DFB-Team schießt Lettland ab: 5 Erkenntnisse zum letzten EM-Test
Von Simon Zimmermann
Mit 7:1 schoss die deutsche Nationalmannschaft im letzten Testspiel vor der EM den Underdog aus Lettland ab. Vor allem in Hälfte eins zeigte sich das DFB-Team im Offensivspiel sehr effektiv und wusste mit schönen Spielzügen zu gefallen. Einziger Wermutstropfen beim 100. Länderspiel von Kapitän Manuel Neuer blieb der Gegentreffer, bei dem sich die eingewechselten Emre Can und Niklas Süle nicht sonderlich konzentriert zeigten.
Die Erkenntnisse zur EM-Generalprobe:
1. Dreierkette zum Auftakt gegen Frankreich steht
Viel diskutiert wird vor dem Turnierstart die Formation in der Abwehr. Dabei geht es weniger um das Personal, als mehr um das System. Löw scheint sich auf eine Dreier-Abwehr festgelegt zu haben. Dass diese aus Matthias Ginter, Mats Hummels und Antonio Rüdiger bestehen wird, dürfte klar sein. Niklas Süle bleibt demnach nur die Bank.
Vor allem Hummels und Ginter zeigten gegen Lettland viele gute Ansätze im Offensivspiel. Defensiv war die deutsche Abwehr dagegen kaum gefordert.
2. Gosens spielt sich fest - Wer spielt rechts?
Im System mit Dreierkette gibt es nur zwei echte Flügelspieler. Auf der linken Seite hat sich Robin Gosens auf seiner Idealposition mit dem starken Offensiv-Auftritt gegen Lettland festgespielt.
Spannender ist die Frage, wer rechts aufläuft. Mit Lukas Klostermann fiel der einzige "Spezialist" im Aufgebot gegen Lettland verletzt aus. Zum Turnierstart gegen Frankreich ist der Leipziger aber wohl wieder fit. Klostermann hat seine Stärken vor allem in der Defensive.
Gegen Lettland zog Löw Joshua Kimmich auf die Seite. Eigentlich wollte der Bundestrainer dies nicht mehr tun. Die große Frage wird sein, ob Kimmich auch zum EM-Start rechts aushelfen muss. Im Vergleich zu Klostermann wäre er die deutlich dynamischere, spielstärkere und offensivere Variante. Tendenz: völlig offen!
3. Gündogan überzeugt - Kroos mit Schwächen
Die Frage nach der Kimmich-Position zieht sich wie ein Rattenschwanz bis ins Zentrum. Dort durften gegen Lettland die Routiniers Toni Kroos und Ilkay Gündogan ran. In der breiten Auswahl im Kader wohl die spielstärkste Variante, auch wenn Kroos im ersten Spiel nach seiner Corona-Infektion ungewöhnlich viele Fehlpässe in seinem Spiel hatte. Gündogan dagegen zeigte auch im DFB-Dress mal wieder seine neugewonnene Torgefahr und hatte viele gute Aktionen.
Problem bei der Kombination Kroos/Gündogan ist gegen Frankreich aber vor allem die mangelnde Zweikampfstärke. Beide sind keine waschechten Sechser und denken eher offensiv. Der DFB-Elf könnte so die nötige Stabilität abhanden kommen. Neben Kimmich wäre nur Emre Can aktuell eine Alternative, wenn Löw auf einen Abräumer im Zentrum setzen will. Eine weitere Variante wären drei zentrale Mittelfeldspieler. Dann müsste noch ein Offensivmann geopfert werden.
Auch hier ist die Tendenz völlig offen. Löw wird sich zwischen Kimmich rechts und Kimmich in der Mitte entscheiden müssen. Kroos oder Gündogan müssten im zweiten Fall weichen. Mit drei Zentrumsspielern wird Löw höchstwahrscheinlich nicht beginnen.
4. Havertz sammelt Pluspunkte
Im Offensiv-Trio sind zwei Startelf-Plätze bereits fest vergeben. Thomas Müller gibt den Anführer, Serge Gnabry ist ebenfalls sicher. Daneben streiten sich mit Kai Havertz, Leroy Sané und Timo Werner drei Spieler um den dritten Platz. Während Werner wohl die schlechtesten Karten besitzt, sammelte Havertz viele Pluspunkte gegen Lettland. Der frischgebackene Champions-League-Siegtorschütze zeigte sich stark im Eins-gegen-eins und leitete viele gefährliche Aktionen ein. Bei Leroy Sané wechselten sich trotz dessen Treffers Licht und Schatten ab.
Eigentlich spricht gegen Frankreich alles für Havertz, mit dem die deutsche Offensive noch variabler ist. Müller, Gnabry und Havertz können auf allen drei Positionen agieren und so immer wieder rochieren.
5. Es müllert wieder
Thomas Müller ist zurück - und das ist auch gut so! Neben seinen fußballerischen Fähigkeiten kann er das Team mit seiner Art und Kommunikation mitreißen. Müller ist der x-Faktor im deutschen Offensivspiel, auch wenn ihm der kongeniale Sturmpartner wie bei den Bayern fehlt. Das Zusammenspiel mit Havertz sah gegen Lettland aber schon sehr gut aus - auch weil Havertz ebenfalls ins Sturmzentrum rücken kann und das auch häufiger tut.