DFB-Direktor Oliver Bierhoff schlägt Alarm: "Wir werden für die Zukunft weniger Toptalente haben"

DFB-Direktor Oliver Bierhoff sieht schwere Jahre für die Nationalelf
DFB-Direktor Oliver Bierhoff sieht schwere Jahre für die Nationalelf / Stuart Franklin/Getty Images
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Die Alarmglocken sind an beim DFB! Deutschland gehen die Talente aus! Und aktuell deutet noch wenig darauf hin, dass sich das zeitnah ändern könnte. Oliver Bierhoff hebt den Zeigefinger.

Oliver Bierhoff hat keine Zweifel, dass im Sommer der Ball bei der Europameisterschaft rollt. "Wir wären doch als Mannschaft schon ab der Vorbereitung frühzeitig über den gesamten Zeitraum der EM geschlossen in einer Blase", erklärte der DFB-Direktor im Interview mit der Sportbild.

Mit Fans in den Stadien rechnet Bierhoff dagegen nicht. Die Austragung verteilt über ganz Europa zweifelt der 52-Jährige aber nicht an: "Mein Stand ist, dass eine Reduzierung der zwölf Länder aktuell genauso wenig infrage kommt, wie die Austragung an nur einem Standort."

Bierhoff schlägt Alarm: Talente-Armut beim DFB

Aktuell gehört das DFB-Team, trotz der jüngsten Rückschläge, zumindest zum erweiterten Favoritenkreis. Die interne Vorgabe an Bundestrainer Joachim Löw ist das Halbfinale. Es könnte vorerst das letzte weite Vordringen bei einem großen Turnier sein, folgt man Bierhoffs Warnungen. Denn der DFB-Direktor mahnt die große Talente-Armut in Deutschland an.

"Wir haben kaum Strafraum-Stürmer mehr, bei den Außenverteidigern und mittlerweile sogar bei den Torhütern Probleme", so Bierhoff. Und rückte einen Vergleich mit längst vergessenen Tagen an. Um die Jahrtausendwende nämlich sah es mit der Zukunft der Nationalmannschaft sehr trüb aus. Talente gab es kaum, Spieler wie Sean Dundee oder Paulo Rink wurden eingebürgert.

"Wir können auf jeden Fall Parallelen zu der damaligen Talente-Krise erkennen. Auch vor der EM 2000 oder 2004 hatten wir mit dem Vereinsmannschaften Erfolge. Vier Jahre vorher wurden wir Europameister [1996, Anm. d. Red.]. Das täuschte über die Probleme in der Nachwuchsarbeit hinweg. Die Folgen haben wir zu spüren bekommen. Das ist jetzt wieder ähnlich. Wir werden für die Zukunft weniger Toptalente haben."

Wo sind die deutschen Talente? Bundesliga blickt nach Frankreich und England

Bierhoff macht zwei Gründe aus, für seine deutliche Warnung. Erstens: Das DFB-Team komme aus einer "Zeit der Euphorie und Erfolge", er spüre noch nicht die "notwendige Bereitschaft, entschlossen drastische Veränderungen vorzunehmen". Zweitens: Die Maßnahmen greifen erst in fünf bis zehn Jahren. Aktuell sei ein ständiger Rückgang deutscher U23-Spieler in der Bundesliga festzustellen.

Auch U21-Nationalcoach Stefan Kuntz hatte zuletzt Alarm geschlagen. Laut Bierhoff habe er früher aus dem U21-Trainerteam die Rückmeldung erhalten, dass "fünf bis sechs Jungs definitiv Bundesliga- oder auch Nationalspieler werden können". Aktuell gelte das nicht - bis auf die Ausnahmen Florian Wirtz (Bayer Leverkusen) und Youssoufa Moukoko (BVB).

Die nötigen Maßnahmen, um wieder deutlich mehr Talente zu entwickeln sind bekannt: Mehr Freiheiten, mehr Kreativität - gerade für die Problem-Positionen in der Offensive. Bundesliga-Klubs würden laut Bierhoff "liebend gerne junge, deutsche Spieler einsetzen", die seien aber gerade nicht zu finden. Stattdessen richte sich der Blick notgedrungen auf den Spielermarkt in Frankreich und England.

Trübe Aussichten also für die Zukunft. Während bei den europäischen Nachbarn die Talente gen Himmel sprießen, muss man in Deutschland mit der Lupe suchen. Mehmet Scholl hat's schon lange gewusst...