Derbywoche: Ein (vorerst) letzter gemeinsamer Tanz zwischen Schalke und BVB
Von Yannik Möller
Am Samstag ist es wieder soweit: Schalke und der BVB tragen das Revierderby aus. Während das Stadion leer ist und die Ausgangslagen unterschiedlich sind, wähnt der ein oder andere Fan doch ein halbwegs ausgeglichenes Spiel. Besonders brisant: Es wird höchstwahrscheinlich das vorerst letzte Derby auf unbestimmte Zeit.
Lüdenscheid-Nord gegen Herne-West, Schwarz-Gelb gegen Blau-Weiß, Borussia Dortmund gegen Schalke 04. Es ist und bleibt ein außergewöhnliches Spiel. Eines, das immer und grundsätzlich eine besondere Emotion, eine ganz spezielle Anspannung und Nervosität hervorruft - völlig egal, ob eines der beiden Teams als vermeintlich klarer Favorit ins Rennen geht.
Trotz aller widrigen Umstände wird auch das kommende Revierderby wieder ein besonderes Duell. Dass keine Zuschauer vor Ort sein werden, trübt natürlich die Stimmung und die Atmosphäre rund ums Spiel, doch gibt es nur wenige Dinge, für die so viele BVB- und S04-Fans so viel eintauschen und geben würden, wie für den Sieg gegen den Erzrivalen von nebenan.
Unterschiedliche Ausgangslagen trotz Dortmunder Stimmungstief
Schon häufiger war es in den letzten Jahren der Fall, dass die Teams in Zeiten des Aufeinandertreffens in sportlich teils sehr unterschiedlichen Sphären lagen. Über die letzten Male war es Schalke, das oftmals entweder im grauen Mittelfeld oder sogar in der unteren Tabellenhälfte zu finden war, während die Borussia dabei war, sich die Vizemeisterschaft zu sichern. Dass dies nur bedingt aussagekräftig für diese Partie sein muss, ist einer der schönen Aspekte dieses Derbys.
Dennoch: Auch wenn es in Dortmund aufgrund des Stimmungstiefs nach nur einem Sieg in den letzten sechs Bundesligapartien nicht aufgefallen sein mag, sind die Ausgangslagen mal wieder gänzlich unterschiedlich. Bei Schwarz-Gelb bricht gefühlt eine Welt zusammen, weil man 13 (!) Spieltage vor Saisonende ganze sechs Punkte vom vierten Tabellenplatz entfernt ist, die Knappen können bei der Hoffnung auf den Klassenerhalt dagegen nur noch auf ein großes Fußballwunder hoffen.
Der BVB mag derzeit nicht allzu souverän, spritzig und ausgeklügelt aufspielen, wie man es bei der (sportlichen) Nummer zwei im deutschen Profifußball gewohnt ist, doch ist man selbstredend auf einem gänzlich anderen Niveau unterwegs, als der mehr als nur angeschlagene Reviernachbar aus Gelsenkirchen.
In den sozialen Netzwerken wird derzeit teilweise ein ausgeglichenes und offenes Derby angekündigt. Von Anhängern der Dortmunder wohl eher als eine Art Understatement, weil man sich anscheinend - für den Fall der Fälle - seelisch auf ein drohendes Unentschieden einstellen und nicht überheblich daherkommen will. Von den Anhängern der Gelsenkirchener wohl eher als Zeichen der Hoffnung, weil ein Derbysieg einerseits die ein oder andere Wunde heilen und eine Klatsche andererseits wie die letzten beiden Male (3:0 und 4:0 für den BVB) ein finaler Todesstoß für das emotionale Klammern am Verbleib in der 1. Liga sein könnte.
Natürlich kann es ein enges, ein spannendes und umkämpftes Revierderby werden. Wer hätte etwas dagegen? Dafür spricht in den Tagen vor dem Samstagabendspiel aber - mal wieder - nur äußerst wenig. Kurioserweise muss man sich das sowohl als BVB-Fan, als auch als S04-Fan im Vorlauf eingestehen - wenn auch aus völlig unterschiedlichen Perspektiven heraus.
Das Revierderby: Der vorerst letzte gemeinsame Tanz
So besonders das Revierderby an sich schon ist, am kommenden Wochenende bekommt es nochmal einen ganz speziellen und seit vielen, vielen Jahren unbekannten Rahmen. Das Wieso dessen ist leicht erklärt: Es wird auf eine unbestimmte Zeit das vorerst letzte Derby zwischen den beiden Vereinen sein. Das ist zwar noch nicht besiegelt, etwa ein Drittel der Saison steht noch aus - doch die Aussichten sind klar.
Dabei ist es schon eine halbe Ewigkeit her, dass eine Saison ohne dieses spezielle Duell auskommen musste. In der Spielzeit 1987/88 gab es zum letzten Mal ein "letztes Revierderby": Schalke stieg als Tabellenletzter ab, der BVB stand am Ende auf dem 13. Platz. Ganze drei Jahre mussten ausgehalten werden, ehe es nach dem S04-Aufstieg im Sommer 1991 wieder zum Aufeinandertreffen in der 1. Liga kam. Das damalige Hinspiel gewannen die Knappen mit 5:2, das Rückspiel ging mit 0:2 verloren.
Nun ist es nach mehreren Jahrzehnten wieder soweit: Es wird der vorerst letzte gemeinsame Tanz. Ob man sich in der Saison 2022/23 wiedersehen wird - unklar. Zu hoffen wäre es doch, sowohl aus der Sicht der beiden Vereine, als auch aus der Sicht eines neutralen Zuschauers.