Das Formbarometer der Bayern-Stars: Hier ist noch Luft nach oben

Bei Borussia Mönchengladbach verlor der FC Bayern das zweite Spiel in dieser Saison
Bei Borussia Mönchengladbach verlor der FC Bayern das zweite Spiel in dieser Saison / Lars Baron/Getty Images
facebooktwitterreddit

Die hohe Belastung hat große Auswirkungen auf die Spieler des FC Bayern. Der stetige Drei-Tage-Rhythmus verlangt dem Rekordmeister viel ab, daraus resultieren gruppentaktische und individuelle Fehler. Das Formbarometer hebt insbesondere die Probleme in der Abwehr hervor, die restlichen Mannschaftsteile bleiben aber auf einem ähnlichen Level.

Der FC Bayern ist Tabellenführer in der Bundesliga, zog als Gruppensieger ins Achtelfinale der Champions League ein und spielt am kommenden Mittwoch bei Holstein Kiel um den Einzug ins DFB-Pokal-Achtelfinale.

"Ich bin mir sicher, dass wir am Ende auch ganz oben stehen werden."

David Alaba, via Bild

Rein von den Ergebnissen sind Hansi Flick und die Seinen im Soll, doch die dargebotenen Leistungen sind nicht mehr so dominant wie noch in der vergangenen Saison. Die Gegner wissen die angebotenen Räume, die mit dem hohen Positionsspiel einhergehen, immer geschickter auszunutzen, erspielen sich mit Tempo und Tiefenläufen zahlreiche Torchancen. Finden die Bayern im Laufe des Spiels in den Vorwärtsgang, entwickeln sich schließlich rasante Spiele mit vielen Abschlüssen auf beiden Seiten, in denen es nicht selten die Münchner sind, die nach 90 Minuten mit dem besseren Ergebnis vom Platz gehen.

Das Bundesliga-Torverhältnis von 46:24 spricht eine eindeutige Sprache: Vorne liefern die Bayern, hinten wackeln sie. Aufgrund der starken Offensive relativiert Abwehrchef David Alaba die Defizite: "Wir sind nach wie vor Tabellenführer und ich bin mir sicher, dass wir die nächsten Spiele wieder gewinnen werden und am Ende auch ganz oben stehen werden", sagte er gegenüber BILD. "Mit unserer Spielweise haben wir letzte Saison doch ein paar Titel gewonnen und wissen, dass wir so erfolgreich Fußball spielen können."

Allerdings steht die Spielweise der Münchner in der Kritik, wenngleich Flick taktische Trainingseinheiten fehlen, um weitreichende Veränderungen vorzunehmen. Der 55-jährige Trainer klagte in der Vergangenheit selbst einige Male darüber, dass seine Mannschaft phasenweise zu riskant spiele und längere Ballbesitzphasen einstreuen müsse - solange derartige Anpassungen nicht einstudiert werden können, fällt die Umsetzung aber schwer.

Gepaart mit der schwachen Form einzelner Spieler ergibt sich ein Bild, in dem die Bayern zwar weiter an der Spitze stehen, im Gegensatz zur Vorsaison aber greifbar für die Konkurrenz sind. Und sollte das Formbarometer nicht Besserung versprechen, könnten die Münchner in der Bundesliga erstmals seit 2013 wieder vom Thron gestürzt werden.


1. Tor

Hat Schlimmeres verhindert: Manuel Neuer (r.)
Hat Schlimmeres verhindert: Manuel Neuer (r.) / Pool/Getty Images

Manuel Neuer bekommt in dieser Saison ungewöhnlich viel zu tun. Allein in der Bundesliga feuerten die Gegner 64 Schüsse auf das Tor des Welttorhüters ab (via fbref.com), von denen er immerhin 40 parieren konnte - mit 24 Gegentoren stellen die Bayern aber die schwächste Defensive aus den Top-Sechs. Zum Vergleich: RB Leipzig hat 12 Gegentore kassiert, Bayer Leverkusen 15, Borussia Dortmund 19, Union Berlin 20 und der VfL Wolfsburg 17.

Neuer kann nicht jeden Torschuss des Gegners abwehren, an ihm ist die Krise daher keineswegs auszumachen. Im Gegenteil: Im Herbst 2020 hat er die Mannschaft einige Male vor Punktverlusten bewahrt. Zwischen den Pfosten zeigt das Formbarometer weiterhin nach oben.


2. Abwehr

David Alaba bleibt trotz der vielen Gegentore selbstbewusst - spielt persönlich aber keine gute Saison
David Alaba bleibt trotz der vielen Gegentore selbstbewusst - spielt persönlich aber keine gute Saison / Lars Baron/Getty Images

Die Abwehr bleibt die wohl größte Problemzone des deutschen Rekordmeisters - insbesondere aufgrund der schwachen Form einzelner Spieler und fehlenden Abläufen, da Flick häufig Änderungen an der Viererkette vornimmt.

Benjamin Pavard ist auf der rechten Abwehrseite der größte Schwachpunkt. Der Franzose setzt kaum offensive Akzente, fällt durch fehlende Passpräzision unter Gegnerdruck auf. In der Innenverteidigung weisen David Alaba und Jerome Boateng derweil Zweikampfwerte von lediglich knapp über 50 Prozent auf.

Es sind entscheidende Nuancen, die häufig zu gefährlichen Chancen oder Gegentoren führen: Mal funktioniert das Stellen der Abseitslinie nicht, mal wird ein entscheidender Zweikampf verloren, mal wollen die Spieler den Ball flach herausspielen, statt ihn einfach mal lang zu schlagen.

Solange diese Fehler nicht abgestellt werden und das Zusammenspiel zwischen Abwehr und Mittelfeld (Stichwort: Abstände zwischen den Linien) nicht besser wird, wird auch die Gegentor-Flut nicht stoppen. Das Formbarometer zeigt klar nach unten.


3. Mittelfeld

Der Unterschiedsspieler im Mittelfeld: Joshua Kimmich
Der Unterschiedsspieler im Mittelfeld: Joshua Kimmich / Pool/Getty Images

Die Probleme im Mittelfeld sind seit der Rückkehr von Joshua Kimmich kleiner geworden, gänzlich sind sie aber nicht verschwunden. Da Leon Goretzka nicht mehr so weit nach vorne schiebt wie in der vergangenen Saison, fehlt es an Dynamik und körperlicher Präsenz, die insbesondere im Gegenpressing von hoher Bedeutung ist.

Außerdem gelingt es Kimmich derzeit noch nicht, das Spiel an sich zu reißen. Und wenn er wie in Mönchengladbach aus dem Spiel genommen wird, fehlt den Münchnern jegliche Kreativiät. Das Resultat: Über die Außenbahnspieler soll Torgefahr erzeugt werden, diese wissen sich zumeist aber nur mit Flanken zu behelfen.

Allerdings fehlen Flick Alternativen auf der Bank: Corentin Tolisso ist eher ein Spielertyp wie Goretzka, Javi Martinez ein klassischer Abräumer und Jamal Musiala eher ein Zehner. Marc Roca fiel zuletzt aus, genießt aber ohnehin nicht das Vertrauen des Cheftrainers; und wie weit Tiago Dantas schon ist, wird sich noch zeigen.

Alles in allem zeigt das Formbarometer leicht nach oben, aber es geht noch besser.


4. Sturm

Das Aushängeschild des FC Bayern: Robert Lewandowski
Das Aushängeschild des FC Bayern: Robert Lewandowski / Lars Baron/Getty Images

Der Angriff bleibt das Prunkstück der Bayern. Robert Lewandowski trifft weiter wie am Fließband, in allen Wettbewerben war der Weltfußballer des Jahres bis dato 23 Mal zur Stelle. Auch Thomas Müller ist ein gefährlicher Aktivposten im Zentrum, zudem überragt Kingsley Coman auf der Außenbahn und auch Leroy Sané konnte in den beiden letzten Bundesligaspielen positive Akzente setzen.

Während Jamal Musiala als Alternative auf den Flügeln oder im offensiven Mittelfeld überzeugen konnte, hinken Douglas Costa und Serge Gnabry ein wenig hinterher. Nichtsdestotrotz bleiben die Bayern torgefährlich: Insgesamt haben sie in 24 Saisonspielen schon 72 Treffer erzielt, im Schnitt also drei Tore pro Spiel.

Eine hohe Effizienz im Abschluss ist ob der vielen Gegentore nötig - doch es gab bereits einige Partien, in denen dem Triple-Sieger der Zahn gezogen wurde. Kommen die Offensivspieler nicht in die Tiefe, werden die Angriffe berechenbar und harmlos. Nichtsdestotrotz zeigt das Formbarometer klar nach oben.