DFB-Pokalhalbfinale: Essen will Revanche, Eintracht-Frauen gegen formstarke Bayern

Im Halbfinale trifft der Seriensieger VfL Wolfsburg auf die SGS Essen. Mit einem erneuten Triumph in Köln hätten die Wölfinnen den Pokal zehnmal in Folge gewonnen. Bayern München empfängt zuhause Eintracht Frankfurt.

Essen will den Spirit von 2020 zeigen und Rache nehmen

VfL Wolfsburg vs. SGS Essen: Samstag, 30. März 2024, 13:00 Uhr

Neunmal hintereinander hat der VfL Wolfsburg den DFB-Pokal hintereinander gewonnen. Seit 2014 waren die Wölfinnen stets unschlagbar, die letzte Niederlage in dem Wettbewerb datiert vom 16. November 2013: Mit Nadine Keßler, Nilla Fischer und Lina Magull in der Startelf unterlag der VfL dem 1. FFC Frankfurt. Es waren andere Zeiten.

Danach folgte Pokalsieg auf Pokalsieg. Einige Endspiele waren für den VfL ein Spaziergang (das 4:0 gegen Turbine Potsdam 2022, das 4:1 gegen Freiburg im letzten Jahr). Die meisten Finales waren jedoch harte Arbeit, teils gegen Teams, die nicht jeder im Endspiel erwartet hätte: Der SC Sand schaffte das 2017, aber Jovana Damnjanovics Anschlusstreffer war nach Harders Doppelpack zu wenig für den Außenseiter. Heute spielen Damnjanovic und Harder beide in München - andere Zeiten eben.

Den vielleicht härtesten Kampf während der neunjährigen Dominanz lieferte die SGS Essen 2020. Lea Schüller schrieb mit einem Treffer nach nur zwölf Sekunden Sportgeschichte, schneller fiel in dem Wettbewerb noch nie ein Tor. Es entwickelte sich ein munterer Schlagabtausch mit mutigen Essenerinnen. Wolfsburg schien die Partie mit einem späten Tor von Dominique Janssen gewonnen zu haben, dann glich Essen in der Nachspielzeit aus - nur um dann im Elfmeterschießen das Fußballherz gebrochen zu bekommen.

Das Finale ging als eins der besten und unterhaltsamsten überhaupt in die Geschichte ein, auch weil es für beide Vereine den Beigeschmack eines Abschieds hatte. Mit Pernille Harder und Sara Björk Gunnarsdottir verließen zwei prägende Figuren den VfL. Essen musste den Abgang von zwölf (!) Spielerinnen verkraften, darunter Lea Schüller, Marina Hegering und Lena Oberdorf, die sich nach einer bärenstarken Leistung im Finale ausgerechnet dem VfL anschloss.

Trotz aller Abgänge ging die SGS weiter ihren Weg, bildet jede Saison zahlreiche starke Talente aus. Jetzt bietet sich nach einer erneut sehr guten Saison die Chance zur Revanche: Der VfL verlor zuletzt zweimal in der Liga, gegen Hoffenheim und Bayern. Die Übermacht des ehemaligen Giganten bröckelt, unantastbar wirkt Wolfsburg nicht mehr - selbst im Lieblingsgefilde, im Pokal.

Der Pokal-VfL ist allerdings nochmal eine andere Hausnummer, das mussten schon andere Teams schmerzlich erfahren. Zudem Essen in den letzten Partien offensiv recht uninspiriert wirkte. Für eine Pokalsensation braucht es eine absolute Topleistung mit Mut und Kaltschnäuzigkeit - Essen muss den Spirit von 2020 zeigen, und dazu diesmal das Quäntchen Glück auf seiner Seite haben. Taktikfuchs Markus Högner, schon seit fünf Jahren in Essen, will wieder mit den richtigen Kniffen aufwarten. Den Gegner kennt er: Von 2017 bis 2019 war Högner zwei Jahre lang Co-Trainer beim VfL.

Frankfurt will endlich gewinnen, wenn es zählt

FC Bayern München vs Eintracht Frankfurt: Sonntag, 31. März 2024, 15:45 Uhr

2020 fusionierte der 1. FFC Frankfurt, der erfolgreichste Verein im deutschen Frauenfußball, mit Eintracht Frankfurt. Damit endete eine Ära, eine neue begann. Unter dem Adlerwappen hatte man am Main die erneute Ambition, wieder einer der besten Vereine Deutschlands zu werden. Viereinhalb Jahre später ist das durchaus gelungen.

Wer heute "Topklubs der Frauen-Bundesliga" sagt, meint meist Wolfsburg, Bayern - und auch Frankfurt, vielleicht noch Hoffenheim. Den Bayern-Wolfsburg-Dualismus konnte Frankfurt bisher aber nicht durchbrechen, im Titelrennen sind die beiden Rivalen Jahr um Jahr enteilt. Und im DFB-Pokal? Da ist Frankfurt dieses Jahr gegen die individuell unterlegenen Gegner souverän gewesen - eine Verbesserung im Vergleich zur Vorsaison, als die SGE gegen den Zweitligisten Leipzig unterlag.

Aber der Eintracht fehlt weiterhin ein Sieg in einer K.o.-Runde gegen Bayern oder Frankfurt - solch ein Erfolg wäre wohl das Ticket, um wirklich in den Klub der Großen aufgenommen zu werden. 2021 erreichte die SGE das Finale, scheiterte aber haarknapp an Wolfsburg. In der Liga siegte Frankfurt schon mit 4:0 gegen Wolfsburg, ein echtes Ausrufezeichen. Auch gegen Bayern erkämpften sich die Adlerträgerinnen in den letzten beiden Saisons immerhin je einen Punktgewinn.

Folgt jetzt im Halbfinale der große Wurf? Leicht wird das nicht, denn die traditionell heimstarke Eintracht muss auswärts in München antreten. Gegen ein sehr formstarkes Bayern-Team: Die Elf von Alexander Straus reitet aktuell ein Hoch, konnte gerade zum ersten Mal seit 2008 Wolfsburg auswärts besiegen. Nicht irgendein Arbeitssieg war das, sondern ein deutlicher, 4:0 stand es in der Volkswagen-Arena. Der Abstand war wohl ein oder zwei Tore zu hoch, aber zeigt, wie effizient sich Bayern zeigte.

Couragiertes Anlaufen von Lea Schüller, Konter über Harder und Bühl, zack, zack, Tor: Eiskalt wie nie zuvor in dieser Saison zeigte sich der FCB in Hälfte zwei. Das Kontern wie im Schlaf beherrscht auch Frankfurt gut - schnelle Kombinationen über Prasnikar und Anyomi sind eine Spezialität am Main, in der Bundesliga inzwischen fast so berühmt wie die Grüne Soße.

Und jetzt kopieren die Bayern einfach dieses Erfolgsrezept, um mit 4:0 gegen Wolfsburg zu gewinnen - Frechheit! Am Sonntag wird es interessant, ob sich die Münchnerinnen zuhause wieder mehr auf ihr Ballbesitzspiel verlegen oder Frankfurt mit ihren eigenen Waffen schlagen wollen. Und ob Frankfurt es endlich gelingt, im entscheidenden Moment zu siegen: "Da haben wir unser Riesenmanko", sagte auch eine frustrierte Laura Freigang nach der unglücklichen 1:2-Schlappe gegen Bayern in der Liga: "Wir wollen endlich diese Spiele für uns entscheiden."