Demiral-Eklat sorgt für politischen Zündstoff: Türkei bestellt deutschen Botschafter ein

Der Wolfsgruß-Torjubel von Merih Demiral im Spiel gegen Österreich zieht immer weitere Kreise. Erst leitete die UEFA Ermittlungen gegen den Abwehrspieler ein, nun sorgt der Vorfall auch für politische Spannungen.
Mirah Demiral zeigte nach seinem Tor zum 2:0 gegen Österreich den umstrittenen Wolfsgruß.
Mirah Demiral zeigte nach seinem Tor zum 2:0 gegen Österreich den umstrittenen Wolfsgruß. / Anadolu/GettyImages
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Auch zwei Tage nach dem Achtelfinalsieg der Türkei gegen Österreich am Dienstagabend (Endstand: 2:1) wird das Spiel heiß diskutiert. Dabei steht leider immer weniger die tolle Leistung und der große Erfolg der türkischen Mannschaft im Vordergrund. Vielmehr sorgt eine Szene für immer größere Aufregung, die nun auch politische Kreise zieht.

Doppeltorschütze Mirah Demiral hatte nach seinem Treffer zum 2:0 den sogenannten Wolfsgruß gezeigt, der in der Türkei von den rechtsextremen Grauen Wölfen, den Anhängern der Ülkücü-Bewegung, verwendet wird und unter anderem beim türkischen Achtelfinalgegner Österreich verboten ist. In Deutschland darf das Symbol zwar gezeigt werden, die Organisation steht aber unter Beobachtung des Verfassungsschutzes. Bei dem Gruß werden Zeige- und kleiner Finger nach oben gestreckt und der Mittel- und Ringfinger auf den Daumen gelegt, so dass von der Seite ein Symbol entsteht, das mit etwas Phantasie wie ein Wolfskopf aussieht.

Wie einige Berichte großer Sportmedien bereits unmittelbar nach dem Spiel vermuteten, könnte der Torjubel für Demiral ein Nachspiel haben. Denn die UEFA hat inzwischen ein Verfahren eingeleitet und ermittelt gegen den Innenverteidiger, wie der Verband am Mittwoch bestätigte. Demiral drohen Sanktionen, auch eine Sperre für das Viertelfinale gegen die Niederlande am Samstagabend (06.07., 21 Uhr) ist möglich.

Türkei bestellt deutschen Botschafter ein

Am Morgen nach dem Spiel hatte es auch erste Reaktionen aus der Politik auf das gezeigte Symbol gegeben. Nancy Faeser hatte auf X (ehemals Twitter) klar Stellung bezogen. Die deutsche Innenministerin betonte: "Die Symbole türkischer Rechtsextremisten haben in unseren Stadien nichts zu suchen" und verwies in einem zweiten Post auf die Einstufungen des Verfassungsschutzes.

Auch die Reaktionen aus der Türkei ließen nicht lange auf sich warten. Das türkische Außenministerium kritisierte Faesers Äußerungen am Mittwoch scharf und bezeichnete die Reaktionen als "politisch motiviert". Das "historische und kulturelle Symbol" sei auf eine Weise verwendet worden, die "niemanden während der Zeremonie bei einer Sportveranstaltung anspricht". Zudem wurde den deutschen Behörden in der Erklärung Fremdenfeindlichkeit vorgeworfen. Auch der türkische Justizminister Yilmaz Tunc antwortete auf Faesers Aussagen und forderte die deutsche Innenministerin auf, sich auf "Rassismus, Diskriminierung und Islamophobie" in Deutschland zu konzentrieren, die sich, seiner Meinung nach, "wie giftiger Efeu" ausbreite. Die Entscheidung der UEFA, gegen Demiral zu ermitteln, bezeichnete Tunc zudem als "böswillige Entscheidung" gegen die Türkei.

Der Sprecher von Erdogans Partei AKP verwies ebenfalls auf rechtsextreme Strömungen und Wahlergebnisse in Europa und spielte damit mutmaßlich auch auf die Ergebnisse der Europawahl Anfang Juni an, bei der zahlreiche rechtspopulistische, teils rechtsextreme Parteien in Europa große Gewinne verbuchen konnten, darunter auch die deutsche AfD.

Wie das Auswärtige Amt gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa) bestätigte, wurde als Reaktion auf die "politisch motivierten" Äußerungen Faesers auch der deutsche Botschafter in der Türkei in Ankara einbestellt.

Die türkische Nationalmannschaft äußerte sich unterdessen nicht weiter und verwies auf die laufenden Ermittlungen. Ein eigentlich als teils öffentlich geplantes Training fand laut Sport1 am Mittwoch unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.


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