dorn im Auge.

3. 2017/18: Neymar und Mbappé als Machtdemonstration

Neymar und Kylian Mbappe bei Paris Saint-Germain
Neymar und Mbappé wechselten für eine Unsumme an Geld nach Paris / Boris Streubel/GettyImages

Das Aufpolieren des Images ist erfolgreich. 2017 kappten die arabischen Nachbarländer ihre diplomatischen Beziehungen zu Katar. Außenminister Sigmar Gabriel warnte sogar vor einem Krieg am Persischen Golf.

Doch Katar nahm kurzerhand eine ordentliche Stange Geld in die Hand, kaufte Neymar für die Rekordsumme von 222 Millionen Euro und den damals erst 18-jährigen Mbappé für irrwitzige 180 Millionen Euro.

Eine absolute Machtdemonstration gegenüber der anderen Staaten. Die Message: 'Hey Saudi-Arabien, wenn ihr kämpfen wollt, seid euch bewusst, dass wir das Geld und die Kraft haben, euch zu besiegen.'

4. 2018: Bayern wird Partner von Qatar Airways

Bayern München und Qatar Airways sind Partner
Bis 2023 verpartnert: Bayern München und Qatar Airways / Visionhaus/GettyImages

Obwohl häufig diskutiert und kritisiert, wirft auch die Münchener Partnerschaft mit Katar einen angenehmen Schatten auf die PR-Arbeit des Staates. Denn am Ende des Tages gilt: Auch schlechte Publicity ist Publicity.

Katar rückt mit einer Partnerschaft mit dem mitgliederstärksten und erfolgreichsten Sportverein der Welt natürlich voll und ganz in das Rampenlicht. Genau dort, wo Katar stehen möchte.

Leider ist zu vielen Menschen noch immer nicht klar, welch eine Pseudomoral in dieser menschenrechtsverachtenden und meinungsunterdrückenden Partnerschaft steckt.

Zeit für kritische Geister

Die absurde Chronologie des fußballkulturzerstörenden Staates Katar zeigt, dass es auf den Rängen weiterhin kritischer Geister bedarf. Der Fußball, wie wir ihn lieben gelernt haben, braucht rebellische Fans, die ihn eben nicht nur Chips essend auf dem Sofa konsumieren, sondern die sich aufbäumen, verschiedenste (kommerzialisierte) Tendenzen hinterfragen und die Zukunft des Sports aktiv mitgestalten möchten.

Und wenn sie das nicht dürfen, dann werdet ihr schon sehen, liebe Stinkreich-Klubs und Super-League-Befürworter: Dann gehen die Fans dort hin, wo der Fußball noch Fußball ist. Dort, wo das Ticket bezahlbar ist, die Spieler kämpfen und als Identifikationsfiguren gelten. Dort, wo keine Unmengen an Geld fließt, sondern 22 Leute glücklich einer runden Pille hinterherrennen. Das kann in Liga drei und vier sein, aber auch am Sportplatz um die Ecke.