Die gute Form von Boateng und Müller könnte Löw langfristig zum Umdenken bringen!
Von Guido Müller

Wenn ich dem FC Bayern München in den letzten Wochen und Monaten beim Fußballspielen zugeschaut habe, musste ich das eine oder andere Mal an Jogi Löw denken. Ich habe mich dann immer gefragt, ob der Bundestrainer seine im März vergangenen Jahres getroffene Entscheidung, fortan nicht mehr auf Jerome Boateng und Thomas Müller zu bauen, mittlerweile bereut.
Denn vor allem in diesem berauschenden Saison-Schlussspurt haben neben Senkrechtstarter Alphonso Davies, Leon Goretzka und natürlich Torjäger Robert Lewandowski, vor allem Boateng und Müller erheblichen Anteil an der sensationellen Entwicklung der Mannschaft unter Hansi Flick gehabt.
A propos Hansi Flick. Der 55-Jährige war bekanntlich für viele Jahre der Assistent von Löw bei der deutschen Nationalmannschaft.
Kaum vorstellbar, dass sich beide nicht auch weiterhin über gewisse Spieler und deren Entwicklungen austauschen. Doch Löw kann auch ein Sturkopf sein. Wobei er sich gleichzeitig ja auch schon eine kleine Hintertür offengehalten hat: als definitiv und unumstößlich hat Löw die Aussortierung - strategisch nicht ungeschickt - ja nie bezeichnet. Nur immer wieder seine Präferenz aufgezeigt, es in Zukunft halt mit jungen Alternativen (Rüdiger, Süle und Goretzka) probieren zu wollen.
Spielen Boateng und Müller so gut, weil die Mehrfachbelastung wegfällt?
Aber vielleicht liegt die Wahrheit, so es denn überhaupt diese eine geben kann, irgendwo zwischen den Polen. Anders formuliert: vielleicht performt das genannte Duo ja auch deswegen so gut beim FC Bayern, weil sie ob fehlender Abstellungen für das Nationalteam, sich schlichtweg mehr auf diesen Job beim Rekordmeister fokussieren können. Hieße im Umkehrschluss: vielleicht würde ihre Leistung, sowohl im Verein als auch in der Nationalmannschaft, wieder leiden, wenn sie wieder in Doppelbelastung treten würden.
"Er war meiner Meinung nach nie besser als heute."
- FCB-Präsident Hainer über Müller
Spieler werden bis zum Sommer 2021 in Löws Hinterkopf bleiben
Eine valide Antwort darauf kann eigentlich nur die Praxis zeigen. Doch dass Löw für die im kommenden September anstehenden Länderspielen (gegen Spanien und in der Schweiz) auch nur einen zurückholt, ist eher unwahrscheinlich. Vielmehr könnte ich mir vorstellen, dass Löw die Spieler bis zum Sommer 2021 (wenn die dieses Jahr ausgefallene EURO 2020 nachgeholt wird) genauestens im Auge behalten wird - um dann vielleicht auch sehr kurzfristig auf eventuelle Verletzungen, Formtiefs usw. reagieren zu können. Eines ist klar: auf einen Boateng oder einen Müller in der Form des letzten halben Jahres kann eigentlich keine Nationalmannschaft der Welt ernsthaft verzichten wollen.
Bayern-Präsident Herbert Hainer verrät im Interview mit Sport1 seine Sicht der Dinge: "Ob Joachim Löw seine Entscheidung noch einmal überdenkt, weiß ich nicht, ich möchte ihm auch nicht in seine Arbeit reinreden. Aber: Der FC Bayern hat das Double gewonnen und steht nach einem 8:2-Sieg gegen den FC Barcelona im Halbfinale der Champions League. Jerome Boateng ist ein wichtiger Bestandteil dieser Mannschaft und Thomas ist bei uns Leader und Torjäger zugleich. Er war meiner Meinung nach nie besser als heute."