"Werden überrannt": Muss Kimmich gegen Frankreich zentral spielen?
Von Stefan Janssen
Für eine Formation mit Dreierkette ist die rechte deutsche Außenbahn nicht optimal besetzt, deshalb muss es bei der EM nun wohl Joshua Kimmich machen. Berti Vogts und Lothar Matthäus würden den Münchner aber deutlich lieber im Zentrum sehen, vor allem gegen Frankreich, um nicht "überrannt" zu werden.
Joshua Kimmich wird bei der EM aller Wahrscheinlichkeit nach auf der rechten Außenbahn spielen. Joachim Löw scheint auf die Dreierkette zu setzen und hat deshalb nur Platz für zwei zentrale Mittelfeldspieler. Auf dieser Position herrscht ein Überangebot, weswegen man es sich grundsätzlich leisten kann, Kimmich auf die rechte Seite zu stellen - denn dort fehlt ansonsten ein passender Spieler, gerade im 3-5-2 respektive 3-4-3.
Lukas Klostermann und auch Matthias Ginter könnten in einer Viererkette hinten rechts agieren, doch ein Schienenspieler wie Paradebeispiel Robin Gosens auf dem linken Flügel sind sie bei weitem nicht. Auch Joshua Kimmich nicht unbedingt, zumindest verfügt er aber über deutlich bessere Offensivqualitäten und ist damit eigentlich der einzige Spieler, der für diese Position aktuell in Frage kommt.
Bakus Nicht-Nominierung für Matthäus "ein Rätsel"
Ein klein wenig ist das ein hausgemachtes Problem. Mit Ridle Baku gibt es einen Spieler, der perfekt in diese Rolle gepasst hätte und auch schon Teil der A-Nationalmannschaft war. Löw verzichtete aber auf den Wolfsburger, der stattdessen mit der U21 Europameister wurde. "Mir persönlich ist es ein Rätsel", schrieb Lothar Matthäus in seiner Kolumne bei der Sport Bild. "Er hat eine hervorragende Saison hinter sich, bringt Schnelligkeit und Dynamik mit, ist zudem flexibel einsetzbar."
"Die rechte Außenbahn ist die Schwachstelle. Hier sehe ich nicht den geeigneten Spieler."
- Lothar Matthäus (via Sport Bild)
Die Dreierkette hält der Weltmeister von 1990 und jetzige TV-Experte dennoch für eine gute Wahl, auch wenn er sie personell wohl anders aufstellen würde. Kimmich wäre bei Matthäus definitiv im Zentrum gesetzt, neben Leon Goretzka (sobald fit) und hinter Thomas Müller. Es sei "ein großer Vorteil, dass die Bayern-Achse funktioniert, die Spieler die Abläufe kennen."
Gerade was das Spiel gegen Frankreich angeht, kann man Matthäus sicherlich beipflichten, auch wenn Goretzka natürlich noch fehlen wird. Aber Kimmich vor der Abwehr statt auf der rechten Seite würde sicherlich vielen ein besseres Gefühl geben, als wenn die eher offensiv denkenden Toni Kroos und Ilkay Gündogan dort spielen. Auch RTL-Co-Kommentator Steffen Freund merkte beim Test gegen Lettland an, dass das Mittelfeldzentrum gegen Frankreich wohl eher nicht so aussehen wird. Gegen die Letten könne man das zwar machen, gegen den Weltmeister aber nicht.
Vogts fordert gegen Frankreich ein Umdenken
Berti Vogts drückte das in seiner Kolumne bei t-online noch deutlicher aus: "Für mich ist klar, dass er (Kimmich, d. Red.) als zentraler Spieler am besten zur Geltung kommt - und dort auch zum Auftakt gegen Frankreich spielen muss", schrieb der ehemalige Bundestrainer. "Ohne ihn in der Zentrale werden wir im Zentrum von Frankreich überrannt. Deshalb muss Löw nun wieder umdenken."
"Selbstverständlich können wir auch gegen Frankreich gewinnen."
- Berti Vogts (via t-online)
Schwarz sieht Vogts grundsätzlich aber überhaupt nicht. Natürlich könne man gegen Frankreich gewinnen: "Ich muss offen zugeben, dass es mir nicht gefällt, wie aktuell in Deutschland über die Chancen in diesem Topspiel gesprochen wird. Für viele ist Frankreich der klare Favorit. Ich sage: Quatsch!" Und selbst wenn verloren würde, "können wir es mit Siegen gegen Portugal und Ungarn immer noch in die K.o.-Runde schaffen."
Es wird definitiv spannend sein zu sehen, wie Joachim Löw am kommenden Dienstag aufstellen wird. Vieles spricht aktuell dafür, dass Joshua Kimmich erst einmal auf der rechten Seite gesetzt ist und dass Gündogan und Kroos das Zentrum bilden, wenigstens so lange Goretzka noch fehlt. Würde das gegen die offensivstarken Franzosen gut gehen?