Deutschland vs. England: Der Head-to-Head-Vergleich
Von Martin Bytomski
"Wir werden das Spiel analysieren und hoffen, dass wir dann am Dienstag gegen England ein anderes Ergebnis und eine andere Leistung auf den Platz bringen", so die klaren Worte von Bundestrainer Hansi Flick nach dem 1:1 gegen Italien. Vor dem Duell des 2. Spieltags in der Nations League am Dienstag (ab 20.45 Uhr) gegen die Three Lions sind allerdings auch die Engländer unter Druck: Zum Auftakt verlor der EM-Finalist 0:1 in Ungarn. Wir blicken vor dem stets brisanten Aufeinandertreffen auf die Head-to-Head-Duelle.
Manuel Neuer vs. Jordan Pickford
Bei der italienischen Führung stand Manuel Neuer auf verlorenem Posten - ansonsten bekam der DFB-Kapitän wenig zu tun. Mit dem 109-fachen Nationalspieler weiß die deutsche Abwehr einen stets souveränen Rückhalt hinter sich. Im Gegensatz zu Neuer ist Pickford kein Schlussmann auf Weltklasse-Niveau. Immerhin: Der 28-Jährige ist Stammtorhüter beim FC Everton und steht voll im Saft. Vorteil: Deutschland.
Jonas Hofmann vs. Trent Alexander-Arnold
Bei Deutschland eine Schwachstelle, bei der Auswahl von der Insel ein Glanzlicht: Die Rechtsverteidiger-Position. Gegen Italien durfte Benjamin Henrichs hinten rechts ran und machte seine Sache ordentlich. Gegen England könnte sich auf der rechten Seite Jonas Hofmann versuchen, der im DFB-Dress umfunktioniert werden soll. Gerade defensiv fehlt dem Gladbacher aber die Erfahrung auf dieser Position, wie man beim Gegentor in Italien sah. Offensiv kann Hofmann dagegen für viel Belebung sorgen. Die Three Lions können dagegen mit Trent Alexander-Arnold einen der besten Rechtsverteidiger der Welt aufbieten. Wenn überhaupt, ist der Rückwärtsgang eine kleine Schwäche des LFC-Kickers. Dennoch ist klar - Vorteil: England.
Niklas Süle vs. Kyle Walker
Der Bayern-Verteidiger hat bis auf ganz wenige Ausnahmen eine exzellente Saison gespielt und seine Innenverteidiger-Kollegen weitgehend in den Schatten gestellt. Süle ist groß, zweikampfstark, endschnell und fußballerisch beschlagen, wodurch er über ein sehr komplettes Gesamt-Paket besitzt. Walker ist trotz seiner 32 Jahre ein enorm athletischer Spieler und sicherlich ein Stück antrittschneller und wendiger als Süle. Der universell einsetzbare Verteieiger hat jedoch eine schwere Saison hinter sich, in der er immer wieder von Verletzungen zurückgeworfen wurde. Im Saison-Endspurt fehlte er wochenlang wegen einer Knöchelverletzung. Es ist nicht ganz gesichert, dass Walker sein ganzes Können aufbieten kann. Vorteil: Deutschland.
Antonio Rüdiger vs. Harry Maguire
Wegen seiner Physis und klaren Ansprache hat sich Bald-Madrilene Antonio Rüdiger zum Lautsprecher in der DFB-Abwehr entwickelt. Vor allem die Zeit beim FC Chelsea hat den Innenverteidiger mit Blick auf die Körpersprache und Kompromisslosigkeit im Zweikampf enorm reifen lassen. Dagegen macht England-Kapitän Harry Maguire gerade eine schwierige Phase durch. Er ist so etwas wie das Sinnbild für die schwache Saison von Manchester United geworden - die Kritik ist heftig, auch wenn sie teilweise über das Ziel hinausschießt. Vorteil: Deutschland.
Thilo Kehrer vs. John Stones
Aufgrund der unterschiedlichen Formationen ist dieses Duell wahrlich schwierig zu vergleichen. Stones spielt schließlich in der Innenverteidigung, wohingegen Kehrer unter Flick als Linksverteidiger eingesetzt wird. John Stones ist seit Jahren ein fester Anker der Three Lions, saß in der abgelaufenen Saison bei den Skyblues meist auf der Bank. Trotz allem kann man sich auf den zweikampf- und kopfballstarken Spieler eigentlich immer verlassen. Kehrer fristet bei PSG ein Reservisten-Dasein, bei Flick scheint er aber ein Stein im Brett zu haben. Der gelernte Innenverteidiger ist das defensivere Gegenstück zum offensiv ausgerichteten Außenverteidiger auf der anderen Seite. Möglich wäre zwar auch ein Startelf-Einsatz von David Raum. Dass Flick aber mit Hofmann und Raum beginnt, ist eher fraglich. Das Duell Kehrer gegen Stones geht knapp an den Briten. Vorteil: England.
Ilkay Gündogan vs. Jude Bellingham
Würde Bellingham hier gegen Goretzka antreten, würde man durchaus von ähnlichen Spielertypen sprechen. Wahrscheinlich darf aber Ilkay Gündogan von Beginn an ran. Der City-Star ist eher ein Spieler, der vor allem mit seiner Ballsicherheit glänzt. Bellingham, der gerade seine zweite Saison als Stammspieler bei Borussia Dortmund absolviert hat, ist naturgemäß noch grüner hinter den Ohren. Dafür spricht der "Schlitzohr-Faktor" für den Publikumsliebling des BVB. Beide Spieler gehen gerne mit in die Torgefährlichen Räume, wobei das Gündogan für Man City deutlich besser gelingt als für die DFB-Elf. Unentschieden.
Joshua Kimmich vs. Declan Rice
Beide Spieler sind elementar wichtig für ihre Nationalmannschaften. Kimmich ist der Denker und Lenker im Mittelfeld und geht mit einer motivierten und von einer gewissen Grundagressivität geprägten Einstellung vorne ran. Zudem ist der Mittelfeld-Leader ein sehr feiner Passgeber und kann das Spiel sowohl verlagern, als auch entscheidende Pässe nach vorne geben. Zwar hat der Deutsche nicht seine beste Saison gespielt, aber beim Spiel gegen Italien klar den besten Eindruck aller DFB-Kicker hinterlassen. Rice ist spielerisch stark und athletisch stärker als Kimmich, kann dem Spiel aber weniger seinen Stempel aufdrücken und ist offensiv harmloser. Vorteil: Deutschland.
Jamal Musiala vs. Phil Foden
Gegen Italien musste Jamal Musiala noch bis zur 59. Minute auf seinen elften Einsatz warten - gut möglich, dass der Lieblingsschüler von Flick gegen das Land, für das er 23 Junioren-Nationalmannschaftsspiele bestritt, von Beginn an auflaufen darf. Denn gegen die Squadra Azzurra brachte Musiala sofort Ideen ins deutsche Spiel und sorgte für spielerische Lichtblicke. Ebenfalls aus der kreativen Feinkostabteilung ist Phil Foden. Der 22-Jährige ist einer der unberechenbarsten Kicker der Welt und kann stets mit seinen Geniestreichen die Partie entscheiden. Allerdings: Im Gegensatz zum stets fleißigen Musiala taucht der City-Kicker bisweilen ab und ist seinen Teams in der Defensive oft keine große Hilfe. Dennoch gewinnt Foden das Duell für sich. Vorteil: England.
Thomas Müller vs. Jack Grealish
Selbst wenn Jack Grealish Manchester City 117,5 Millionen Euro gekostet hat, kann es bei diesem Duell eigentlich keine zwei Meinungen geben. Zwar ist der Engländer grundsätzlich ein feiner Kicker, jedoch hat er in seiner Karriere bei Weitem nicht das geleistet, was ein Thomas Müller geleistet hat. Auch in der abgelaufenen Saison hat Raumdeuter und Lautsprecher Müller 38 Scorer-Punkte vorzuweisen. Die zehn Torbeteiligungen von Grealish sind selbstredend ein Witz dagegen. Dennoch muss Müller so langsam auch mal wieder im DFB-Team auf Touren kommen, wo Top-Abnehmer Robert Lewandowski fehlt. Vorteil: Deutschland.
Serge Gnabry vs. Raheem Sterling
Es ist ein wenig der Vergleich zweier potenzieller Superstars, die ihre PS nur selten vollständig auf den Rasen bekommen: Serge Gnabry und Raheem Sterling. Beide sind mit Blick auf ihre Fähigkeiten jeweils in der Lage, Spiele alleine zu entscheiden. Doch Gnabry zeigt seine Klasse zu unregelmäßig und taucht dafür regelmäßig ab. Vor allem die abgelaufene Rückrunde beim FC Bayern genügte nicht seinen Ansprüchen. Gänzlich unumstritten ist auch Sterling bei City nicht. In den Viertelfinal-Partien in der Champions League gegen Real Madrid wurde er insgesamt gerade einmal rund eine halbe Stunde eingesetzt. Auch bei den Three Lions ist er zuletzt nicht mehr unumstrittener Stammspieler gewesen. Denn Sterling fehlt es aktuell an der letzten Entschlossenheit, seine unglaubliche Geschwindigkeit auf den Platz zu bringen. Somit endet auch dieses Duell: Unentschieden.
Kai Havertz vs. Harry Kane
Für den FC Chelsea läuft Kai Havertz mittlerweile zumeist im Angriffszentrum auf - das könnte mit Blick auf die nur mäßige Form von Havertz‘ Mannschaftskollegen Timo Werner auch bald in der Nationalmannschaft der Fall sein. Denn der 22-Jährige ist kopfballstark, klar in seinen Aktionen und kann dank seiner technischen Fähigkeiten die Bälle auch in vorderster Front gut verteilen. Nicht so spielstark, dafür eiskalt im Abschluss ist Harry Kane. Seit Sommer netzte er unglaubliche elf Mal in neun Partien für England ein. Auch für Tottenham ist die Ausbeute in Pflichtspielen in dieser Spielzeit beeindruckend: 27 Tore in 50 Partien. Wegen Kanes enormen Treffsicherheit: Vorteil England.
Somit enden die Head-to-Head-Vergleiche mit 5:4 für Deutschland.