Härtetest gegen Dänemark: Vorschau zu Deutschlands erstem Gruppenspiel
Von Helene Altgelt
Mit einem Sieg Englands gegen Österreich vor 68.871 Zuschauern im Old Trafford ging die EM im "Mutterland des Fußballs" los, diesen Freitag steht um 21 Uhr auch für Deutschland das erste Gruppenspiel an. Gegner Dänemark ist von der letzten EM noch wohlbekannt, denn 2017 fügten die Skandinavierinnen Deutschland eine schmerzhafte Niederlage im Viertelfinale zu. Jetzt könnte die Revanche gelingen, aber Deutschland wird auf der Hut sein, denn Dänemark ist in guter Form und hat einige herausragende Spielerinnen.
Ansetzung und Übertragung
Das Spiel findet am 8. Juli um 21 Uhr in Milton Keynes statt. In Deutschland wird es im ZDF sowie auf DAZN gezeigt.
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Modus und Gruppe
Bei der EM sind 16 Teams in vier Gruppen am Start, es stehen also drei Gruppenspiele an. Die Ersten und Zweiten jeder Gruppe ziehen ins Viertelfinale ein. Die deutsche Gruppe B wird dabei oft als "Hammergruppe" bezeichnet, und das zurecht: Gegen Vize-Europameister Dänemark, das mit Stars gespickte Spanien und Finnland, denen es zuzutrauen ist, dass sie einem der Favoriten ein Bein stellen, muss das Team von Martina Voss-Tecklenburg von Anfang an ihr gesamtes Können zeigen, um in die nächste Runde einzuziehen.
Deutschland: Hochveranlagtes Team mit Defensivschwächen
Deutschland ist individuell auf den meisten Positionen sehr gut besetzt. Es gibt nicht den einen Star, von der alle Angriffsaktionen abhängen, sondern ein konstant gutes Leistungsniveau. Das Problem war lange Zeit aber, dass Deutschlands Leistung auf dem Platz weniger gut war als die Summe aller Einzelspielerinnen - trotz all dem Talent wirkten die Angriffe oft uninspiriert, die Verteidigung, in der Deutschland wenige Weltklassespielerinnen hat, wackelte. Dazu kamen Verletzungssorgen und Corona, sodass Voss-Tecklenburg selten aus dem Vollen schöpfen konnte.
Gerade rechtzeitig zur EM ist das Team aber wieder größtenteils beisammen, es fehlen nur Spielmacherin Marozsan (Verletzung) und Chelseas Melanie Leupolz (Schwangerschaft). Da beide aber auf der Position, auf der Deutschland sowieso am stärksten besetzt ist, aktiv sind, sind auch diese Ausfälle zu verschmerzen. Zudem hat sich die Stimmung mit einem deutlichen 7:0 gegen die Schweiz in der Vorbereitung deutlich verbessert, in dem Spiel zeigte Deutschland zum ersten Mal seit langer Zeit, wie es aussehen kann, wenn alles zusammenläuft.
Dänemark: Mehr als nur Pernille Harder
Dänemark hat nicht auf allen Positionen die Qualität des deutschen Teams, sie haben mit der Spielmacherin und Torjägerin Pernille Harder aber anders als Deutschland einen großen Star: Kapitänin Harder, von 2017-2020 beim VfL Wolfsburg aktiv (68 Tore in 75 Einsätzen), wurde mit ihrem Wechsel zu Chelsea die derzeit teuerste Fußballspielerin und ist zweimalige Fußballerin des Jahres in Europa. Auf ihre Qualitäten als Dreh- und Angelpunkt in der dänischen Offensive und Spielerin für die wichtigen Tore wird es für die Roten bei der EM ankommen - dennoch wäre es ein Fehler, Dänemark nur auf ihre beste Spielerin zu reduzieren.
Neben Harder hat Dänemark viele weitere talentierte Spielerinnen, die zusammen ein sehr schlagkräftiges Kollektiv bilden. Für ein Land von der Größe Dänemarks ist es immer wieder erstaunlich, welche Dichte an Talent das Nationalteam hat. Das Team von Trainer Lars Sondergaard spielt einen schnellen Offensivfußball und kann sich ansehnlich durch den gegnerischen Strafraum kombinieren. Defensiv müssen sie aufpassen, dass sie nicht in Konter laufen, da die Abwehr nicht die schnellste ist, aber ansonsten stehen sie meist stabil.
Deutschland: Kader und Schlüsselspielerinnen
Individuell ist Deutschland leicht besser besetzt: Besonders die Offensive ist mit Spielerinnen wie Mittelfeldstrategin Sara Däbritz, Flügelspielerin Klara Bühl oder der quirligen Svenja Huth auf Weltklasse-Niveau. Auch im defensiven Mittelfeld ist Deutschland mit der zweikampfstarken und intelligenten Lena Oberdorf sehr gut aufgestellt. Die Verteidigung ist die Achillesferse des deutschen Teams, denn die Qualität und auch Breite sind hier nicht ganz so hoch - nur sechs Verteidigerinnen hat Voss-Tecklenburg in den 23-köpfigen Kader berufen. Hinter sich weiß die Abwehr mit Merle Frohms allerdings einen sicheren Rückhalt, die Torhüterin von Eintracht Frankfurt hat hervorragende Reflexe und kann den ein oder anderen Ball noch aus dem Winkel fischen.
Die Kadertiefe ist bei Deutschland, bis auf die Abwehr, ebenfalls sehr gut. Voss-Tecklenburg dürften so einige um den Luxus, Spielerinnen wie die Jungstars Jule Brand oder Sydney Lohmann von der Bank zu bringen, beneiden. Auch im Tor steht mit Almuth Schult ein gleichwertiger Ersatz bereit, im Sturm konkurrieren Torschützenkönigin Lea Schüller und die erfahrene Alexandra Popp um den Stammplatz.
Deutschlands mögliche Startaufstellung:
Frohms - Rauch, Hegering, Hendrich, Gwinn - Oberdorf, Däbritz, Magull - Bühl, Schüller, Huth
Dänemark: Kader und Schlüsselspielerinnen
Pernille Harder besitzt eine sehr gute Übersicht und spielt immer wieder geniale Schlüsselpässe - die Empfängerin könnte bei der EM öfters Nadia Nadim heißen. Die Stürmerin von Racing Louisville ist gerade zum richtigen Zeitpunkt von einem Kreuzbandriss zurückgekehrt und konnte bei Dänemarks Testspiel-Sieg gegen Brasilien bereits wieder überzeugen, auch wenn sie bei der EM vielleicht erstmal von der Bank kommen wird. Mit ihren 34 Jahren gehört sie wie Harder zu den Erfahreneren des Teams, wobei Dänemark eine gute Mischung aus Talenten und etablierten Spielerinnen hat.
Spielerinnen wie die 21-jährige Linksverteidigerin Sofie Svava, im Winter von Wolfsburg zu Real Madrid gewechselt, oder Offensivspielerin Mille Gejl (22), sind bereits wichtige Stützen von Dänemark und können viel Schwung in das Spiel bringen. Das größte Talent des Teams ist allerdings die offensive Mittelfeldspielerin Kathrine Kühl, die trotz ihrer nur 18 Jahre eine bemerkenswerte Technik und Übersicht hat. Wie bereits angesprochen, ist Dänemarks Defensive dagegen manchmal einen Schritt zu spät, dennoch haben sie auch hier sehr gute Spielerinnen, wie etwa Innenverteidigerin Rikke Sevecke vom FC Everton. Auf der Torhüter-Position würde Sondergaard vielleicht gerne eine der deutschen Spielerinnen ausleihen, denn Lene Christensen zeigte in der Vorbereitung zwar gute Leistungen, ist aber noch sehr unerfahren.
Dänemarks mögliche Startaufstellung:
Christensen - Veje, Ballisager, Sevecke, Thomsen - Junge Pedersen, Troelsgaard, Svava - Madsen, Harder, Bruun
So könnte das Spiel laufen
Deutschland muss sich auf einen echten Härtetest zu Beginn einstellen, denn Dänemark hat ein gutes Kombinationsspiel und kann immer wieder in den Halbräumen durchbrechen. Sie sind zudem defensiv robust und werden versuchen, den deutschen Spielfluss durch Körperlichkeit und ein hohes Pressing zu stören. Für Deutschland wird es darauf ankommen, in der Abwehr gegen die unermüdlichen dänischen Stürmerinnen nicht die Konzentration zu verlieren und selbst Lücken konsequent auszunutzen, denn viele Chancen wird Dänemark ihnen nicht gewähren.
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