"Das stimmte einfach nicht" - Nagelsmann kontert Vorwürfe nach Bayern-Aus

Julian Nagelsmann soll das DFB-Team bei der Heim-EM zum Erfolg führen. Eine Verantwortung, die er nicht tragen würde, wäre er vor knapp einem Jahr nicht beim FC Bayern entlassen worden. In einem Interview hat der Coach spannende Details verraten.
Julian Nagelsmann äußert sich zu seinem Bayern-Aus
Julian Nagelsmann äußert sich zu seinem Bayern-Aus / Stefan Matzke - sampics/GettyImages
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Angesichts des Scheiterns von Thomas Tuchel stellt sich umso mehr die Frage, ob der FC Bayern mit der Entlassung von Julian Nagelsmann im Vorjahr nicht einen Fehler gemacht hat. Jedenfalls waren die Auftritte unter dem heutigen Bundestrainer meist noch ansehlicher als sie nach seiner Amtszeit waren.

Im großen Spiegel-Interview hat sich Nagelsmann zu seinem Aus beim FC Bayern geäußert.

Die Hauptgründe für die Entlassung sind für ihn schnell ausgemacht. "Wir haben damals neun Punkte Vorsprung auf Borussia Dortmund verspielt. Mit Thomas Tuchel war ein anderer Trainer sofort verfügbar. Und so kommt das dann", erklärte er.

Nagelsmann zählt Unterschiede zu anderen Top-Klubs auf

Der Ex-Bayern-Coach hätte sich allerdings gewünscht, mehr Zeit für das Projekt zu bekommen. Schließlich habe der FC Bayern auch gewollt, dass er Dinge verändere. Letztlich musste er aber feststellen, dass sich der FC Bayern von anderen internationalen Top-Klubs unterscheidet.

"Es gibt Klubs, die geben einem die Zeit. Jürgen Klopp war fünf Jahre beim FC Liverpool, bis er dort erstmals Meister wurde. Pep Guardiola holte erst nach sieben Jahren den Champions-League-Titel mit Manchester City. Die Trainer bei Bayern München bekommen nicht so viel Zeit, um etwas zu entwickeln", erläuterte er.

Skiurlaub-Disput geht in die nächste Runde: Nagelsmann wehrt sich

Für reichlich Aufsorgung sorgte im Rahmen seiner Entlassung, dass er zu diesem Zeitpunkt gerade in den Skiurlaub verreist war. Uli Hoeneß kritisierte Nagelsmann später dafür im Gespräch mit dem kicker scharf. "Er hätte nach der Niederlage in Leverkusen nicht in den Skiurlaub fahren dürfen. Wäre er in München geblieben, hätte man sich am Montag oder Dienstag zusammengesetzt und gesprochen", erklärte der Ehrenpräsident.

Einen Monat nach der Entlassung lieferten sich dann auch noch Berater Volker Struth und Bayerns damaliger Sportvorstand Hasan Salihamidzic eine Auseinandersetzung. So bezeichnete Struth den Urlaub gegenüber der BILD als "abgesprochen“ und führte aus: "Julian hatte während der Länderspielpause kaum Leute da und ich glaube es war so, dass man zwischen Julian und Hasan ein Gespräch geführt hat und dann kam ganz klar: 'Ja gut, dann hau' die anderthalb Tage ab'."

Dem stimmte Salihamidzic aber nicht zu."Nein, das ist nicht richtig. Ich habe Julian ab Montag in besagter Woche nicht mehr gesehen, er kam Freitagnachmittag an die Säbener Straße zurück."

Nagelsmann möchte das allerdings so nicht stehen lassen. "Mir wurde damals vorgeworfen, ich sei nach einer Niederlage gegen Bayer Leverkusen nicht erreichbar gewesen. Das stimmte einfach nicht. Ich war von Montag bis Mittwoch ganz normal im Büro am Trainingsgelände an der Säbener Straße. Als Einziger übrigens, sonst war keiner der Verantwortlichen da. Ich bin dann Mittwochmittag bis Freitagmorgen in den Kurzurlaub gefahren. Das war auch so genehmigt", rechtfertigte er sich.

Nagelsmann zieht Lehren aus Bayern-Zeit

Rückblickend befindet Nagelsmann, dass der Bayern-Job zwar nicht zu früh kam, er aber schon etwas gelernt habe. "Man darf als Trainer nicht zu sehr auffallen. Andererseits will ich mich nicht komplett für einen Job verstellen. Ich habe nun mal andere Charakterzüge als zum Beispiel Jupp Heynckes", führte er aus und nannte den Altersunterschied als Grund dafür.

"Ich mache manche Dinge eben anders, schon weil ich jünger bin. Ich stehe bei Spielen des FC Bayern nicht im beigen Trenchcoat an der Linie, nur weil das einige meiner Vorgänger gemacht haben. Die Verantwortlichen in München wussten vorher, dass ich auch mal eine rote Jacke anhaben würde. Und es hat sie nicht gestört. Aber im Misserfolg werden solche Nebensächlichkeiten einem gern aufs Brot geschmiert", verdeutlichte er.

Nagelsmann würde sich insbesondere mehr "Offenheit im Geschäft" wünschen. "Das, was nach einer Trennung nach außen kommuniziert wird, hat mit der Realität wenig zu tun. Aber so wurde es im Fußball immer gemacht, und es wird auch in den nächsten 30 Jahren so sein", hat er dabei keine Hoffnung auf Besserung.


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