Deutschland gegen Finnland: Vier Erkenntnisse zum Spiel
Von Helene Altgelt
Deutschland konnte auch ihr drittes Gruppenspiel ohne Gegentor abschließen und hat sich souverän für das Viertelfinale qualifiziert. Gegen Finnland fehlte über Strecken des Spiels die Präzision im Abschluss und bei den Flanken, Deutschland gelang es aber trotz des tiefen Blocks, das Tempo anzuziehen. Hier gibt es vier Erkenntnisse vom Spiel.
Auch gegen tiefen Block: Deutschland kann das Spiel schnell machen
Oft sehen Spiele von einem ballbesitzorientierten Team gegen einen tiefstehenden Underdog ein bisschen aus wie beim Handball. Die Spielerinnen des dominierenden Teams stehen im letzten Drittel um den Strafraum herum, passen sich den Ball zu und warten darauf, dass eine Lücke entsteht. Deutschland hat es gegen Finnland aber gut geschafft, auch selbst diese Lücken zu forcieren und Durchbrüche in den Strafraum zu ermöglichen. Wichtig waren dafür die schnelle Ballverarbeitung, die auch schon gegen Dänemark aufgefallen war, und das Spiel in die Tiefe mit Steilpässen.
Die deutschen Offensivspielerinnen rotierten auf dem Platz mehr als zuvor, um Übergewichte auf einer Seite zu schaffen und dann anderswo die Lücke zu finden. Besonders konnte sich dabei Linda Dallmann empfehlen, die erneut ihr gutes Gespür für die Räume bewies und zwei Chancen kreierte. Falls Lina Magull gegen Österreich nicht fit ist, muss Martina Voss-Tecklenburg keine Bauchschmerzen dabei haben, ihre Bayern-Mitspielerin einzusetzen.
Konsequente Flügelbesetzung mit drei Spielerinnen
Wenn die Lücke durch einen Steilpass nicht möglich war, kam oft eine Flanke. Offensichtlich sollte dabei das Erfolgsrezept "Flanke – Kopfball Popp – Tor" wieder einmal bedient werden, was letztendlich auch klappte. Zur Entstehung dieser Flanken besetzte Deutschland oft mit drei Spielerinnen den Flügel, um sicherzustellen, dass die Hereingabe möglich wurde. Besonders auf der rechten Seite waren Gwinn und Huth ein gutes Duo, dazu kam dann eine Mittelfeldspielerin. Durch diese Dreiecke machte es Deutschland Finnland schwer, die Flanken zu verteidigen.
Dadurch, dass bereits zwei Spielerinnen außen standen, die sie bedienen konnten, konnte Svenja Huth auch immer wieder zur Grundlinie vorstoßen und von dort einen flachen Pass bringen. Wie in bisherigen Spielen war ein Übergewicht der Angriffe über rechts zu beobachten. In Österreich hat Deutschland nun einen nächsten Gegner, der mit Verena Hanshaw, die gegen Norwegen sehr stark war, eine gute Linksverteidigerin hat. Es wird interessant zu sehen, wie viel Deutschland dort über den Flügel kommen kann.
Außenverteidigerinnen mit Schlüsselfunktion im Angriff
Die Außenverteidigerinnen waren an allen Toren beteiligt – das zeigt schon, wie viel Freiraum nach vorne sie in diesem Spiel hatten. Gwinn flankte viel und ging immer wieder mit dem Ball nach vorne, Anyomi ersetzte sie mit ähnlichem Offensivdrang, auch wenn der sich weniger in Flanken und mehr in Aktionen in den Halbräumen zeigte. Anyomi konnte sich generell empfehlen, leitete mit ihrem wunderschönen Pass das 2:0 ein und konnte ihre Leistung mit ihrem ersten Länderspieltor krönen.
Bei beiden Aktionen fiel ihre Hartnäckigkeit auf, mit der sie nochmal nachsetzte, um zu verhindern, dass Finnland den Ball klären konnte - ein Attribut, das sie aus dem deutschen Kader herausstechen lässt. An Gwinn als Rechtsverteidigerin wird sie jedoch vermutlich nicht vorbeikommen, da sich auch gegen Finnland in manchen Szenen zeigte, dass sie sich in der Defensive nicht am wohlsten fühlt. Aber auch Gwinn hatte Platz hinter sich gelassen, den Finnland mit dem ein oder anderen besser ausgespielten Konter ausnutzen hätte können. Gegen Österreich werden die Außenverteidigerinnen vermutlich wieder etwas tiefer stehen.
Präzision bei Flanken und Abschlüssen fehlt
In der ersten Hälfte versuchte Deutschland, wie schon erwähnt, immer wieder Alex Popp zu finden. Außer ihr sind viele Offensivspielerinnen Deutschlands aber keine Kopfballmonster, zudem war die Box-Besetzung bei Flanken nicht optimal. So segelten viele Hereingaben ins Nichts: Nur acht Flanken fanden am Ende eine Abnehmerin, das sind bei insgesamt 36 Flanken nur magere 22 %. Gegen Österreich, ebenfalls in der Defensive stark, sollte nochmal an der Präzision in dem Bereich gearbeitet werden. Auch beim Abschluss erlaubte sich Deutschland ein paar Nachlässigkeiten, viele Schüsse wurden geblockt oder die Spielerinnen waren zu hektisch.
Dies ist ein interessanter Kontrast zum Spiel gegen Spanien, wo Deutschland weder den Ball noch viele Torschüsse hatte, aber die wenigen Chancen dann eiskalt nutzte. Vielleicht stimmt ja hier die Redewendung, dass ein gutes Pferd nur so hoch springt, wie es muss – und angesichts der ansprechenden Leistung in den anderen Punkten war Deutschland auch gegen Finnland ein "gutes Pferd".
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