Die besten Teams der EM-Geschichte seit 2000 - Deutschland 2016
- Deutschland trat als amtierender Weltmeister das Turnier an
- Drei Deutsche in der Mannschaft des Turniers
- Gemischter Kader aus Weltmeistern und neuen Gesichtern
Von Lennart Sörnsen
Die Europameisterschaft 2016 war die 15. Ausgabe des Turniers und die erste Ausgabe, in der 24 Mannschaften, statt zuvor 16, an den Start gingen. Zusätzlich zur Aufstockung wurde der Modus angepasst, sodass erstmalig auch die vier besten Gruppendritten in die K.o.-Runde des Turniers einziehen. Nach diesem Modus wird auch die diesjährige EM 2024 ausgetragen werden.
In der 90min-Serie 'Die besten EM-Teams seit 2000' blicken wir auf insgesamt acht Mannschaften, die im neuen Jahrtausend die Geschichte der Europameisterschaft geprägt haben. Welche Nation hatte die beste Mannschaft auf dem Platz - unabhängig davon, ob es am Ende für den Titel gereicht hat?
Der amtierende Weltmeister und die Jagd nach dem vierten EM-Titel
Die deutsche Mannschaft ging als amtierender Weltmeister mit großen Zielen in das Turnier, nach der Krönung in Brasilien sollte nun auch endlich der vierte EM-Titel folgen. Im Kader des dreifachen EM-Siegers standen dabei zahlreiche wichtige Spieler, die zwei Jahre zuvor den WM-Pokal in die Höhe reckten, auf einigen Positionen kamen jedoch auch neue Gesichter zum Einsatz. Taktisch stellte Jogi Löw sein Team auch bei der EM 2016 zumeist im bewährten 4-2-3-1 auf, spielte weiterhin einen dominanten, passsicheren Fußball mit viel Ballbesitz.
Der Kader Deutschlands 2016
Tor
- Manuel Neuer (FC Bayern München)
- Bernd Leno (Bayer 04 Leverkusen)
- Marc-Andre Ter Stegen (FC Barcelona)
Abwehr
- Shkodran Mustafi (FC Valencia)
- Jonas Hector (1.FC Köln)
- Benedikt Höwedes (Schalke 04)
- Mats Hummels (Borussia Dortmund)
- Emre Can (FC Liverpool)
- Jonathan Tah (Bayer 04 Leverkusen)
- Jerome Boateng (FC Bayern München)
Mittelfeld
- Sami Khedira (Juventus Turin)
- Bastian Schweinsteiger (Manchester United)
- Mesut Özil (FC Arsenal)
- André Schürrle (VfL Wolfsburg)
- Lukas Podolski (Galatasaray Istanbul)
- Julian Draxler (VfL Wolfsburg)
- Thomas Müller (FC Bayern München)
- Julian Weigl (Borussia Dortmund)
- Toni Kroos (Real Madrid)
- Joshua Kimmich (FC Bayern München)
Sturm
- Mario Götze (FC Bayern München)
- Leroy Sané (FC Schalke 04)
- Mario Gomez (Besiktas Istanbul)
Der Weg bei der EM
In der Gruppenhase traf Deutschland auf die Ukraine, Polen und Nordirland. Nachdem man gegen die Ukraine früh durch das erste Tor von Shkodran Mustafi im Nationaltrikot in Führung ging, wurde es in der Nachspielzeit emotional. Bastian Schweinsteiger, der zuvor wegen Verletzungen bei Manchester United kaum eine Rolle spielte, traf nach Einwechslung zum 2:0-Endstand. Es folgte ein 0:0 gegen Polen und ein souveränes 1:0 gegen Nordirland. Punktgleich mit Polen beendete Deutschland damit die Gruppenhase auf Platz eins.
Ähnlich souverän ging es auch im Achtelfinale weiter, es konnte ein klarer 3:0-Erfolg gegen die Slowakei gefeiert werden. Im Viertelfinale wartete mit Italien ein absoluter Topgegner und eine Zitterpartie. Nachdem Deutschland durch einen Treffer von Mesut Özil nach einer knappen Stunde in Führung ging, kam Italien nach einem kuriosen Handspiel von Jerome Boateng durch einen Elfmeter zum Ausgleich. In einer einer taktisch geprägten Verlängerung gelangen keine Tore, somit musste das Elfmeterschießen her. Nach vielen Fehlschüssen auf beiden Seiten machte letztlich der neunte Schütze der Deutschen, Jonas Hector, den Halbfinaleinzug klar. Bitter und folgenschwer war einzig eine verletzungsbedingte Auswechslung von Mario Gomez.
Im Halbfinale traf Deutschland auf Gastgeberland Frankreich. In einer lange dominanten Vorstellung schafften es die Deutschen jedoch nicht, ihre Überlegenheit in Tore umzumünzen, das Fehlen von Stoßstürmer Gomez machte sich deutlich bemerkbar. Nach einem unglücklichen Handspiel wurde Schweinsteiger zur tragischen Figur, als Frankreich quasi mit Pausenpfiff einen Elfmeter zugesprochen bekam. Nachdem Griezmann nach 72. Minuten den zweiten Treffer nachlegte, schaffte es das Team von Löw nicht mehr zurückzukommen und musste im Halbfinale trotz einer dominanten Vorstellung den Titeltraum begraben.
Die Topelf Deutschlands bei der EM 2016
TW: Manuel Neuer - Was muss man über Manuel Neuer eigentlich noch sagen? Er ist der womöglich beste Torhüter aller Zeiten, der das Torwartspiel prägte wie kein Zweiter. Beim WM-Sieg in Brasilien 2014 schon elementar wichtig, inbesondere im Achtelfinale gegen Algerien, spielte Neuer auch 2016 ein starkes Turnier. Gegen Italien im Elfmeterschießen avancierte er gemeinsam mit Torschütze Hector zum Matchwinner und wurde zum Spieler des Spiels gewählt.
RV: Joshua Kimmich - Bei der EM in Frankreich spielte erstmals auch der noch 21 Jahre junge Joshua Kimmich in der deutschen Nationalmannschaft ein großes Turnier. Zunächst nur als Zuschauer von der Bank, erspielte sich Kimmich im dritten Gruppenspiel gegen Nordirland einen Stammplatz, den er den Rest des Turniers nicht mehr hergab. Prägte Kimmich danach über viele Jahre die Doppelsechs der Nationalmannschaft, spielte er 2016, zunächst auf der Rechtsverteidigerposition und ersetzte somit Benedikt Höwedes der die ersten beiden Partien in der Startelf stand. Kimmich machte seinen Job sogar so gut, dass er als einer von drei deutschen Spielern in der Mannschaft des Turniers der UEFA landete.
IV: Jerome Boateng - In der Innenverteidigung durfte über viele Jahre das Duo aus Mats Hummels und Jerome Boateng natürlich nicht fehlen. Auch 2016 war Boateng als Abwehrchef gesetzt, spielte ein überragendes Turnier. Gegen Slowakei ebnete Boateng mit seinem ersten und einzigen Treffer im Nationaltrikot den Weg zum Weiterkommen. Boateng wurde ebenfalls in das Team des Turniers gewählt und bekam die Auszeichnung als Spieler des Spiels beim 0:0 gegen Polen.
IV: Mats Hummels - Auch 2016 war meist Mats Hummels der starke Nebenpart neben Boateng, verpasste das Eröffnungsspiel jedoch nach einer Verletzung in der Endphase der Bundesligasaison und konnte nach einer Gelbsperre auch im Halbfinale nicht auf dem Feld stehen. Über Jahre hinweg prägte das Innenverteidigerduo die deutsche Nationalmannschaft. Gemeinsam gewannen Boateng und Hummels die Weltmeisterschaft 2014.
LV: Jonas Hector - Einer weiterer neuer Name im 2016er Kader der deutschen Nationalmannschaft. Trotz des Status als Neuling bei einem großen Turnier bestritt die spätere Kölner Vereinslegende alle Spiele über die volle Distanz, galt als unverzichtbar in der lange als Problemposition bezeichneten Rolle als Linksverteidiger. In dem nicht enden wollenden Elfmeterschießen gegen Italien war es ausgerechnet er, der schlussendlich zum Sieg einschob und Deutschland erlöste. Hector beendete im vergangenen Sommer eine beeindruckende Karriere, die vor allem von einer großen Vereinstreue zum 1. FC Köln geprägt war.
ZM: Toni Kroos - Ein weiterer WM-Held von 2014, schon in Brasilien war Toni Kroos einer der entscheidenden Faktoren für den WM-Sieg, der Taktgeber im Mittelfeld. Eine Rolle, die Kroos viele Jahre bei Real Madrid und bei Deutschland erfüllen sollte. Auch 2016 war Kroos für die Mannschaft von Jogi Löw unverzichtbar, spielte ein starkes Turnier und wurde neben Kimmich und Boateng ebenfalls in die Mannschaft des Turniers gewählt. Bei der diesjährigen Heim-EM im Sommer wird er zum letzten Mal das deutsche Trikot überstreifen, nachdem er sich bereits bei Real Madrid mit dem fünften Champions-League-Titel in zehn Jahren bei den Königlichen als Vereinsikone verabschiedete.
ZM: Sami Khedira - Nicht zu vergessen ist natürlich auch Sami Khedira. Als einer von acht WM-Siegern in dieser Topelf war auch Khedira nicht aus der Startelf wegzudenken. So absolvierte der heute 37-Jährige bis zum Einzug ins Halbfinale jedes Spiel von Beginn an, bis er sich im Spiel gegen Italien nach einer knappen Viertelstunde eine Verletzung zuzog und gegen Frankreich von Emre Can ersetzt werden musste. Er lieferte neben Toni Kroos den defensiven Part des zentralen Mittelfelds, wie beim WM-Sieg 2014 neben Schweinsteiger, bei dem Khedira ebenfalls bereits absolute Stammkraft war. Khedira beendete 2021 mit einem WM-Titel, einem Champions-League-Titel und als deutscher, spanischer sowie fünffacher italienischer Meister seine Karriere.
RA: Thomas Müller - Bei zahlreichen Welt- und Europameisterschaften war Thomas Müller bereits im Einsatz, mit dem Anfang bei der WM 2010. Auch 2016 gehörte der Münchner natürlich zum Kader dazu. Mal als Rechtsaußen, mal als Zehner und mal als zweiter Stürmer, sogar als alleinige Sturmspitze stand Müller in diesem Turnier auf dem Platz. Irgendwo hat Jogi Löw immer einen Platz für den Raumdeuter gefunden. Das sagt eigentlich auch schon alles über die Bedeutung von Müller für Deutschland bei diesem Turnier aus. Als einer von wenigen Spielern aus diesem Kader wird Müller zudem auch bei der diesjährigen EM Teil des deutschen Kaders sein - wenn auch nicht mehr als unumstrittene Stammkraft wie Neuer und Kroos.
ZOM: Mesut Özil - Ähnlich wie Thomas Müller war auch Mesut Özil während seiner Nationalmannschaftskarriere auf verschiedenen Positionen immer im Einsatz. Ursprünglich mal als klare Nummer Zehn debütiert, wich Özil schon 2014 auf den Flügel aus. Auch 2016 war Özil auf beiden Seiten und in der Mitte tätig, nur auf der Bank war er nicht zu finden, spielte wie Neuer, Hector, Kroos und Müller jede Minute des Turniers. Der frühere Spieler des FC Schalke 04, Werder Bremen, Real Madrid, FC Arsenal, Fehnerbahce und Basaksehir beendete letztes Jahr ebenso wie Hector seine Spielerkarriere - als einer der besten deutschen Spielmacher aller Zeiten.
LA: Julian Draxler - Einst das größte Talent des FC Schalke 04, debütierte Julian Draxler bereits 2012 bei der Nationalmannschaft. Draxler wurde zur Europameisterschaft im selben Jahr noch zuhause gelassen, schaffte 2014 dann den Sprung in den Kader. Beim WM-Titel reichte es für Draxler jedoch nur zu einem Kurzeinsatz. 2016 war Draxler als mittlerweile gestandener Bundesliga-Profi jedoch gesetzt, stand einzig im letzten Gruppenspiel gegen Nordirland nicht auf dem linken Flügel in der Startelf. Im Achtelfinale gegen die Slowakei lieferte Draxler mit einem Tor und einer Vorlage eine überragende Leistung ab, die ihm den Titel als Spieler des Spiels einbrachte.
ST: Mario Gomez - Nach dem Rücktritt von Miroslav Klose, war Mario Gomez in der Sturmspitze gesetzt. Die Bedeutung von Gomez zeigte sich vor allem als er gegen Frankreich ausfiel und der deutschen Mannschaft die Torgefahr abhanden kam. Zwei Tore erzielte Gomez im Turnier, nachdem er bereits bei der EM 2012 Toptorschütze des Turniers gewesen war und Klose auf die Bank verdrängt hatte. Den WM-Titel 2014 verpasste Gomez jedoch verletzungsbedingt. Mit Stuttgart und Bayern wurde Gomez dreifacher deutscher Meister, gewann zweimal den Pokal und einmal die Champions League. 2020 beendete er seine Karriere.