Der Fall Marco Rose - Teil 2: Gewinnt Gladbach, gewinnt Rose!

Marco Rose wird bis zum Saison-Ende alles für Gladbach geben
Marco Rose wird bis zum Saison-Ende alles für Gladbach geben / MARIUS BECKER/Getty Images
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Nachdem sich die Borussia nun offiziell zur Zukunft des Cheftrainers Marco Rose äußerte, kann der in den letzten Tagen ausufernden Diskussion um die Beweggründe Roses und die sportliche Zukunft in Gladbach endlich mit der nötigen Sachlichkeit begegnet werden. Um dem komplexen Thema gerecht zu werden, muss man dabei die einzelnen Akteure ausführlich beleuchten.

Nachdem wir uns im ersten Teil Max Eberl widmeten, versuchen wir nun, die Lage von Marco Rose selbst näher zu beschreiben.

Die wochenlangen Diskussionen sind beendet, Marco Rose wird in der kommenden Saison zum BVB wechseln und seinen Trainer-Stab mitnehmen. Dabei stößt den Anhängern nicht nur übel auf, dass der Übungsleiter ausgerechnet zum in seiner Personalplanung wenig einfallsreichen Konkurrenten aus Dortmund geht, sondern im Besonderen die Art und Weise, wie Rose seine Entscheidungsfindung in den letzten Wochen kommunizierte - oder eben nicht kommunizierte.

Auf der Pressekonferenz am Mittwoch sah man nun einen vom öffentlichen Druck sichtlich gezeichneten Marco Rose, der zu allem Überfluss auch in seiner ersten Antwort die beiden Borussias durcheinanderbrachte, was wohl weiteres Öl in das durch einige Medien und die Sozialen Netzwerke gezündete Feuer goss.

Denn wenige Tage vor der offiziellen Stellungnahme der Borussia sah sich Rose einer wahren Hetzjagd ausgesetzt. Angeblich habe der 44-Jährige seinen Sportdirektor Max Eberl mit seiner Entscheidung pro Dortmund überrascht, sich den Unmut einiger Führungsspieler zugezogen, da er ihnen bewusst ins Gesicht log und außerdem plane er, gleich noch einige Gladbacher Profis mit nach Dortmund zu nehmen.

Das Wort vom "Söldner" und "Judas" machte schnell die Runde und gipfelte in einem von Anhängern noch kurz vor der Pressekonferenz am Borussia-Park installierten Banner.

"Kein Söldner steht über dem Verein - sofort raus mit dem charakterlosen Schwein!", während sich über das Metrum streiten lässt, gibt es im Bezug auf die für den amtierenden Gladbacher Cheftrainer gewählte Bezeichnung keine zwei Meinungen. Unterirdisch und des Vereins unwürdig wurde den aus Enttäuschung, Wut und Hass kumulierten Emotionen freien Lauf gelassen und dabei auf Hörensagen und Gerüchte vertraut.

Dabei vergaß man schlicht einen ganz grundlegendes Attribut des Trainers - Marco Rose ist in erster Linie ein Mensch.

Jeder kann die Enttäuschung der Fans verstehen, die einen Leiter des so wunderbar laufenden Projekts in Mönchengladbach nur sehr ungern wieder verlieren und sicherlich hat Rose gerade in seiner Außendarstellung Fehler gemacht. Doch sollte man versuchen, die aktuelle Lage differenziert und sachlich zu betrachten, anstatt zum erneuten Male dem angeblich so geliebten Verein aktiv zu schaden.

Denn was genau war eigentlich passiert?

Roses Fehler und die Zwiespältigkeit des Erfolgs

Marco Rose übernahm im Sommer 2019 das Amt des Cheftrainers bei der Borussia, nachdem er von einer Ausstiegsklausel im Vertrag mit seinem damaligen Arbeitgeber RB Salzburg Gebrauch machte. In der Folge entfachte der gebürtige Leipziger eine fantastische Aufbruchsstimmung in Gladbach, die den Verein bis in das Achtelfinale der Champions League führte.

Mit dem Erfolg weckte er natürlich auch Begehrlichkeiten und rief die traditionell eher begrenzt innovativen Dortmunder auf den Plan, die nach der Demission von Lucien Favre zwar mit Edin Terzic eine "langfristige" Lösung gefunden hatten, aber wenn einen der Rose schon so dermaßen an Jürgen Klopp erinnert und per Klausel zu haben ist, dann kann man es ja zur Abwechslung mal bei den Gladbachern versuchen. Die Anfrage stieß scheinbar bei Rose auf echte Gegenliebe und schnell befand sich der Trainer in einem Dilemma.

Auf der einen Seite erkannte er die Vorteile, in Gladbach an der Seite des loyalen Max Eberl etwas aufzubauen. Auf der anderen Seite wird Rose nicht erst vor wenigen Wochen einen Faible für die mit größerer Strahlkraft und noch größeren finanziellen Möglichkeiten ausgestatteten Dortmunder entwickelt haben.

"Es ist die Aufgabe, die mich reizt. Auch wegen des öffentlichen Drucks musste eine Entscheidung fallen. Diese wurde auch aus dem Gefühl heraus getroffen, dennoch stehe ich zu meinen vergangenen Aussagen", denn Rose hatte immer wieder betont, wie glücklich er in Gladbach ist und wie sehr er sich darauf freut, bei den Fohlen etwas aufzubauen - doch scheinbar nicht über den Ablauf seiner vereinbarten Klausel hinaus.

Zudem verspielte er sich bei den Gladbacher Anhängern einigen Kredit, als er sich wochenlang um eine klare Aussage zu den Gerüchten um seine Zukunft herum winden wollte. In der Außendarstellung hat Rose erwiesenermaßen noch erheblichen Nachholbedarf und darf deshalb zurecht kritisiert werden. Das verlorene Derby war der letzte Auslöser, der die Blase nun platzen ließ.

Rose brachte der Borussia Erfolg
Rose brachte der Borussia Erfolg / SERGEI SUPINSKY/Getty Images

Doch sollte man auch mit einbeziehen, dass Rose niemals davon sprach, sich für die nächsten zehn Jahre der Borussia zu widmen oder kategorisch ablehnte, einen anderen Verein interessant zu finden. Vielmehr diente er für eine begrenzte Zeit einem Projekt, das sich im Zirkus der ganz Großen auch erst einmal zurechtfinden muss.

Max Eberl traf die Entscheidung, Dieter Hecking durch Marco Rose zu ersetzen, aus freiem Willen und unter Berücksichtigung der möglichen Folgen einer Klausel, ohne welche er den umworbenen Rose damals nicht bekommen hätte. Denn je erfolgreicher die Borussia ist, umso mehr wird es um rein wirtschaftliche Entscheidungen und den Umgang mit Allüren und Eigenheiten von Stars gehen.

Die Entscheidung, Rose nun bis zum Ende der Saison das Vertrauen zu schenken, ist aus Vereinssicht die richtige. Denn zwar kann man Rose eine übermäßige Fixierung auf seine eigene Karriere vorwerfen oder vermuten, dass sich der baldige BVB-Trainer nun in einem Interessenskonflikt befindet - doch nicht beides zur gleichen Zeit.

Rose wird sich bis zum Schluss auf Gladbach fokussieren - und sich an seinem Versprechen messen lassen müssen

Die Aufstellung gegen Köln wurde Rose als "bewusst vereinsschädigend" ausgelegt, denn immerhin wolle er ja "den BVB vor Gladbach sehen" und "sich bei seinem neuem Arbeitgeber beliebt machen" - im Pokalspiel gegen Dortmund werde "ja sowieso wieder eine B-Elf aufgestellt". Aussagen und sogenannte Meinungen wie diese können nicht gelten, wenn man zeitgleich über den "Söldner" Rose fabuliert.

Denn nicht nur profitiert auch Rose selbst immens von einem erfolgreichen Abschluss seiner Zeit bei der Borussia - wirtschaftlich, wie auch seinen Ruf betreffend. Vielmehr hat er erheblich weniger Druck, sollte der BVB im nächsten Jahr nicht in der Champions League spielen oder Edin Terzic nicht als amtierender Pokalsieger seinen Stuhl räumen müssen. Rose ist ein Vollprofi, der bis zum Saison-Ende jedes Spiel mit Gladbach gewinnen will - allein schon aus Eigennutz.

Marcus Thuram wird nicht nach Dortmund wechseln - laut Marco Rose
Marcus Thuram wird nicht nach Dortmund wechseln - laut Marco Rose / MARIUS BECKER/Getty Images

Ob man Roses Aussagen auf der Presskonferenz Vertrauen schenken kann, wird man spätestens im Sommer sehen. Denn obwohl es schwierig ist, Roses Bekenntnissen zum "tollen Verein" aus Gladbach ernst zu nehmen, machte er mit einer nicht falsch zu verstehenden Ankündigung die Anhänger hellhörig.

"Wenn Marco Rose sagt, er nimmt keinen Spieler mit zu Borussia Dortmund, dann nimmt er keinen Spieler mit. Fertig, aus", sagte Rose auf der Pressekonferenz. Demnach haben sich die Gerüchte um Florian Neuhaus oder Marcus Thuram, denen ein BVB-Interesse nahegelegt wurde, wohl erledigt. Rose wird sich speziell an dieser Aussage messen lassen müssen, erst dann wird klar werden, wie man seine Zeit in Gladbach im Hinblick auf sein tatsächlich investiertes Herzblut abschließend einordnen kann.