Diese 5 Punkte muss die DFB-Elf gegen Portugal beachten
Von Dominik Hager
Solide, aber wenig erfolgreich ist die DFB-Elf gegen Frankreich ins EM-Turnier gestartet. Doch in der Todesgruppe F gilt das Zitat "nach dem Kracher, ist vor dem Kracher". Bereits am Samstag (18 Uhr) geht es für Joachim Löw und sein Team gegen den Titelverteidiger aus Portugal. Hier werden einige Dinge anders laufen müssen, als noch gegen die Franzosen.
1. Angriff benötigt Unterstützung aus dem Mittelfeld
Gegen die Franzosen war eines der größten Probleme, dass Kai Havertz, Serge Gnabry und Thomas Müller weitgehend auf sich alleine gestellt waren.
Zwar machten Joshua Kimmich und Robin Gosens die Wege in die Offensive mit, jedoch fehlte es im Zentrum an Nachrückern. Während Toni Kroos sich auf seine Passgeber-Fähigkeiten beschränkte, fand auch İlkay Gündogan nicht die gefährlichen Räume.
Im Portugal-Spiel wird es insbesondere beim 3-4-3-System darauf ankommen, dass ein Mittelfeld-Mann mit nach vorne und auch mal in die Box prescht. Ein wiedergenesener Leon Goretzka kommt da gerade recht. Der 26-Jährige wäre im Gegensatz zu Gündogan in der Lage, die Lücke zwischen dem Mittelfeld und dem Angriff zu füllen. Der Bayern-Star bringt die nötige Dynamik und das Verständnis für den Raum mit und ist sowohl per Fuß als auch per Kopf gefährlich.
Er besitzt dabei auch einfach ein größeres Durchsetzungsvermögen als der Man-City-Spieler, der sich seine Chancen eher im Kombinationsspiel erarbeitet. Dieses klappt im DFB-Team jedoch noch nicht in dem Maße, wie im Verein. Das Offensiv-Trio würde von einem präsenten Goretzka, der Räume schaffen kann, mehr profitieren.
2. Müller, Havertz und Gnabry müssen zulegen
Natürlich hatte die unauffällige Darbietung des Offensiv-Trios mit der starken französischen Abwehr, der fehlenden Unterstützung und der fragwürdigen Positionierung zu tun. Allerdings muss man die drei Akteure auch selbst in die Verantwortung ziehen.
Was Thomas Müller, Kai Havertz und Serge Gnabry individuell gezeigt haben, war schlichtweg nicht gut. Vor allem in puncto Technik und Ballkontrolle offenbarten die Akteure Defizite. Keiner der Genannten traute sich in Eins-gegen-eins-Situationen. Stattdessen häuften sich schwache Ballannahmen und eine holprige Ballverwertung. Im Kombinationsspiel stimmte ebenfalls wenig. Zwar waren die Angreifer bemüht, schnell und direkt zu spielen, blieben dabei aber größtenteils zu unpräzise.
Die Offensivspieler fanden zudem selten Räume und zogen Sprints zur falschen Zeit und am falschen Ort an. Gegen Portugal muss in allen Bereichen mehr kommen.
Innenverteidiger Pepe ist schließlich bereits 38 Jahre alt und sicherlich verwundbar. Es könnte auch Sinn ergeben, den ehemaligen Real-Star vermehrt zu attackieren, zumal sein Partner Rúben Dias zu den stärksten Verteidigern weltweit zählt.
3. Achtung auf Portugals Ballkünstler
Zwar sind die Portugiesen und Franzosen zweifellos beide Top-Teams, jedoch unterscheiden sie sich doch recht deutlich. Frankreich kommt sehr über die Defensive und schaltet mit viel Geschwindigkeit und Power um.
Portugal agiert dagegen mit mehr Ballbesitz als noch bei der EM 2016, weil sie schlichtweg die Spieler dafür haben. Akteure wie Bernardo Silva oder Bruno Fernandes sind keine Super-Sprinter, aber besitzen eine ganz feine Technik.
Sie verfügen über eine extrem enge Ballführung, ein präzises Passspiel und viel Kreativität. Vorne in der Spitze befindet sich zudem noch ein Cristiano Ronaldo, der weniger über seine Läufe und seine Geschwindigkeit kommt als früher, aber immer noch ein grandioser Torjäger ist.
Gegen die tödlichen Bälle von Silva und Fernandes muss die DFB-Elf absolut vorgewarnt sein. Gelingt es dem Team, die beiden kreativen Köpfe auszuschalten, ist Portugal absolut verwundbar. Das zentrale Mittelfeld, bestehend aus Carvalho und Pereira, hat seine Stärken in der Defensive, besitzt jedoch weder die Kreativität, noch das Passspiel, um die Offensive in Szene setzen zu können.
Demnach muss die deutsche Defensive auf Fernandes und Silva konzentrieren und jederzeit bereit sein, die gefährlichen Offensivspieler bereits bei der Ballannahme zu attackieren.
4. Portugal ist auf dem Flügel verwundbar
Dass die Deutschen gegen Frankreich nicht so gefährlich über den Flügel waren, liegt auch an Benjamin Pavard und Lucas Hernández. Beide Bayern-Stars sind gelernte Innenverteidiger und verstehen vom Defensivspiel quasi alles.
Selbstredend hatten gerade Joshua Kimmich und Robin Gosens keinen so leichten Job. Der amtierende Europameister ist jedoch über die Außen wesentlich anfälliger. Auf den Außenverteidigerpositionen agieren voraussichtlich Nelson Semedo und Raphaël Guerreiro. Beide sind zwar offensiv gefährlich, weil Guerreiro ein großartiger Techniker und Semedo ein starker Athlet ist, jedoch haben sie defensiv ihre Defizite.
Gerade in München erinnert man sich noch gut daran, wie Semedo beim Champions-League-Spiel gegen Davies und Co. völlig überfordert war. Hier könnte eine Hereinnahme von Leroy Sané absolut Sinn ergeben, zumal dieser als Eins-gegen-eins-Spieler mehr Schaden anrichten kann als Kai Havertz.
5. Zweikämpfe im Mittelfeld gewinnen
Sollten Carvalho und Pereira im Mittelfeld wieder beginnen, verfügt Portugal zwar nicht über starke Techniker und Passgeber, jedoch über sehr viel Disziplin, Verlässlichkeit und Zweikampfhärte. Insbesondere William Carvalho ist mit seinen knappen 1,90 Metern ein echter Brocken.
Hierbei die Überhand zu gewinnen, wird gar nicht so leicht. Zwar sind Ilkay Gündogan und Toni Kroos fußballerisch deutlich überlegen, jedoch bringt das wenig, wenn die Portugiesen alle Zweikämpfe gewinnen.
Demnach würde es schon Sinn ergeben, wenn zumindest Leon Goretzka gegen Portugal zurückkehrt. Der muskulöse Münchner besitzt die körperlichen Fähigkeiten, um gegenhalten zu können und ist zudem noch der dynamischere Spieler. Ein Kimmich könnte hierbei auch helfen, wird jedoch auf rechts gebraucht, da Joachim Löw am System wohl nichts ändern möchte.