Das große Formbarometer: Die Werder-Profis im Einzelcheck
Von Marc Knieper
Werder Bremen befindet sich auf einem guten Weg mit defensivem "Anti-Fußball" die Klasse zu halten - dreckig, aber effektiv. Die Länderspielpause bietet Zeit, um einen Blick auf die einzelnen Leistungen der grün-weißen Profis zu werfen. 90min präsentiert das große Formbarometer der Norddeutschen - samt Schulnoten.
Torhüter
Jiri Pavlenka: Auch in seiner vierten Bundesliga-Saison kratzt Bremens "Krake" so einiges von der Linie. Bereits in der Vergangenheit musste man sich einige Male beim tschechischen Schlussmann für die eingefahrenen Punkte bedanken. Das hat sich nicht geändert. Pavlas bleibt eine feste Größe in Werders Defensive. Ein spekulierter Abgang im Sommer wäre schmerzhaft, aber kompensierbar.
Vor allem spielerisch hapert es bei Pavlenka weiterhin. Die vielen Abstöße ins Seitenaus sind allen Fans ein Dorn im Auge. Zuletzt sicherte der 28-Jährige seinen Bremern in den Spielen gegen Frankfurt (2:1) und Bielefeld (2:0) mit starken Rettungstaten gegen Kostic, Silva sowie Klos die wichtigen drei Punkte. Gegen Wolfsburg und Bayern war er wie erwartet machtlos, verhinderte aber deutlich schlimmere Spielausgänge. Beim 1:1 in Köln stand Pavlenka kurz vor Schluss unmittelbar im Fokus, als er den Ball im Luftduell nicht etwa behaupten konnte, sondern losließ und so zumindest eine Teilschuld am späten Ausgleich hatte. Wenngleich man die Aktion auch als Foul gegen ihn hätte werten können.
Die Formkurve beweist somit seine allgemeinen Stärken und Schwächen. Stark auf der Linie, mäßig am Ball und in der Luft teilweise ohne nötige Durchschlagskraft. Formbarometer-Note: 2
Verteidigung
Marco Friedl: Der Österreicher befindet sich weiterhin inmitten eines großen Karriereschritts. Kapitän Moisander hat er längst verdrängt, neben Routinier Toprak bildet er eine solide Größe in Werders Abwehrzentrale. Die jüngsten Gerüchte bezüglich einer Bayern-Rückkehr kommen eben nicht von irgendwoher. Ausgerechnet das Spiel gegen seinen Ex-Klub verpasste der 23-Jährige wegen einer Gelbsperre. Gegen Wolfsburg kehrte er zurück in die erste Elf und wirkte (wie häufig) trotz enormer Motivation samt Kampfgeist hier und da etwas hektisch. Formbarometer-Note: 2
Ömer Toprak: Der routinierte Innenverteidiger ist wohl der beste Werder-Spieler der letzten Wochen. Toprak hält den Schuppen einfach zusammen. Er ist äußerst ruhig am Ball, immer anspielbar und leitet das Spiel mit kreativen Pässen sowie starken längen Bällen super ein. Viel zu meckern gibt es da wirklich nicht. Am Osterdeich kann man froh sein, dass Topraks Knochen in dieser Spielzeit endlich so mitmachen, wie sie mitmachen sollen. Formbarometer-Note: 1
Milos Veljkovic: 16 Mal stand er in dieser Saison in der ersten Elf. Verloren hat er dabei nur drei Spiele. Veljkovic scheint eine Art Sieggarant zu sein, zumindest fast. Tatsächlich fliegt der Serbe häufig unter dem Radar. Er ist unauffällig, macht aber eben auch keine großen Fehler. Formbarometer-Note: 3
Ludwig Augustinsson: War nach Rückenproblemen in den letzten vier Spielen wieder mit von der Partie. Sein Vorwärtsgang bleibt solide, mündete zuletzt aber nur selten in Erfolg. Der letzte Assist des Schweden datiert vom 9. Januar dieses Jahres. Hinten spielt Ludde häufig gefährliche Bälle, wirkt ein wenig unkonzentriert und versetzte Pavlenka im Wolfsburg-Spiel mit einem wilden Rückpass unnötig in Gefahr. Der Druck von Youngster Felix Agu scheint den Linksverteidiger zu verunsichern. Formbarometer-Note: 4
Theodor Gebre Selassie: Werders Vizekapitän verpasste durch seine Auswechslung gegen die Bayern in Minute 64 seine ersten Ligaminuten in der laufenden Spielzeit. Dabei ist der Tscheche, den es nach Ablauf der Saison wohl in die Heimat zieht, weiterhin ein wichtiger Dauerbrenner auf der rechten Seite, der sowohl offensiv als auch defensiv wichtige Akzente setzt und dabei immer auch für ein Tor gut ist.
Gegen Bayern und Wolfsburg hatte Theo erwartungsgemäß nur das Nachsehen. Mit einem schlampigen Pass brachte er Mitspieler Möhwald in Bedrängnis und hatte so einen maßgeblichen Anteil am 0:2. Das 1:2 aus Bremer Sicht war dann wiederum ein starker Pass auf Möh, der zum letztlichen Endstand traf. Formbarometer-Note: 3,5
Mittelfeld
Kevin Möhwald: Während Toprak in der Defensive besticht, ist es Kevin Möhwald, der frischen Wind in die Zentrale bringt. Gemeinsam mit Sargent und Füllkrug ist der 27-Jährige aktuell sogar Top-Torschütze des SVW. Möhwald traf zuletzt gegen Bielefeld sowie Wolfsburg und ist sich dabei nicht zu schade, mit seiner rechten Klebe auch einmal aus der Distanz abzuziehen. Formbarometer-Note: 2
Maximilian Eggestein: Genau wie Theo verpasste auch Maxi seine ersten Ligaminuten nach seiner Auswechslung gegen die Bayern. Eine reine Schonmaßnahme von Trainer Kohfeldt, um seinen Leistungsträgern auch einmal eine Verschnaufpause zu gönnen. Ansonsten ackerte und lief Eggestein zuletzt wie gewohnt viel für seine Mannschaft und versuchte mit Verlagerungen Räume zu eröffnen. In dieser Saison gelingt dem Dauerbrenner schon deutlich mehr als im vergangenen Jahr, auf seinem einstigen Top-Niveau ist er aber noch lange nicht. Formbarometer-Note: 3
Leonardo Bittencourt: Der Deutsch-Brasilianer bringt immer ein wenig Spielwitz und Gift in die Partie, wenngleich er nur wenig adäquat umsetzen kann. Auf der Doppel-Sechs neben Eggestein bleibt er häufig ohne große Impulse und ist nicht der Balleroberer, den Werder eigentlich braucht. Formbarometer-Note: 4,5
Romano Schmid: Die derzeit bessere Alternative zu Bittencourt (sofern offensiv ausgerichtet) bildet Werder-Ösi Romano Schmid. Trotz körperlich überlegener Gegner schafft es der quirlige Wirbelwind immer wieder sich dank seiner Technik durchzusetzen. Dabei erinnert Schmid ein wenig an Marko Marin, lässt sich aber deutlich weniger fallen als der einstige "Deutsche Messi". Gegen Bielefeld war er mit einem gedankenschnellen Pass maßgeblich am Führungstreffer beteiligt.
Bei der österreichischen U21-Nationalmannschaft steuerte Schmid kürzlich beim 10:0-Testspielsieg über Saudi Arabien vier Assists bei und war an zwei weiteren Toren direkt beteiligt. Schon jetzt wimmelt ein gehöriges Potenzial in dem 21-Jährigen, welches sich dank eingeläuteter Verjüngungskur am Osterdeich künftig weiter entfalten dürfte. Formbarometer-Note: 2
Angriff
Milot Rashica: Werders Kosovo-Rakete kommt nach geplatztem Wechsel im Sommer samt einiger Verletzungsprobleme im Knie und Oberschenkel endlich wieder etwas in Fahrt. Vier Assists stehen Rashica in der laufenden Rückrunde zu Buche, auf seinen ersten Treffer wartet er weiterhin. Sein Marktwert fiel von 35 Millionen Euro im Dezember 2019 auf aktuell zwölf Millionen Euro. Der Knoten scheint noch immer nicht geplatzt. Ob Werder den Shootingstar im Sommer für ein adäquates Sümmchen verkaufen kann, bleibt fraglich. Formbarometer-Note: 4
Josh Sargent: Werders US-Jungspund traf zuletzt gegen Frankfurt, Köln und Bielefeld drei Mal in Folge. Sein Ziel ist es weiterhin, am Ende der Saison die vereinsinterne Torjägerliste anzuführen. Aktuell teilt er sich Platz eins gemeinsam mit Füllkrug und Möhwald (jeweils fünf Treffer). Gegen Wolfsburg köpfte er zum 0:1 ins eigene Tor.
Sargent, der weiterhin eine Stammplatzgarantie von Kohfeldt hat, ackert wie gewohnt viel, trifft aber noch zu selten das Tor. Welpenschutz besitzt der 21-Jährige trotz seines jungen Alters in seiner dritten Bundesliga-Saison nicht mehr. Formbarometer-Note: 3
Niclas Füllkrug: Füllkrugs Formbarometer zeigte zu Beginn der Saison absolut in die Höhe. Gleich am zweiten Spieltag schnürte der 28-jährige Angreifer einen Dreierpack gegen Schalke. Danach folgten eine langwierige Wadenverletzung sowie Sprunggelenkprobleme. Mittlerweile ist Werders Torgarant seit sechs Spielen wieder mit von der Partie, bleibt bis dato aber ziemlich wirkungslos. Gegen Bayern war ihm per Abstauber nach Rashica-Schuss immerhin der Ehrentreffer zum 1:3 gelungen. Formbarometer-Note: 4