Der HSV und die Suche nach dem einen Schritt mehr!
Von Guido Müller
Noch immer schüttelt man sich rund um den Hamburger Volkspark ob der völlig unnötigen 2:3-Niederlage des HSV beim 1.FC Heidenheim. Die Niederlage bei den Badenern (nach komfortabler 2:0-Führung) hat die Unzulänglichkeiten, vor allem der etablierten Kräfte, so offensichtlich aufgedeckt, dass auch die Führung des Klubs nicht mehr umhinkann, eine Krise zu konstatieren.
In den kommenden Trainingseinheiten werde man "genau hingucken, wer einen Schritt weniger macht und wer einen Schritt mehr macht - und dann die Leute auf den Platz bringen, die das umsetzen." Wer diese Aussage von Sportdirektor Michael Mutzel genau liest, dem fällt auf, dass Mutzel eigentlich gar nichts Konkretes gesagt hat. (Quelle: sportbild). Man könnte sogar ketzerisch sagen, dass - so formuliert - am nächsten Wochenende dann wieder die spielen, die einen Schritt weniger machen.
Fehlender Konkurrenzkampf führt zu Bequemlichkeit - und geradewegs in die Wohlfühloase
Ob diese Zweideutigkeit von Mutzel gewollt war oder nicht, sei mal dahingestellt. Denn das zwischen diesen Zeilen implizierte reine Leistungsdenken (welches eigentlich in jedem Klub eine Selbstverständlichkeit sein sollte) ist natürlich auch immer von dem abhängig, was ich im Kader vorfinde.
Und wenn man in den Aussagen Mutzels auch eine leise Warnung an seit längerem ihrer Form hinterherlaufende Spieler wie Jeremy Dudziak oder Sonny Kittel verorten kann - ist es gleichzeitig auch so, dass der Trainer eben nicht die unbegrenzte Auswahl an Alternativen hat. Offenbar gibt auch die in der Regionalliga Nord aktive Zweite Mannschaft momentan nicht genug her, um den Arrivierten im Kader etwas Druck zu machen.
Was letzten Endes auch für die Position des Torhüters gilt. Der aktuellen Nummer eins, Sven Ulreich, war es am Sonntag jedenfalls vorbehalten, mit einem absurden Fehler die Niederlage seines Teams zu besiegeln. Ausgerechnet Sven Ulreich, möchte man da schon fast sagen. Denn am Tage seiner Verpflichtung wurde der frühere Bayern-Keeper quasi noch als i-Tüpfelchen auf die Sommer-Transferaktivitäten bejubelt.
Als sich in den dann folgenden Spielen herausstellte, dass Ulreich speziell mit dem Ball am Fuß erheblich mehr Schwierigkeiten hat als sein Vorgänger als Nummer eins der Hanseaten, Daniel Heuer Fernandes, dürfte den Bossen die Panik in die Glieder gefahren sein. Um so mehr geben sie sich nun Mühe, bloß keine Torwart-Diskussion aufkommen zu lassen.
"Ihn jetzt zu rasieren, das ist nicht unser Ding!"
Statistische Werte, denen zufolge der 32-jährige Schlussmann nur 67 Prozent der gegnerischen Torschüsse abwehren konnte oder nur 77 Prozent seiner Zuspiele zum Mitspieler brachte, wischt man lapidar vom Tisch: "Ihn jetzt zu rasieren, das ist nicht unser Ding. Bisher hat er gute Spiele gemacht."
Wäre schön, wenn sich diese "guten Spiele" demnächst auch mal wieder in entsprechenden Punktausbeuten niederschlagen würden. Beim Krisengipfel am kommenden Samstag (13.00 Uhr) gegen Hannover 96 haben sie alle wieder die Chance dazu. Vor allem die, die einen Schritt mehr machen. Oder weniger.